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Schwarze Seide, roter Samt

Titel: Schwarze Seide, roter Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Carlott Fontana
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die sehr süß und ein wenig betäubend
dufteten. Marco liebte es exotisch.
    Er würde nachher noch ein bißchen Parfüm versprühen, »Yasmin
« oder »Dschungelblüte«, und dann konnte es losgehen!
    Im übrigen war er beinahe sicher, daß sie kommen würde. Ihm
war nicht entgangen, wie ihre Augen beim Anblick der Uhr
aufgeleuchtet hatten. Von Anfang an war ihm der Ausdruck
unverhohlener Gier in ihrem Gesicht aufgefallen. Aber das störte
ihn nicht. Er war in einer Familie groß geworden, die nach dem
Prinzip »Make Money!« lebte und handelte. Er wußte einen
gesunden Geschäftssinn zu schätzen, und die kleine Mieze von
gestern abend besaß zweifellos eine ansehnliche Portion davon.
    Und morgen, dachte er, bringen wir das Heroin in Sicherheit,
und dann hört auch dieser Streß auf! Er setzte sich in einen
Sessel, schlug die Beine übereinander und zündete sich eine
Zigarette an. Die Aussicht auf ein zweites Rendezvous mit der
hübschen Rothaarigen machte ihn sehr zufrieden.
     
    Marion konnte es nicht erwarten, daß es Abend wurde. Der Tag
erschien ihr endlos lang und heiß. Am Nachmittag bestand ihr
Vater darauf, daß sie ihn und ihre Mutter nach Mijas begleitete.
Sie hatte nicht die geringste Lust, außerdem war es viel zu heiß,
aber sie sah ein, daß ihr Quengeln diesmal nichts nutzen würde.
Widerwillig trottete sie mit. Dabei versuchte sie sich abzulenken,
indem sie sich die Ereignisse des Abends in allen Einzelheiten
sich gegen ein steigend mulmiges Gefühl nicht wehren.
    Die Geschichten von Mädchenhändlern und Bordellen wollten
ihr nicht aus dem Kopf. Sie sagte sich, daß das natürlich albern
sei und daß sie ausgerechnet auf Christian Wagners Gerede
überhaupt nichts geben sollte, aber sie wurde die haarsträubenden
Erzählungen, die sie schon gehört hatte, einfach nicht los.
Bei aller Abenteuerlust – in Gefahr mochte sie sich nicht bringen.
Das hieße den Spaß zu weit treiben. Sie wollte ihr Vergnügen, sie
wollte ein paar schöne Geschenke – aber um keinen Preis der
Welt mochte sie in irgendeinem Bordell irgendwo im Nahen
Osten landen. Als sie müde und mit wunden Füßen – denn sie
hatte selbst in Mijas hohe Schuhe getragen – wieder im Hotel
ankam, beschloß sie, einen Brief an Christian zu schreiben. Sie
konnte ihn an der Rezeption abgeben und darum bitten, ihn
Herrn Wagner auf keinen Fall vor morgen Mittag auszuhändigen.
Entweder sie war bis dahin gesund und munter zurück, dann
erledigte sich die Sache von selbst, und sie konnte ihr Schreiben
noch abfangen. Oder sie war nicht zurück, dann fand Christian
das bestimmt heraus und konnte etwas tun. Auf diese Weise
brauchte sie keine Angst zu haben.
    »Lieber Christian«, schrieb sie, »falls es Dir langweilig wird und
Du wieder einmal Gouvernante spielen möchtest – ich bin zu
einer Party auf der Maria Luna gegangen, und falls ich bis zu
diesem Moment, in dem Du diesen Brief liest, nicht zurück bin,
finde Dich doch bitte noch einmal in die Rolle des edlen Ritters
zurück und rette mich aus den Händen der arabischen Mädchenhändler!
Ciao, Marion.«
    So konnte sie unbesorgt sein. Sie steckte den Brief in einen
Umschlag, schrieb Christians Namen darauf und lief hinunter an
die Rezeption. Nach einigem Hin und Her hatte man dort begriffen,
* was sie wollte, und erklärte sich bereit, den Brief am Mittag
des nächsten Tages an Senor Wagner auszuhändigen.
    Zufrieden kehrte Marion in ihr Zimmer zurück. Jetzt mußte sie
sich nur noch in Schale werfen.
    Die Maria Luna war tatsächlich eine ganz andere Sache als die
Caribic Crystal. Das Schiff war wesentlich größer, der Trubel
lauter und bunter. Auf dem obersten Deck gaben südamerikanische
Bauchtänzerinnen eine Vorstellung, auf dem anderen führten
zwei junge Mädchen einen Striptease vor. Playboyhäschen
boten auf kleinen Silbertabletts exotische Drinks an; sie ließen
sich bereitwillig von den Gästen anfassen und Geldscheine in die
Dekolletés ihrer schwarzen Seidenbodies schieben. Zu fetziger
Musik wurde getanzt, in anderen Ecken heftig geschmust, an den
Bars geflirtet. Die anwesenden Frauen waren fast ausnahmslos
sehr jung und sehr attraktiv, unter den Männern herrschten die
älteren Jahrgänge vor. Jede Nation war vertreten, das Sprachengewirr
kunterbunt, und nur eine Voraussetzung schien jeder
erfüllen zu müssen: entweder schön zu sein oder reich – oder, am
besten, beides. Marion trug das rote Lederkostüm. Etwas

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