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Schwarze Stunde

Schwarze Stunde

Titel: Schwarze Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
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wäre gleich alarmiert, wenn ich mich so schnell nach meiner Rückkehr mit einem Mann treffe, den sie nicht mal kennt.
    »Es zieht mich einfach nach draußen«, antworte ich schließlich. »Das Wetter ist immer noch so toll, ich kann einfach nicht schon um acht in der Bude hocken.«
    »Und wo willst du hin? Bist du verabredet?«
    »Nicht fest.« Fieberhaft suche ich nach einer Antwort, von Corvin kann ich Mama nichts erzählen, das habe ich gestern beim Mittagessen schon gemerkt, als Alena dabei war. »Aber ein paar Leute aus der Schule sind bestimmt auch draußen, treffen sich irgendwo in Mitte, vielleicht im Mauerpark. Ich werde gleich mal am Laptop nachsehen, wer online ist, da ergibt sich bestimmt irgendwas.«
    »Du musst es ja wissen«, meint Mama achselzuckend. »Aber komm nicht zu spät heim.«
    »Sowieso. Nach Mitternacht komme ich ja nirgends rein, solange ich noch nicht volljährig bin.« Aber das ist zum Glück auch in ein paar Monaten vorbei, füge ich in Gedanken hinzu. Mama macht sich wirklich oft übertriebene Sorgen.
    In meinem Zimmer ziehe ich mein Tagebuch aus dem Versteck und schlage es auf. Sofort bekomme ich eine Gänsehaut, als ich die letzten Einträge sehe: Manuel, wie er auch nach unserer Trennung nicht aufgehört hat, mir aufzulauern; Abschriften seiner Mails und Kurznachrichten, in denen er mich beschimpfte, weil ich mich geweigert habe, es noch einmal mit ihm zu versuchen. Verzweifelte Einträge aus den Sommerferien, wenn ich nicht mehr weiter wusste, weil ich viel zu wenig Zeit für mich selber hatte durch Manuel, der mir so viel Energie raubte, Alena, die auch keine Ruhe gab, dazwischen mehrmals in der Woche der neue Job. So habe ich es nur selten geschafft, mich zu erholen, bin nur gelegentlich in den frühen Morgenstunden allein ins Freibad gefahren, wenn die Becken noch glatt und tiefblau unter dem wolkenlosen Himmel schimmerten und die Liegewiesen fast leer waren. Aber selbst dann habe ich oft die anderen aus der Schule getroffen und war erneut bohrenden, drängenden Fragen ausgesetzt, weil Manuel ihnen gegenüber alles ganz anders dargestellt hatte, als es wirklich gewesen war. Bis ich endlich nach London aufbrechen konnte, habe ich mich richtig ausgelaugt gefühlt.
    Kurz entschlossen klappe ich das Buch wieder zu. Corvin gleich hinter Manuel anzufügen, scheint mir unpassend. Stattdessen nehme ich mir vor, ein paar Erinnerungsstücke dieses Sommers dazwischen zu kleben; Eintrittskarten aus dem Freibad, Schnappschüsse, die ich einfach so zwischendurch mit meinem Handy gemacht und ausgedruckt habe, die Postkarten meiner Eltern von ihrer Kurzreise nach Bornholm, Kassenbons vom Shoppen. Dann das Flugticket nach London, die Konzertkarte, im Internet kann ich nach einem Foto von Black Hour suchen. Danach erst werde ich von Corvin schreiben. Vielleicht habe ich morgen noch viel mehr zu erzählen, vielleicht sieht morgen alles noch wunderbarer aus – sofern ich ihn heute Abend treffe.
    Bei dieser Vorstellung muss ich unwillkürlich lächeln; einem plötzlichen Einfall nachgehend klappe ich meinen Laptop auf und fahre das System hoch, checke und beantworte meine Mails, danach gebe ich Unterholz in die Suchmaschine ein. Auf den Club stoße ich erst auf der dritten Seite, nachdem ich mich an allen möglichen Webseiten über die Tierwelt vorbeigeklickt habe. Der virtuelle Rundgang zeigt mir die Bar, eine eher kleine Tanzfläche, den Lounge-Bereich, die kleine Bühne für die Independent-Bands, von denen Corvin erzählt hat; als ich mit der Maus darüber fahre, erscheint das Foto einer Band, die kürzlich dort gespielt hat. Mein Herz beginnt wild zu schlagen, es kommt mir vor, als würde ich die Bilder einer berühmten Sehenswürdigkeit betrachten. Noch heute Abend werde ich das alles in Wirklichkeit sehen, ich kann es kaum fassen, vielleicht ist Corvin wirklich da, mein ganzer Körper kribbelt bei dieser Vorstellung, als wäre ich von einem Ameisenvolk überfallen worden. Rasch suche ich die günstigste Verkehrsverbindung heraus, es ist ganz einfach hinzukommen. Ich gehe hin. Ich gehe wirklich hin.
    Ein letzter Blick in den Spiegel. Zu meiner leichten, schwarzen, eng sitzenden Caprihose habe ich passende Ballerinas gewählt, dazu eine ebenfalls schwarze, etwas weiter geschnittene Bluse im Crinkle-Look, an der ich irgendwann mal den Halsausschnitt mit der Schere und einer speziellen Reißtechnik ausgefranst habe, weil er mir vorher nicht gefiel. Darüber trage ich mehrere Halsketten in

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