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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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auch wenn niemand
daran gezweifelt hatte. Die Anklage wollte, dass die Geschworenen ihren Kummer erlebten.
    Rathbone erhob sich. »Ich habe keine Fragen an die Zeugin, Euer Ehren. Ich würde ihr nur gerne mein Beileid aussprechen.« Als er sich setzte, kam aus der Zuschauermenge zustimmendes Gemurmel.
    Der Nächste, der aufgerufen wurde, war Clement Louvain. Rathbones Herz schlug schneller, und er ballte seine schweißnassen Hände zu Fäusten. Es hing mehr von ihm ab als nur das Leben eines Mannes. Wenn er zu sehr stocherte, zu viel fragte, verriet er womöglich die Bedrohung, die ganz Europa vernichten konnte. Und niemand im Saal wusste es, nur Louvain und er selbst.
    Louvain legte den Eid ab. Er sah müde aus, als wäre er die ganze Nacht wach gewesen, und die tiefen Falten in seinem Gesicht zeigten den inneren Kampf, den er ausfocht. Rathbone überlegte kurz, ob sich darin auch der Tod von Ruth Clark spiegelte.
    Die Anklage befragte Louvain zu der Entdeckung von Hodges Leiche und der Beschreibung der schrecklichen Wunde an seinem Hinterkopf.
    Â»Und warum haben Sie nicht die Polizei gerufen, Mr. Louvain?«, fragte der Anklagevertreter sanft.
    Rathbone wartete.
    Louvain schwieg.
    Der Richter starrte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
    Louvain räusperte sich. »Ein Teil meiner Ladung war gestohlen worden. Ich wollte sie wiederhaben, bevor meine Konkurrenten davon erfuhren. So etwas ruiniert das Geschäft. Ich habe einen Mann beauftragt, sich darum zu kümmern. Er ist Gould auf die Schliche gekommen.«
    Â»Das war Mr. William Monk?«
    Â»Ja.«
    Der Tonfall des Anklagevertreters war hörbar sarkastisch. »Und jetzt, wo Sie Ihre Ladung wiederhaben, sind Sie bereit,
mit dem Gesetz und der Bevölkerung von London, ganz zu schweigen von Ihrer Majestät, zu kooperieren und uns dabei zu helfen, Gerechtigkeit walten zu lassen. Habe ich das richtig verstanden, Mr. Louvain?«
    Louvain verzog das Gesicht vor Wut, aber er konnte nichts tun. Während er ihn so beobachtete, bekam Rathbone ein Gefühl für die Macht dieses Mannes und seine Willensstärke, und er war froh, dass nicht er einen solchen Zorn auf sich gezogen hatte.
    Louvain lehnte sich über das Geländer des Zeugenstands. »Nein, das haben Sie nicht«, knurrte er wütend. »Sie haben keine Ahnung von dem Leben auf See. Sie kleiden sich gepflegt und essen das Essen, das Ihnen von einem Diener serviert wird, und Sie haben außer mit Worten nie wirklich einen Kampf ausgetragen. Ein Tag auf dem Fluss, und Sie würden sich vor Angst in die Hose machen. Ich habe den Dieb gefangen, und ich habe meine Fracht wieder, und das habe ich erreicht, ohne dass irgendjemand dabei zu Schaden kam, und es wurde weder Steuergeld dafür aufgewandt, noch hat ein Polizist seine Zeit dafür geopfert. Was wollen Sie denn noch?«
    Â»Dass Sie sich an das Gesetz halten wie jeder andere auch, Mr. Louvain«, antwortete der Anklagevertreter. »Aber vielleicht wollen Sie mir erzählen, was genau Sie antrafen, als Sie auf Ihr Schiff kamen, die ›Maude Idris‹, und die Leiche von Mr. Hodge entdeckten.«
    Louvain sagte das aus, worum er gebeten worden war, und der Anklagevertreter dankte ihm und forderte Rathbone auf, den Zeugen zu befragen, falls er das wünschte.
    Â»Vielen Dank«, sagte Rathbone höflich und wandte sich Louvain zu. »Sie haben die Szene sehr lebendig beschrieben, Sir, das schwache Licht im Laderaum, sodass es nötig war, eine Laterne mitzunehmen, die Höhe der Stufen. Wir haben das Gefühl, wir wären bei Ihnen gewesen.«
    Der Richter beugte sich vor. »Sir Oliver, wenn Sie eine Frage haben, dann stellen Sie sie bitte. Es wird spät.«

    Â»Ja, Euer Ehren.« Rathbone wollte sich nicht hetzen lassen, sein Tonfall war entspannt, fast beiläufig. »Mr. Louvain, ist es wirklich so schwierig, den Niedergang zum Laderaum hinunterzusteigen, wie Sie es anzudeuten scheinen?«
    Â»Nicht, wenn man daran gewöhnt ist«, antwortete Louvain.
    Â»Und nüchtern ist, nehme ich an?«, fügte Rathbone hinzu.
    Louvains Schultern spannten sich unter dem Stoff der Jacke an, und seine Hände an dem Geländer sahen aus, als würden sie jeden Augenblick das Holz zerquetschen. »Ein Betrunkener könnte leicht eine Sprosse verpassen«, räumte er ein.
    Â»Und ein ganzes Stück runterfallen. Ich glaube, mich zu erinnern, dass Sie zweieinhalb bis

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