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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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er umgebracht hatte.
    Der Geruch war viel schlimmer, als er erwartet hatte. Als würde die Luft mit jedem Schritt hinunter immer dicker.
    Louvain blieb stehen. Monk hörte seinen keuchenden, gequälten Atem. Er schaute auf Louvains Gesicht hinunter und sah, dass ihm der Schweiß auf der Haut stand, die Augen lagen in dunklen Höhlen.
    Â»Weiter!«, befahl Monk. »Was ist los? Können Sie sie riechen?« Als er an Louvain vorbei in die offene Bilge schaute, wo Durban die Bohlen entfernt hatte, hob sich sein Magen so heftig, dass er auf dem Niedergang fast das Gleichgewicht verloren hätte. Die »Maude Idris« schaukelte im Kielwasser eines vorbeifahrenden Schiffes, und das Wasser in der Bilge schwappte auf und trug den aufgedunsenen Kopf und die Schultern eines toten Mannes mit sich. Seine Augäpfel waren zerfressen und sein Gesicht verwest, aber die fürchterliche klaffende Wunde in seinem Hals war immer noch deutlich zu sehen, und der Gestank war so überwältigend, dass Monk fast die Sinne schwanden.

    Â»Das ist Ihre Mannschaft, Louvain!«, sagte Monk und keuchte, um nicht in Ohnmacht zu fallen. »Können Sie die Pest riechen? Das ist der schwarze Tod!«
    Sie hörten das Scharren kleiner Pfoten und Gequieke, und dann fiel eine Ratte platschend in die Bilge.
    Louvain schrie und stürzte nach oben, die Laterne entglitt seiner Hand. Louvain schrie immer noch.
    Monk machte sich auch auf den Rückweg, er brauchte dringend frische Luft. Panik wallte in ihm auf, unfassbares Entsetzen über das, was unter ihm im Dunkeln lag, und über den Verrückten vor ihm.
    Er sah, dass der quadratische Fleck Himmel sich einen Augenblick verdunkelte, als Durban sich an den Abstieg machen wollte.
    Â»Wir kommen hoch!«, rief Monk. »Alles in Ordnung!«
    Durban zögerte.
    Louvain kam näher, und Monk bemerkte es eine halbe Sekunde zu spät. Aus dem Augenwinkel erfasste er eine Bewegung, und dann hatte Louvain auch schon die Arme um ihn geschlungen und klammerte sich so fest an ihn, als wollte er sämtliche Luft aus ihm herauspressen, ihm die Rippen brechen und Lunge und Herz zerquetschen.
    Es gab kein Entkommen. Mit aller Kraft mühte Monk sich, ihn abzuschütteln, doch Louvain ließ nicht los. Monk drehte sich zur Seite und biss Louvain, so fest er konnte, ins Handgelenk. Er spürte, wie seine Zähne die Haut durchstießen und sein Mund sich mit Blut füllte.
    Louvain schrie auf, und sein Griff lockerte sich, aber er war blind vor Entsetzen. Er holte zum Schlag gegen Monk aus, aber Monk duckte sich weg, und der Schlag streifte ihn nur an der Schulter.
    Â»Sie haben ihnen die Kehlen durchschneiden lassen!«, keuchte Monk. »Sogar dem Schiffsjungen!«
    Â»Sie wären sowieso gestorben, Sie Idiot!«, sagte Louvain mit zusammengebissenen Zähnen und wollte mit beiden Händen
Monks Hals packen. »Aber das hätte ich ja wohl schlecht herumerzählen können. Wenn Sie den Mut dazu hätten, hätten Sie das Gleiche getan!«
    Â»Ich hätte mit dem Schiff den Hafen wieder verlassen!« Monk holte mit geballter Faust aus, und Louvain duckte sich, wodurch er Monk näher kam, sodass sie sich ineinander verkrallten.
    Â»Und meine Ladung verloren?«, antwortete Louvain und stöhnte vor Anstrengung. Der Schweiß lief ihm über das Gesicht. »Ich brauche diesen Klipper. So ging’s schneller – besser, als an der Pest zu sterben. Ich dachte, das würden Sie verstehen.« Er schlug mit aller Kraft nach Monk, erwischte ihn aber nur an der Hüfte statt im Magen.
    Monk stöhnte vor Schmerz. »Aber Sie haben Ihre Schwester in die Portpool Lane gebracht, und sie hat dort andere Frauen mit der Pest angesteckt!«
    Â»Und jetzt hat London ein paar Huren weniger«, erwiderte Louvain. »Ich wusste, dass Ihre Frau dafür sorgen würde, dass sie sich nicht ausbreitet. Ich konnte Charity nicht umbringen – sie war meine Schwester!«
    Monk trat, so fest es ging, nach hinten aus und traf Louvain in den Bauch. Als Louvains Griff sich für einen Augenblick lockerte, schlug Monk mit der ganzen Kraft des Zorns, der in ihm war, dem Entsetzen und der Angst, die ihn in den vergangenen Wochen Tag und Nacht gequält hatten, zu.
    Louvain taumelte und holte aus, um zurückzuschlagen. Er schwankte ein paar wilde, schreckliche Sekunden auf dem Niedergang, stürzte dann mit fuchtelnden Armen und Beinen hinunter

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