Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Stunde

Schwarze Stunde

Titel: Schwarze Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
Vom Netzwerk:
großzügig von ihnen, dass sie uns sonst sturmfreie Bude gewähren. Aber ihr Schlafzimmer …«
    »Ich weiß wirklich nicht, was du willst«, braust Alena auf. »Wann kommen die beiden wieder, morgen Abend? Da hast du noch massenhaft Zeit, alles wieder herzurichten, und sogar noch schöner, als es jetzt aussieht. Du kannst die Bettwäsche waschen und alles neu beziehen, ihnen frisches Nachtzeug rauslegen …«
    »Es geht nicht darum, ob es ordentlich aussieht. Es ist einfach ihr intimer Bereich, verstehst du das nicht?«
    Sissy schleicht an uns vorbei, springt auf das Doppelbett und rollt sich am Fußende auf der Seite meiner Mutter zusammen. Alena schüttelt den Kopf. »Du bist vielleicht prüde«, stößt sie hervor. »Kein Wunder, dass Corvin die Nase voll hatte. Ein Mann wie er, der braucht eine richtige Frau im Bett und keine Zicke vom Stamme Rührmichnichtan.«
    »Das ist ungerecht. Ich habe mit Corvin Schluss gemacht, nicht umgekehrt.«
    »Wer’s glaubt.«
    »Dann glaub es eben nicht.« Ich spüre, wie sich ein Kloß in meinem Hals ausbreitet. Warum muss das jetzt sein? Die ganze Wohnung haben wir so perfekt vorbereitet, warum nur reitet sie jetzt auf dem Schlafzimmer herum? Sie kennt doch meine verletzten Gefühle, meinen Liebeskummer. Auf keinen Fall kann sie wollen, dass ich an meinem Geburtstag, so kurz nach der Trennung von Corvin, miterlebe, wie andere sich hier in unserer Wohnung befummeln. Wer sich ins Schlafzimmer zurückzieht, hat nicht nur Händchenhalten vor, sie muss doch wissen, dass ich es im Moment nicht ertragen würde, anderen Liebespaaren ein Nest für ihre Leidenschaft zu bereiten, während in mir selbst noch alles wund ist.
    »Nun hab dich nicht so«, sagt sie und schlägt bereits die Bettdecken meiner Eltern zurück. »Stopf Papis Pyjama und Mamis Nachthemd in die Wäschetonne und lüfte hier mal durch, mehr musst du gar nicht machen. Die Bude hier ist sonst einfach zu klein, irgendwohin muss man mal ausweichen können. Wenn nachher alle da sind, kannst du es sowieso nicht verhindern, oder wolltest du das Zimmer abschließen?«
    »Das hatte ich eigentlich vor.«
    »Vergiss es.« Sie drückt mir die Nachtwäsche meiner Eltern gegen die Brust. »Du bist erwachsen, Valerie. Das hier wird kein Kindergeburtstag, komm mal an in der Wirklichkeit.«
    Vielleicht hat sie recht, denke ich; zumindest mit den letzten Überlegungen. Es nützt nichts, Liebespaare meiden zu wollen, nur weil ich selber noch immer unglücklich in Corvin verliebt bin. Doch als Alena in die Küche geht, um mit dem Chili anzufangen, schicke ich die Katze aus dem Zimmer, schließe die Tür zum Schlafzimmer ab, stecke den Schlüssel in meine Hosentasche und nehme mir vor, meine Feier zu genießen.

21.

    K urz vor zweiundzwanzig Uhr ist unsere Wohnung voller, als ich es beabsichtigt hatte. Sissy hat sich unter mein Bett verkrochen, seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen. Nicht nur die Leute aus meinem Englisch-Leistungskurs und ein paar andere aus dem Jahrgang sind gekommen, sondern fast doppelt so viele; darunter einige Jungs, die ich nur flüchtig vom Sehen kenne, Typen aus dem letzten Abiturjahrgang. Die meisten haben Manuel, Oleg und Patrick angeschleppt, andere standen plötzlich vor der Tür, gratulierten mir zum Geburtstag, drückten mir einen Sixpack Bier in den Arm und schoben sich an mir vorbei zum Buffet in der Küche.
    »Alena«!, zische ich, als sie und ich einen Moment lang allein im Bad stehen, um uns noch einmal die Haare zu bürsten. »Steckst du dahinter? Wo kommen die alle her?«
    »Ich weiß nicht, was du willst.« Sie holt einen knallroten Lippenstift aus ihrer Kosmetiktasche und schminkt ihren Mund. »Sie sind oder waren alle aus unserer Schule, also was hast du? Ein paar Leute mehr machen auch mehr Stimmung. Die Schnarchnasen aus unserem eigenen Jahrgang kennen wir doch alle so genau, dass wir sie an ihren Rülpsgeräuschen unterscheiden können.«
    »Das ist nicht witzig, Alena. Ich habe sie nicht eingeladen, also haben sie hier nichts zu suchen.«
    Sie zieht ein Kosmetiktuch aus meiner Box, drückt ihre Lippen darauf und überprüft ihr Spiegelbild.
    »Dann wirf sie raus«, schlägt sie achselzuckend vor. »Aber jammere mir hinterher nichts vor, von wegen du würdest gemobbt und die anderen ließen dich nicht mehr an sich heran. Das hast du dir dann wieder einmal selbst zuzuschreiben.«
    Irgendjemand wummert an die Badezimmertür, und wir gehen zurück ins Getümmel, ohne dass ich noch etwas erwidern

Weitere Kostenlose Bücher