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Schwarze Seide, roter Samt

Titel: Schwarze Seide, roter Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Carlott Fontana
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Normalerweise nahm er eine.
Aber so stark war das Mittel nicht, daß man daran starb! »Tu mir
das nicht an«, stöhnte er, »bitte, tu mir das nicht an!«
    Kraftlos ließ er sich auf das Bett fallen. Im Augenblick verließen
ihn alle Energien. Er stützte den Kopf in die Hände und
murmelte: »Scheiße! O Gott, was für eine verdammte Scheiße!«
»Good bye, Schätzchen«, flüsterte Taleb, »es war sehr schön mit
dir!« Sanft küßte er Marions Lippen. Dann verließ er leise das
Bett und hüllte sich wieder in seinen flauschigen Morgenmantel.
Die Tür klappte hinter ihm zu. Der Raum lag im Schweigen.
    Marion bewegte sich unruhig. Sie war in einen kurzen Schlaf
gefallen, aus dem sie nur widerstrebend erwachte. Schließlich
öffnete sie die Augen, schloß sie aber sofort wieder, weil das
Licht den bohrenden Schmerz in ihrem Kopf noch verstärkte.
Sie hatte einen schlechten Geschmack im Mund, und ihre Muskeln
fühlten sich an, als seien sie aus Gummi. Das Leichte,
Schwebende von vorhin war nun völlig von ihr abgefallen, zurück
blieben Müdigkeit und schwere Glieder. Es war schön
gewesen, mit Taleb zu schlafen. Ein zärtliches, warmes, beglükkendes
Erlebnis. Nach allem, was Marion gelesen und gehört
hatte, war sie der Ansicht gewesen, das erste Mal könnte immer
nur ein Horrortrip sein. Nun lächelte sie zufrieden vor sich hin,
trotz der Kopfschmerzen. Sie hatte es geschafft. Endlich konnte
sie mitreden.
    Sie fand es schade, daß Taleb nicht noch etwas neben ihr liegengeblieben
war. Sie hätte sich gern in seine Arme geschmiegt
und ihm gesagt, daß sie ihn liebte – und gelauscht, wie er ihr
dasselbe sagte. Mit einer vorsichtigen Bewegung setzte sie sich
auf. Dabei spürte sie, daß etwas um ihren Hals hing. Eine Kette.
Eine dünne goldene Kette mit einem goldgefaßten Smaragd als
Anhänger. Wenn sie echt war, mußte sie Tausende wert sein.
    Marions erste Empfindung war ein Gefühl des Stolzes. Corinna
würde Augen machen. Sie mußten gleich morgen zu dem Juwelier
gehen und die Kette schätzen lassen. Insgeheim hoffte sie,
daß sie wertvoller sei als Corinnas Uhr. Aber daneben erwachte
auch eine leise Enttäuschung in ihr. Wenn sie Taleb liebte, und er
sie, dann schien ihr ein solches Geschenk irgendwie unpassend.
Sie würden ja sowieso zusammenbleiben, und er würde sie mitnehmen
in die fernen Länder, die seine Heimat waren. Später
sollte er sie dann natürlich mit Geschenken überhäufen – aber
jetzt, in diesem Augenblick, lag etwas Kaltes in dieser Geste.
    Marion tastete nach ihrem Slip, der zerknäult irgendwo auf dem
Bett lag, zog ihn an und stand auf. Jede Bewegung tat ihr weh.
Inzwischen hatte sie begriffen, daß man ihr irgendetwas in den
Champagner getan hatte, und auch dieser Gedanke hatte etwas
Frustrierendes, aber sie sagte sich, daß man das wahrscheinlich
immer so machte. Taleb hatte nicht wissen können, daß es diesmal
etwas Besonderes war.
    Endlich steckte sie in ihrem roten Kostüm und entwirrte vor
dem Spiegel eilig ihre Haare. Ärgerlicherweise hatte sie keine Uhr
dabei, so daß sie nicht einmal ahnte, wie spät es sein könnte.
Abend? Tief in der Nacht, oder am Ende gar schon der nächste
Morgen? Die Kabine hatte keine Fenster, so daß sie sich weder
an Helligkeit noch an Dunkelheit orientieren konnte. Hoffnungsvoll
durchstöberte sie ein paar Schubladen, ob nicht vielleicht
doch noch irgendwo ein Aspirin zu finden war, aber sie
fand nichts. Sie trat auf den Gang hinaus. Wo mochte Taleb sein?
    Marco hatte Jean-Luc auf dem Gang getroffen, ihn in seine
Kabine gezerrt und zu der toten Corinna geführt. »Schau sie dir
an und sag mir, daß sie nicht tot ist!« sagte er flehend. »Es kann
doch nicht sein!«
    Jean-Luc neigte sich über Corinna. Als er sich wieder aufrichtete,
war er sehr blaß. »Doch Marco«, sagte er. »Sie ist tot. Keine
Chance. Wie konnte das denn passieren?«
    »Keine Ahnung!« Auf Marcos Stirn stand der Schweiß. Seine
Stimme klang zitterig. »Ich hab ihr nichts getan, ich schwöre es.
Ich habe absolut keine Ahnung…«
    »Du hast ihr doch bestimmt wieder Tabletten gegeben?«
    »Ja, aber an denen stirbt man doch nicht!«
    »Es ist kein ganz harmloses Zeug, das du da immer verfütterst!«
Auch Jean-Luc sah aus, als sei er am Ende seiner Kräfte. Ihn
überforderte die ganze Rauschgiftgeschichte sowieso, eine Tote
war das Allerletzte, was seine gestreßten Nerven jetzt noch gebrauchen
konnten.
    »Du bist völlig

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