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Schwarze Stunde

Schwarze Stunde

Titel: Schwarze Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
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verschiedener Länge, um mein Outfit nicht zu düster aussehen zu lassen, und bin dezent geschminkt. Besonders aufregend sehe ich nicht aus, aber es wirkt jedenfalls nicht billig, zugleich jedoch passend für einen Club, in dem Musik wie die von Black Hour gespielt wird, und die Sachen stehen mir. Wie um mir selber Mut zu machen, lächle ich meinem Spiegelbild zu.
    Den Weg zum Unterholz finde ich schnell. Ich habe Glück; gleichzeitig mit mir strömt eine größere Gruppe junger Erwachsener auf den Eingang zu, eine der Frauen lacht mich an, weil wir beinahe gegeneinander gestoßen wären, jede von uns vertieft in ihre Tasche, um die Geldbörse herauszuholen. Ich lache zurück und bezahle meinen Eintritt, bin auf einmal Teil dieser Clique, keiner fragt nach meinem Ausweis, so kann ich vielleicht länger bleiben, falls Corvin erst später kommt.
    »Bist du alleine hier?«, erkundigt sich die junge Frau, mit der ich beinahe zusammengestoßen wäre. Sie ist lässig angezogen mit ihrem engen Jeansrock und dem schwarzen Nietentop dazu, so eine würde zu Corvins Freundeskreis passen. »Wenn du willst, kannst du dich uns gerne anschließen, es kommen sowieso noch ein paar Freunde dazu. Alleine in so einem Club ist es doch öde.«
    »Ich schaue erst mal«, antworte ich. »Eigentlich bin ich lose mit jemandem verabredet, weiß aber noch nicht, ob es wirklich klappt. Vielleicht ist er schon da, sonst komm ich nachher mal bei euch vorbei.«
    »Mach das«, sagt die Frau. »Wir sind die meiste Zeit an der Bar. Viel Spaß, ich drück dir die Daumen mit deinem Date!«
    Date. Das Wort lässt kochendes Blut in meine Ohren schießen. Auf einmal scheint Corvin ganz nah zu sein, vielleicht nur Sekunden von mir entfernt, vielleicht ist er wirklich hier, irgendwo in der Menge, zwischen den zahllosen Stimmen und dem treibenden Rhythmus der Rockmusik, der mir schon von der Treppe aus entgegenschlägt. Dort geht es nach unten, irgendwo dort kann Corvin sein.
    Unten im Club schiebe ich mich durch herumstehende Leute ins Zentrum des Raumes. Die Musik umhüllt mich; ich spüre, wie ein Lächeln über mein Gesicht zieht; es ist gut, hergekommen zu sein, auch ohne Corvin. Ich lasse mich treiben von den Menschen ringsum, der stehenden Luft, die von dem unaufhörlich wirbelnden weißen Deckenventilator umgerührt wird, den Beats und Riffs und meiner Lust zu tanzen. Der Club wirkt enger und heruntergekommener als auf den Fotos im Internet, aber mir gefällt er, mit seinen aus halbierten Baumstämmen verkleideten Wänden, schmucklos außer einigen Plakaten von Bands, die früher hier gespielt haben. Selbst die Barhocker sind aus unbehandelten Ästen und zersägten Stämmen gefertigt, alles sieht aus wie in einer kanadischen Blockhütte. Abgedimmte Spots an der Decke verbreiten ein spärliches Licht, keine schillernde Discokugel verglitzert diese leicht düstere, naturbelassene Atmosphäre, die von dem folkloristisch angehauchten, aber dennoch rhythmischen Grunge, der aus den Boxen wummert, noch verstärkt wird.
    Ich arbeite mich vor bis zur Bar, mit einem Glas in der Hand habe ich etwas zum Festhalten, während ich mich umsehe. Ich bestelle einen alkoholfreien Cocktail aus Mango, Himbeersirup und Limette, erst mal etwas Erfrischendes, das nicht gleich zu Kopf steigt. Mit dem Strohhalm rühre ich mein Getränk um, die Eiswürfel klirren gegen den Rand des Glases, ich lasse mich weitertreiben, vorbei an der Bar und den Menschen davor, die zur Musik wippen und sich lachend irgendetwas ins Ohr schreien. Ich schiebe mich nach hinten und finde einen weiteren Raum, hier hört man die Musik weniger laut, hier ist die Bühne, an den Seiten stehen einige schwarze Sofas und Sessel, natürlich sind alle belegt. Ich lehne mich an eine Säule und lasse meinen Blick durch den Raum schweifen, nur nicht zu auffällig, ich möchte nicht aussehen wie ein Mädchen, das versetzt worden ist. Corvin ist nicht da. Auf der Bühne jedoch steht schon das komplette Equipment einer Band bereit, ein Gitarrist mit langen Haaren und Schnauzbart stimmt seine E-Gitarre. Also ist heute Live-Musik, wie meistens am Wochenende, dann kommt Corvin vielleicht doch noch. Zwei weitere Musiker fummeln am Mischpult herum, es scheint noch zu dauern, bis sie anfangen, sicher kennt er die Zeiten genau. Ich will nicht zu auffällig nach ihm spähen.
    Lange halte ich es nicht aus, allein hier zu stehen, fühle mich beobachtet, ohne zu wissen von wem, spüre Blicke auf mir und spähe, fast ohne meine

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