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Schwarze Seide, roter Samt

Titel: Schwarze Seide, roter Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Carlott Fontana
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unsicher
nahm sie an der Bar Platz und bestellte einen Campari
Orange. Sie wünschte, Corinna wäre an ihrer Seite, aber die war
gleich nach ihrer Ankunft von Marco Garibaldi in Empfang
genommen worden und bereits verschwunden. Marion bemühte
sich, ihrem Gesicht einen selbstsicheren Ausdruck zu geben. Bald
bemerkte sie, daß ein Mann, der im rechten Winkel zu ihr an der
Bar saß, unverwandt zu ihr hinschaute. Sie schätzte ihn auf fünfzig
oder sechzig, und obwohl er einen sehr eleganten Anzug
westlichen Schnitts trug, verrieten ihn sein Gesicht, die bräunliche
Haut und die sehr dunklen Augen als Araber. Ein Ölscheich?
fragte sich Marion. Sie zuckte zusammen, als sich plötzlich ein
junger Mann neben sie setzte und ihr ein Glas Champagner
zuschob. »Eine Einladung von Taleb«, sagte er.
    Unwillkürlich blickte Marion zu dem dunklen Mann hinüber.
Der hielt ebenfalls ein Champagnerglas in den Händen und
prostete ihr zu. Sie nahm ihr Glas auf, und ihr Herz schlug rasend
schnell. Es war wie im Film! »Taleb findet Sie sehr schön«,
sagte der Mann neben ihr. »Darf ich mich übrigens vorstellen?
Mein Name ist Karim. Und Sie sind…?«
    »Marion.«
    »Marion… Möchten Sie mit mir tanzen, Marion?« Marion fragte
sich verwirrt, wer sie nun anmachte, Taleb oder dieser Karim.
Aber schließlich war das gleich. Sie trank mit einem letzten
Schluck ihr Glas aus und rutschte von ihrem Barhocker. Beinahe
wären ihr die Beine weggeknickt.
    Ich habe zu schnell getrunken, dachte sie, während sie Karim
zur Tanzfläche folgte. Ein bißchen drehte sich alles vor ihren
Augen. Ob, fragte sie sich schläfrig, das Schiff schlingert… oder
ich…?
     
    Marco liebte es, die Frauen, mit denen er vorhatte zu schlafen,
vorher ein bißchen benebelt zu machen. Zum Teil war das wohl
auf seine Minderwertigkeitskomplexe zurückzuführen. Im Grunde
schüchterten ihn Frauen ein. Besonders solche, die sehr attraktiv
waren und eine gewisse Arroganz ausstrahlten, die gerne
die Augenbrauen hochzogen und ihn kühl anblickten. Fatalerweise
waren das auch gleichzeitig genau die Frauen, die ihn anzogen.
Auf diese Weise geriet er immer wieder in die Situation, sich
seinen Liebhaberinnen gegenüber unterlegen zu fühlen. Corinna
konnte von unnachahmlicher Arroganz sein, das hatte er schon
beim letzten Mal begriffen, und diesmal baute er vor. Dank des
väterlichen Pharmabetriebes kannte er sich auf dem Markt aus.
Die kleinen weißen Tabletten hatten sich vollständig aufgelöst,
als er Corinna das Glas reichte.
    »Auf dein Wohl, Baby«, sagte er und trank ihr zu. Corinna hatte
Durst. Sie trank schnell: Kaum hatte sie das Glas wieder abgesetzt,
wurde ihr übel. Der Brechreiz war so überwältigend, daß
sie aufsprang, aber obwohl sie würgte, gelang es ihr nicht, sich zu
übergeben. Sie sah rote Sterne vor ihren Augen.
    »Was, zum Teufel«, fragte sie mit krächzender Stimme, »war in
dem Champagner?«
    »Nichts, Baby. Was soll denn da drin gewesen sein?«
    »Was weiß ich! Oh, lieber Gott, ist mir schlecht. Ich sage dir,
ich…« Sie hatte ihm sagen wollen, daß es eine ganze Reihe von
Medikamenten gab, auf die sie überempfindlich reagierte, aber
ihre Stimme gehorchte ihr nicht. Anfängerin! dachte sie. Du
verdammte Anfängerin! Auf dem Pflaster, auf dem sie sich bewegte,
trank man nicht einfach alles, was einem angeboten wurde,
man nippte höchstens daran. Sie hatte sich von ihrem Durst
verführen lassen. Undeutlich registrierte sie, daß Marco sie zum
Bett hinüberführte, fast dankbar ließ sie sich niedersinken. Sie
brauchte einen Arzt! Sie wußte es. Aber sie konnte es nicht sagen.
Marcos Hände schoben sich unter ihr Kleid, umfaßten ihre
Brüste. Sie machte eine schwache Bewegung der Abwehr, ohne
Erfolg. Du Bastard, dachte sie wild, du elender Bastard! Ihr Herz
jagte, am ganzen Körper brach ihr der Schweiß aus. Ihr Atem
ging schwer und rasselnd. Es schien diesen Kerl, diesen italienischen
Mafioso nicht zu stören, er bemerkte es offenbar nicht
einmal. Er machte alle Anstalten, mit ihr zu schlafen, und das
letzte, was sie dachte, war: Es kann nicht wahr sein, ich lieg’ hier
und verrecke, und der schläft mit mir und merkt überhaupt
nichts…
    Auch Marions Champagner hatte irgendetwas enthalten, aber
sie reagierte darauf normal, wenn auch mit reichlicher Benommenheit.
Sie wurde das Gefühl nicht los, sie sei von Nebeln
umwogt. Ihre Knie waren weich wie Watte. Sie trank noch ein
zweites

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