Schwarze Verführung: Die Herren der Unterwelt 9 (German Edition)
sich zu erinnern. Das würde sie niemals vergessen.
Sie hatte ihn kaum sehen können, hatte die Dunkelheit gebraucht, um sich zu entspannen. In stetigem Wechsel hatte er sie angefahren, sie gehasst, sich gehasst – und ihr geholfen, die Hüften bewegt, um ihre Lust zu steigern. Doch jetzt sah sie seine Gedanken. Ein Teil von ihm hatte gehofft, sie danach bestrafen zu können. Ein Teil von ihm – der am tiefsten verborgene, geheimste Teil von ihm – hatte sie festhalten und nie wieder loslassen wollen. Sie war Balsam für seine Seele gewesen.
Übelkeit stieg in ihr auf. So wunderschöne Dinge hatte er über sie gedacht, und trotzdem hatte sie ihn verteufelt.
Ungeduldig warf sich Zorn von innen gegen ihre Stirn, drängte sie voran. Wollte mehr sehen, alles sehen. Mit schweren Füßen stolperte sie weiter.
Andere Szenen überlagerten das Bild von ihr und Paris, und irgendjemand musste am Lautstärkeregler gedreht haben, denn plötzlich hörte sie Keuchen, Stöhnen und Schreie. Schreie der Lust, der Schmerzen und sogar der Wut. Anschuldigungen wurden ihm an den Kopf geworfen, gefolgt von flehentlichen Bitten.
Auf die Bitten folgten Flüche.
Manchmal, wenn Paris niemanden fand, der mit ihm schlafen wollte, schwanden seine Kräfte, sein Lebenswille ließ nach, und sein Dämon übernahm das Ruder. Ein dunkler, köstlicher Duft strömte ihm aus allen Poren, berauschte jeden in seiner Nähe, lockte sie näher. In Massen kamen sie dann zu ihm, ungeachtet ihrer vorherigen Vorbehalte ihm gegenüber oder ihrer Abneigung gegen bedeutungslosen Sex. Sie nahmen ihn – oder erlaubten ihm, sie zu nehmen.
Wenn das geschah, kämpfte Paris jedes Mal mit überwältigenden Schuldgefühlen, denn er wusste, wie niederträchtig das war, was er tat – und nahm trotzdem, was er kriegen konnte.
Jene Sexpartner weinten nicht, wenn er ging. Sie beobachteten ihn mit verengten Augen, verabscheuten ihn, schämten sich für das, was sie mit ihm getan hatten. Erwarteten mit Grauen, den Respekt eines geliebten Menschen zu verlieren.
Er hatte Ehen zerstört und sexuelle Praktiken vollzogen, bei dem es ihm kalt den Rücken hinunterlief. Dann hatte er anderen gestattet, dieselben Praktiken an ihm zu vollziehen. Als eine Art Strafe, nahm sie an. All das hätte sie sich auch denken können. Aber was sie sprachlos machte? Er selbst hasste sich viel stärker, als es je einer der Menschen hätte tun können.
Oh Paris, dachte sie. Er war Himmel und Hölle, genau, wie Zorn gesagt hatte, alles in einem sündhaft verlockenden Paket.
Sienna wollte sich die Augen zuhalten, um diese Bilder auszublenden. Sie wollte schreien und schreien und schreien, um die Geräusche zu übertönen. Alle weinten nun, selbst Paris. Ihre Tränen strömten von der Decke, regneten auf sie herab. Doch ihre Hände blieben an ihren Seiten, ihr Mund blieb geschlossen, ihre Füße bewegten sich automatisch. Ihr Körper war nicht länger mit ihrem Gehirn verbunden.
Zorn wollte, dass sie es erfuhr, also würde sie es erfahren. Wieder wurde es lauter, und zu ihrer Linken ertönte ein Schrei, bei dem ihr das Blut in den Adern gefror. Ihr wurde übel. Die Tränenströme versiegten. Wieder erklang ein Schrei, und dann erwachte eine Schlachtenszene nach der anderen zum Leben. Blut, alles voller Blut. Bedrohlich schimmernde Klingen. Waffen, die Schuss um Schuss abfeuerten. Explosionen. Abgetrennte Gliedmaßen, spritzende Gedärme. Tod, so viel Tod. Und jeder einzelne von Paris herbeigeführt.
Paris, der FedEx-Bote der Lust und des Todes.
Hier gab es jedoch keine Schuld. Keine Scham. Nur kalte,harte Logik. Töten oder getötet werden. Kein Raum für Gefühle oder Reue. Keine Hoffnung auf etwas Besseres. Dies waren die Regeln, nach denen er auf ewig spielen musste: Kämpfe um das, was du willst, oder leg dich in die Ecke und stirb.
Er würde sich nicht in die Ecke legen und sterben.
Obwohl Siennas Dämon Paris auf einer gewissen Ebene zu mögen schien, hegte er trotzdem die Hoffnung, den Krieger bestrafen zu können für all die Untaten, die er begangen hatte. Zorn drängte sie, mit Paris zu schlafen und ihn dann zu verlassen. Ihm das Herz zu brechen. Ihn schluchzend um eine zweite Chance mit ihr flehen zu lassen. Danach sollte sie ihn natürlich erdolchen, ihm Schmerzen zufügen, wie er es mit so vielen anderen getan hatte.
Nein! Nein, nein, nein. Sie riss sich los von der seltsamen Fessel, mit der Zorn ihren Willen an seinen band, und legte sich die Hände flach auf den Bauch –
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