Schwarze Schilde
Übergabe bewerkstelligen.«
Auf den Wehrgängen flatterten Fahnen, und laute Trompetenklänge erschollen. Die Wachen hatten sie erspäht. Hael befahl, Schritt zu reiten und ließ die Armee in geordneten Reihen antreten. Die Standartenträger begaben sich nach vorn, um dicht hinter Hael und den hohen Offizieren herzureiten. Die Männer richteten sich auf, klopften sich den Reisestaub von den Kleidern, legten den Schmuck an, der sorgfältig in den Satteltaschen verstaut gewesen war und setzten ernste Mienen auf. Sie wollten ihrem König keine Schande machen und sich ihr Staunen nicht vor den Städtern anmerken lassen.
Als sie sich nur noch wenige hundert Schritt von den Toren entfernt befanden, ritt ihnen eine Gruppe farbenprächtig gekleideter Edelleute auf prachtvollen Cabos zur Begrüßung entgegen. Manche trugen Galauniformen, andere Rüstungen oder höfische Gewänder. Alle strahlten vor Freude. Ein Herold trat vor und verkündete die formelle Begrüßung, während die Nevaner applaudierten. Hael konnte den König nicht entdecken.
Endlich bat der Herold den ruhmreichen König Hael und seine ebenfalls ruhmreichen Krieger, die Hauptstadt von Neva zu betreten, um den Jubel der Bürger entgegenzunehmen. Als der Zug das Tor passierte, drängten sich unzählige Menschen auf den Wehrgängen, die ihnen lauthals zujubelten. Im Inneren der Stadt schoben sie sich durch schmale Straßen, die von Männern und Frauen gesäumt wurden, die bunte Flaggen schwenkten. Von den Dächern und Balkonen regnete es Blütenblätter. Hausbesitzer und Gastwirte hielten den Reitern Becher mit starken Getränken entgegen. Da Hael kein entsprechendes Verbot erlassen hatte, nahmen die Reiter sie freudig an.
»Diese Menschen sind froh, uns zu sehen«, rief Jochim, um den Lärm zu übertönen.
»Sie sind mehr als froh«, entgegnete Hael. Diese Leute leben in Angst, dachte er. Sie heißen uns nicht als Verbündete, sondern als Retter willkommen.
Sie ritten über Markplätze, breite Prachtstraßen und an riesigen Tempeln vorüber, von denen große Rauchwolken aufstiegen, da man den Göttern Dankopfer darbrachte. Vor dem Königspalast hielten sie an, wo sich ein von Menschenhand errichteter Hügel vor dem Hauptgebäude erstreckte. Eine breite Treppe führte empor, und der prunkvoll gekleidete König stand wartend dort oben. Hael saß ab, während sich seine Armee auf dem großen Platz versammelte.
»Wartet hier auf mich«, befahl er seinen Offizieren, die noch auf den Cabos saßen. Ein junger Mann, der die auffällige Uniform der königlichen Leibgarde trug, kam die Treppe hinab. Als er sich näherte, starrte er Hael entgeistert an und blieb plötzlich stehen. Er versuchte, seine Verblüffung zu überspielen und verneigte sich tief.
»Ich grüße Euch … äh … König Hael. Mein Gebieter wünscht, dass ich Euch zu ihm führe.« Hael machte sich an den Aufstieg, und der Offizier blieb an seiner Seite. »Ich muss Euch um Vergebung bitten, König Hael. Ich habe mich entsetzlich unhöflich benommen. Es war nur … Euer Aussehen …«
»Ich sehe aus wie die Shasinn, gegen die Ihr gekämpft habt, nicht wahr?«
»Ja. Sie sind unverkennbar. Dann noch der Speer, und Ihr habt das gleiche Haar und die gleichen Augen. Alle, die das Glück hatten, die beiden letzten Kämpfe zu überleben, haben Alpträume wegen der Speere.«
Hael lächelte. Der Mann war besser als ein nichts sagender Höfling. »Ja, ich war ein Shasinn. Hat Prinzessin Shazad Euch davon erzählt?«
»Ja. Der König auch. Dennoch war ich überrascht. Ich bin Kapitän Harakh. Früher gehörte ich der Marine an, jetzt der königlichen Leibgarde.«
»Seid Ihr mit der Flotte gesegelt?«
»Ja.«
»Die Schlacht endete in einer Katastrophe?«
»Genau.« Der Kapitän sprach sehr schnell. »Wir müssen uns später noch einmal unter vier Augen unterhalten.« Sie standen vor dem König. Das Aussehen des Herrschers entsetzte Hael. Als er ihn zuletzt gesehen hatte, war Pashir ein kraftvoller, mächtiger Mann mittleren Alters gewesen. Hier stand ein alter Mensch, der vergeblich versuchte, die Anzeichen des Alters zu verbergen. Schminke und Haarfarbe vermochten jedoch nicht alles zu übertünchen. Er umarmte Hael, und die Menge auf dem Platz brüllte vor Begeisterung.
»Du bist mir mehr als willkommen, Hael«, sagte Pashir. »Tritt ein. Dir zu Ehren habe ich ein Festmahl bereiten lassen, zu dem auch deine Offiziere eingeladen sind. Deine Truppen bringen wir zum Appellplatz. Sie können in den
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