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Schwarze Seide, roter Samt

Titel: Schwarze Seide, roter Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Carlott Fontana
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verrückt, Marco Garibaldi«, flüsterte er heiser.
»Absolut wahnsinnig. Weißt du, daß du uns damit möglicherweise
alle in die Scheiße geritten hast?«
    »Ich kann doch nichts dafür! Ich habe nichts gemacht. Ich…«
    »Es hilft überhaupt nichts, wir müssen es Taleb sagen«, entschied
Jean-Luc. Er ging zur Tür. »Komm mit. Taleb weiß vielleicht,
was wir tun können.«
     
    »Ihr seid die größten Idioten, die mir jemals untergekommen
sind«, sagte Taleb, und zum ersten Mal schien seine ewig kaltlächelnde
Ruhe zu zerbröckeln. »Aber diese Geschichte könnt ihr
alleine ausbaden, das schwöre ich euch!«
    »Ich habe sowieso überhaupt nichts damit zu tun!« beteuerte
Jean-Luc sofort. »Mich hat Marco erst geholt, als alles vorbei war.
Ich hatte von nichts eine Ahnung.«
    »Nein, du bist natürlich das reinste Unschuldslamm!« höhnte
Marco. »Und ich soll der große Dreckskerl sein! Es war ein
Unfall, verdammt noch mal! Ich hab’ dem Mädchen nichts getan!
«
    »Ja, aber bedauerlicherweise ist es jetzt tot!« sagte Taleb. »Und
ich glaube kaum, daß irgendein Richter Ihren Unschuldsbeteuerungen
Glauben schenken wird, Garibaldi. Ich weiß, daß Sie die
Mädchen mit irgendeinem dreckigen Mist vollstopfen, der sie
nahezu bewegungsunfähig macht, aber das wäre allein Ihre Sache
und würde mich nicht interessieren, wenn Sie das nur bei sich
zuhause täten und nicht auf anderer Leute Schiff. Und schon gar
nicht, wenn wir mitten in einem riesengroßen Deal stecken und
es uns nicht im mindesten leisten können, eine Leiche mit uns
herumzuschleppen. Ist das klar?«
    Marco nickte. »Soll ich versuchen, sie von Bord zu bringen?«
    Taleb sah ihn verächtlich an. »Das Schiff ist voller Menschen.
Glauben Sie nicht, daß Sie, trotz des allgemeinen Besäufnisses,
ein klein wenig Aufmerksamkeit bei den Leuten erwecken, wenn
sie hier mit einer Toten im Arm herumlaufen?«
    »Ja, aber…«
    »Sie muß vorläufig an Bord bleiben. Obwohl – mir ist auch
noch nicht klar, wie das gehen soll. Morgen abend laufen wir aus,
Kurs Marrakesch. Dort können wir sie loswerden.«
    »Das ist doch zu gefährlich…« Marco sah aus, als hätte er sich
am liebsten kopfüber in die Fluten gestürzt.
    Taleb musterte ihn aus schmalen Augen. »Es hätte nichts geschadet,
wenn Ihnen das ein bißchen früher eingefallen wäre!
Also – es ist ziemlich trivial, aber verstaut sie am besten in der
Truhe dort drüben.« Er wies auf eine samtgepolsterte Bank, die
man aufklappen konnte. »Und dann müssen wir hoffen, daß
niemand sie allzu schnell vermißt. Ist sie allein hierhergekommen
oder in Begleitung?«
    Der schwitzende Marco versuchte sich zu erinnern. »Sie war
nicht allein. Sie kam mit einer Freundin. Einer kleinen Blonden in
so einem roten Lederkostüm.«
    Taleb runzelte die Stirn. »Rotes Lederkostüm… Sieh an! Dann
weiß ich sogar, wer die Freundin ist und wo sie steckt. Wenn sie
nach Puerto Banus oder wohin auch immer zurückkehrt und
merkt, daß sich die andere irgendwie in Luft aufgelöst hat, könnte
sie uns in Schwierigkeiten bringen. Es wäre also besser, wenn
sie das Schiff erst kurz vor Auslaufen verläßt. Sonntag abend.« Er
blickte auf seine Uhr. »Es ist drei Uhr morgens. Wir müssen sie
also noch ungefähr fünfzehn Stunden auf der Maria Luna festhalten.
«
    »Ich schnapp’ sie mir«, erbot sich Jean-Luc. »Und dann…«
    Mit eisiger Höflichkeit entgegnete Taleb: »Es wäre wirklich von
Vorteil, wenn das Mädchen nicht unbedingt merkt, daß es festgehalten
wird. Gewalt, bitte, nur im äußersten Notfall!«
     
    Schon nach kürzester Zeit war es Marion klar geworden, daß ihr
Schwindelgefühl es ihr offenbar verbot, sich auf dem Schiff zu
orientieren. Als sie zum dritten Mal an dem Plakat vorbeikam,
das eine nackte Frau zeigte, die sich zwischen die Beine griff und
mittels Sprechblase verkündete: »Du weißt doch, Liebling, wir
sind die neue Generation der Do-it-yourself-Frauen!« begriff sie,
daß sie immer wieder denselben Gang entlanglief. Außerdem
fühlte sie sich so elend. Es wäre doch überhaupt nicht nötig
gewesen, mir was in den Champagner zu schütten, dachte sie
ärgerlich.
    Da sie es nicht wagte, an eine der Türen rechts und links zu
klopfen – denn sie vermutete Liebespaare dahinter, denen eine
solche Störung sicher höchst unangenehm gewesen wäre –, stieg
sie ziellos eine Treppe hinauf. Sie hielt das Geländer dabei fest
umklammert. Eines der

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