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Schwarze Stunde

Schwarze Stunde

Titel: Schwarze Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
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besonders eine Mail fällt mir auf, ich ahne nichts Gutes. Kombinationen aus Buchstaben und Zahlen im Absender statt eines Namens, nur der Anbieter ist erkennbar. Mir klopft das Herz, als ich sie öffne.

    Valerie,
    du weißt nicht, wer ich bin und du wirst es auch nicht herausfinden. Versuche es gar nicht erst. Du musst mir auch nicht auf die Spur kommen, etwa um dich an mir zu rächen, denn ich meine es gut mit dir. Ich möchte dir nur einen guten rat geben, den du befolgen solltest, wenn dir dein leben lieb ist. Dein leben und das von schwarze. Vom ersten schultag an konnte jeder sehen, wie du dich an ihn heranschmeißt. Aber er gehört dir nicht, er wird dir nie gehören, und wenn er dir schöne augen macht, dann nur, weil er dir nicht wehtun möchte, du dummes kleines kind, du glaubst doch nicht ernsthaft, dass so ein toller typ sich mit einem nichts wie dir einlassen würde? Du bekommst ihn nicht, vergiss ihn am besten ganz schnell, du hast keine chance. Lass die finger von ihm und hör auf, ihn in der schule anzuschmachten, schwarze lacht längst über dich und deine fantasien. Wenn du ihn wirklich magst, dann lass ihn in ruhe, du bist nur peinlich für ihn. Wenn du nicht aufhörst, bist du bald tot. Ich rate dir, nimm meine worte ernst.
    Jemand, der es gut mit dir meint.
    Lange sitze ich wie erstarrt, ich weiß nicht, wie viel Zeit verstreicht, bis ich mich wieder rühren kann, Minuten, Stunden, ein halber Tag, wie es scheint. Irgendwann klingelt es unten an der Haustür, ich will erst nicht öffnen, drücke dann doch auf den Summer. Alena kommt atemlos die Treppen nach oben, unter dem Arm hält sie einen dünnen Stapel Arbeitsbögen für mich. Ich erzähle ihr nichts von der Mail, tische auch ihr die Story von den plötzlichen Kopfschmerzen auf, die ich mir für Mama ausgedacht habe. Alena umarmt mich, drückt ihre Nase in meine Ohrmuschel, ihre Lippen auf meine Wangen.
    »Kein Wunder, dass es dir schlecht geht«, versucht sie mich zu trösten. »So wie die anderen dich beobachten, und immer Fiona mit ihrem Gehabe, als ob alle männlichen Wesen dieser Welt ihr gehören und sie Gottes Geschenk ans Universum sei. Aber um ehrlich zu sein, Valerie – man sieht, dass ihr euch nahesteht, Schwarze und du.«
    »Woran soll man das sehen? Ich traue mich kaum, ihn in der Stunde anzusehen, und früher habe ich mich in Englisch viel öfter gemeldet als jetzt bei ihm.«
    »Man merkt es trotzdem, glaub mir. Ihr beide in einem Raum, und die Luft ist bis zur Decke geladen mit Energie, Erotik, Magnetismus … mit allen möglichen Schwingungen. Man merkt es, jeder merkt es, und alle reden darüber. Du kannst dich nicht mehr verstecken, Valerie.«
    »Aber das ist verrückt. Du weißt, dass Corvin und ich nichts miteinander haben. Selbst wenn wir uns auf eine Art noch immer zueinander hingezogen fühlen – wir können es nicht leben. Mehr als ein paar freundliche Blicke sind da nicht, und auch die … also die Bollmann sieht er anders an, finde ich.« Bei meinen letzten Worten spüre ich, dass ich rot werde. Natürlich merkt Alena, dass mein Hinweis auf Frau Bollmann nur von mir selber ablenken soll, und mein bemüht gleichmütiger Blick kommt mir selbst albern und unecht vor. Aber dennoch. Nichts zugeben, nur nichts zugeben. »Nach den Erfahrungen mit Manuel will ich sowieso keine neue Beziehung«, bekräftige ich noch. »Seitdem habe ich wirklich die Schnauze voll von Typen.«
    Alena schaut vor sich hin. »Das glaubt dir natürlich kein Mensch«, sagt sie schließlich. »Sonst würden die anderen kaum immer wieder davon anfangen, dass du was mit ihm hast. Die Jungs tun ja immer so, als gäbe es nichts Wichtigeres als Sex. Jeder denkt, ihr fangt gleich nach der letzten Stunde an und tut den ganzen restlichen Tag nichts anderes, als miteinander zu vögeln.«
    Ich schüttele den Kopf. »Überhaupt nicht«, flüstere ich. »Ihr schätzt das völlig falsch ein, das ist Unsinn, so ist Corvin nicht, der ist doch kein Mädchenverführer. Was mache ich denn jetzt nur?«
    »Ganz einfach.« Alena setzt sich auf mein Bett und zieht mich neben sich, spielt mit meinen Fingern, ihre fühlen sich etwas klebrig an. »Jeder im Jahrgang hält dich für das Lehrerliebchen; nicht nur, weil Schwarze und du euch heiße Blicke zuwerft, sondern auch, weil du niemanden mehr zu kennen scheinst, seit er aufgetaucht ist. In den Pausen sprichst du kaum noch mit uns, willst fast immer allein arbeiten, gehst nach der Schule nicht mehr mit zum Schnellimbiss

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