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Schwarze Seide, roter Samt

Titel: Schwarze Seide, roter Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Carlott Fontana
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noch leicht und frei. Sie hatte nicht einmal
Angst, war nur erfüllt von Freude und Erwartung. Über ihr an
der Decke war ein großer Spiegel angebracht, und sie konnte sich
sehen, wie sie da hingestreckt auf der schwarzen Seide zwischen
all den Kissen lag. Mit den Händen strich sie entlang den Linien
ihres Körpers, dann drehte sie sich mit einer langsamen, wollüstigen
Bewegung um, so daß sie auf den Bauch zu liegen kam. Ihr
war klar, er mußte verrückt werden bei diesem Anblick. Der
schmale Rücken, unterbrochen nur von den feinen Bändern, die
den BH verschlossen; der spitzenbesetzte Strumpfgürtel um ihre
Taille, von dem aus die Strapse nach unten verliefen, um die
Strümpfe zu halten – zwei schwarze Linien auf ihrem sehr runden,
sehr festen Po. Schnurgerade verliefen die Nähte der
Strümpfe an den Beinen entlang bis zu den Fersen, wo sie überzugehen
schienen in die spitzen Absätze ihrer Schuhe. In einer
koketten Geste winkelte sie das Bein an, hielt den Fuß hoch, so
daß der Absatz steil in die Luft ragte. Sie hörte, wie Taleb mit
leisen Schritten näherkam.
     
    Marco lag wie hingegossen auf dem kleinen Ledersofa neben der
Tür. Er war völlig erschöpft. Wieder und wieder hatte er mit
Corinna geschlafen, in allen nur denkbaren Stellungen, in den
verrücktesten Variationen. Es hatte ihm besondere Lust deshalb
bereitet, weil sie so unbeteiligt war, beinahe leblos in seinen
Armen lag, nur heftig atmete. Er mochte die Wildkatzen nicht,
die den Beischlaf fast zu einem Zweikampf machten, die selber
die Initiative ergriffen, die ihn mit Wünschen und Anforderungen
beunruhigten. Sowie eine Frau etwas von ihm verlangte, fühlte er
sich vollkommen verunsichert. Er mußte die Führung, die Fäden
in der Hand behalten. Solange eine Frau eine Puppe unter seiner
Regie war, konnte er wahre Wunderleistungen im Bett vollbringen.
Und das wollte er. Das gab ihm Selbstvertrauen und Zuversicht.
    Er erhob sich schwerfällig. »Corinna!« sagte er leise. Er fühlte
sich herrlich entspannt und zufrieden. Jetzt noch ein bißchen
Sekt – unvermischten diesmal auch für sie –, dann noch etwas
kuscheln… Und vielleicht noch eine Verabredung… Marco war
gerade wieder auf der Suche nach einer Frau, und Corinna gefiel
ihm sehr gut. Tatsächlich, er könnte sich vorstellen, länger mit ihr
zusammen zu sein, und er schob jeden Gedanken an das Paradoxon
beiseite, daß ihn eine Frau in dem Moment, da er sie ganz
für sich hatte, tödlich zu langweilen begann.
    »Baby!« sagte er, und diesmal sprach er lauter. Aber noch immer
kam keine Antwort. Es rührte sich nicht einmal etwas. Dieses
Mädchen hatte tatsächlich einen verteufelt tiefen Schlaf. Er ging
zu dem Bett hinüber. Corinna lag auf dem Rücken, genauso, wie
er sie hatte liegenlassen. Ihr Make-up hatte sich verwischt, darunter
kam ein blasses Gesicht zum Vorschein. Irgendwie schien
ihre Magerkeit auf einmal deutlicher als zuvor. Ihre Wangen
wirkten eingefallen, die Nase spitz, die Lippen sehr schmal. Er
sah, daß ihr Schlüsselbein scharf hervortrat, daß sich die Rippenbögen
unter der blassen Haut deutlich abzeichneten. Nachdem
sie vorhin so eigentümlich laut gehechelt hatte, vermittelte sie
nun den Eindruck, als atme sie überhaupt nicht mehr. »He, Baby,
mach deine schönen Augen auf, schau mich an und sag was
Liebes!« Keine Reaktion. Allmählich wurde Marco nervös. Die
Kleine sah nicht besonders gut aus, das merkte er jetzt erst richtig.
Totenblaß und… leblos…? Er neigte sich über sie, auf einmal
von Panik ergriffen. »Baby, verdammt noch mal, schau mich an!
Sag doch was!«
    Als sie immer noch keinen Laut von sich gab, packte er sie an
den Schultern und schüttelte sie hin und her. »Wach auf! Verdammt
noch mal, wach auf!« Als er merkte, daß er so nicht
weiterkam, zwang er sich zur Ruhe und suchte nach ihrem Puls.
Er konnte nichts spüren, aber das mußte nichts heißen, denn er
hatte oft Schwierigkeiten, sogar seinen eigenen Puls zu finden.
Die rechte Hand preßte er auf ihr Herz, meinte auch, etwas zu
spüren, aber das konnte auch das Vibrieren in seinem eigenen
Körper sein. Irgend etwas, soviel begriff er, stimmte nicht. Sie
würde doch nicht… diese verdammte, rothaarige Hure aus Hamburg
würde doch nicht hier in seinem Bett verreckt sein!
    Wieviel von dem Einschläferungszeug hatte er ihr in den
Champagner getan? Dunkel meinte er sich zu erinnern, daß es
zwei Tabletten gewesen waren.

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