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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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drei Meter sagten?«
    Â»Ja.«
    Â»Und ernste Verletzungen erleiden?«
    Â»Ja.«
    Â»Und? War Hodge nüchtern?«
    Louvain kniff die Augen zusammen. »Nein, so wie er gestunken hat, nicht.«
    Â»Wie kommen Sie dann auf die Idee, dass er ermordet wurde und nicht einfach eine Stufe verfehlt hat und gestürzt ist?« Rathbone trat einen Schritt weiter in die Mitte des Saals. »Lassen Sie mich Ihnen helfen, Mr. Louvain. Könnte es nicht sein, dass Sie, da ein Teil Ihrer Ladung gestohlen worden war, automatisch davon ausgingen, dass der Matrose das Opfer der gleichen Banditen geworden war? Sie sahen sich die Szene an und schlossen daraus, dass der Dieb auf Ihr Schiff gekommen war, Ihre Nachtwache angegriffen und Ihre Ladung gestohlen hatte, und nicht, dass Ihr Matrose einen Unfalltod erlitten hatte. Da er nicht auf seinem Posten war, konnte ein Dieb an Bord kommen und Ihre Fracht stehlen? Ist das möglich, Mr. Louvain?«
    Â»Ja«, sagte Louvain bitter. »Durchaus.« Seine Stimme war kaum zu verstehen. »In Wahrheit glaube ich sogar, dass es genau so war.«
    Â»Vielen Dank, Sir.« Rathbone ging zu seinem Platz zurück.
    Der Rest des Prozesses war nur noch eine Formalität, die
anderen Zeugen machten ihre Aussagen, Monk am folgenden Tag, und erhärteten alles, was Louvain gesagt hatte. Die Geschworenen kamen am dritten Tag zu einem Urteil, sie befanden Gould des Diebstahls, zu dem er sich ja auch bekannt hatte, für schuldig, aber es bestanden mehr als begründete Zweifel, dass überhaupt ein Mord begangen worden war. In diesem Punkt wurde er freigesprochen.
    Rathbone trat in den vormittäglichen Regen hinaus und hatte das Gefühl, einen sehr kleinen Sieg errungen zu haben. Er hatte, zumindest fürs Erste, das Leben eines Mannes gerettet.

13
    In der Portpool Lane wurde die Zeit nicht mehr nach Nächten und Tagen gemessen, sondern nach Wäschebergen oder danach, ob es hell genug war, die Kerzen auszupusten, oder dunkel genug, um die Männer im Hof zu bitten, am Brunnen am Ende der Straße Wasser zu holen. Man verständigte sich mit Hilfe von Zeichen von der Hintertür aus, denn niemand durfte so nah herankommen, dass die Gefahr bestand, dass er sich ansteckte.
    Vier Frauen waren inzwischen gestorben, einschließlich Ruth Clark und Martha, neun lebten noch. Hester machte so oft wie möglich die Runde bei ihnen. Bei denen, die Lungenentzündung oder Bronchitis hatten, ging es darum, das Fieber in Schach zu halten und dafür zu sorgen, dass sie möglichst viel tranken: Wasser, Tee, Brühe, alles, was den Flüssigkeitsverlust ausgleichen konnte.
    Für die drei, die die Pest hatten, konnten sie nicht viel tun, außer verzweifelt alles zu versuchen, um ihre starken Schmerzen zu lindern. Es war nicht nur das Wissen um den drohenden Tod, sondern um das Gift, das in ihren Körpern tobte, bevor es in dem schwärzlich verwesenden Fleisch der Beulen
ausbrach, die die Kranken so elend machten, dass sie um Erlösung flehten. Die Augenblicke voller Bewusstsein zwischen den Delirien waren so qualvoll, dass die Frauen immer wieder aufschrien und Hester und die anderen nichts tun konnten, als ihnen kalte Tücher und einen Schluck Wasser zu verabreichen und sie nicht allein zu lassen.
    Â»Das wünsch ich wirklich keinem«, sagte Flo leise und nestelte unbehaglich am Ärmel ihrer Bluse, denn sie dachte wie alle ständig an ihre Achseln und ihre Leistengegend. Sie stellte eine weitere Schüssel Wasser auf den Tisch vor den Krankenzimmern, damit Hester die Tücher darin auswringen konnte. »Nicht mal dieser Ruth Clark, dieser verlogenen Schlampe.« Ihr Gesicht war blass vor Müdigkeit, die Sommersprossen stachen hervor wie Schmutzflecken, und unter den Augen lagen dunkle Ringe. »Ich bin zwar ’ne Nutte, Miss Hester, und noch’n paar Dinge, die ich nicht auszusprechen wage, aber’ne Diebin bin ich nicht. Ich hab ’nen Ruf zu verlieren wie jeder andere auch, und sie hatte nicht das Recht, mir den zu beschmutzen, indem sie Lügen erzählt. Warum nur, ich hab ihr doch gar nichts getan?«
    Â»Sie war sehr zornig«, antwortete Hester, legte sich die Tücher über den Arm und nahm dann die Schüssel. »Ein Mann, dem sie vertraute, den sie vielleicht sogar geliebt hat, hat sie wie Abfall in die Gosse geworfen, als sie ihn am meisten brauchte. Und so hat sie einfach nur noch um sich

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