Schwarzer Koks (German Edition)
später saßen sie neben Manuel, der eine Zeitung vor sich hatte. Nathan sah sich nach den Ausgängen um. Kein Mensch achtete auf sie.
»Und?«, sagte er.
Manuel wies auf die Zeitung vor ihm. »Sag du mir, was passiert ist.«
Nathan fasste sein Erlebnis in der Kanalisation zusammen.
Manuel nickte. »Die gesamte ASI ist hinter dir her. Sie haben sogar die Polizei auf dich angesetzt. Es heißt, du bist ein Terrorist.«
»Woher weißt du denn das?«
»Informanten.«
»Was sagen sie denn sonst noch so?«
»Die Produktion von schwarzem Koks steigt. Und die Front probt den Aufstand.« Manuel schlug die Zeitung auf und reichte sie Nathan. »Hier, lies.«
In einem Artikel auf der Titelseite war von einer Reihe von Bombenattentaten mitten in Bogotá, Medellín und Cali die Rede. Alle während der letzten beiden Tage. Vor Gebäuden der öffentlichen Verwaltung waren Autos voll Ammoniumnitrat und Propangas explodiert. Fünfzehn Menschen waren bereits umgekommen, sechsundzwanzig verletzt. Ein großes Farbfoto zeigte eine Frau mit einem blutenden Kind im Arm, dahinter Rettungswagen mit blinkendem Blaulicht. Ein kleineres Foto zeigte ein Gebäude, von dem kaum mehr als Trümmer übrig waren. Nathan erkannte es auf der Stelle.
»
El Tiempo?
«, fragte er.
»Gestern Abend. Fast völlig zerstört.«
»Du denkst, dass Amonite dahintersteckt?«
»Wir sind sicher.« Manuel rieb sich sein gutes Auge. »Sie und die ASI. Sie versuchen das Land zu destabilisieren.«
»Aber warum?«
»Weiß ich nicht.«
Nathan schob die Zeitung zurück auf den Tisch. Die Lage verschlimmerte sich von Tag zu Tag.
»Hast du nicht was von einer guten Nachricht gesagt?«
Manuel holte einen Stadtplan von Bogotá aus der Gesäßtasche und breitete ihn auf dem Tisch aus. Es war die typische Touristenkarte. Mit beiden Händen strich er sie glatt.
»Den hatte der Typ dabei, den Lucia aufgegabelt hat.« Er wies auf eine Stelle, die mit einem kleinen Kreuz markiert war. An den Rand stand etwas geschrieben. »Rate mal, was das hier ist.«
»Woher soll ich das wissen?«
»Das Hauptquartier der Front in Bogotá.«
»Woher willst du das wissen?«
»Es passt haargenau in meine Ermittlungen«, sagte Manuel mit gesenkter Stimme. »Nathan, ich habe nicht grade faul rumgesessen, während du weg warst. Ich habe mit anderen Campesinos gesprochen, den Widerstand organisiert. Alle Welt behauptet, dass die Front eine Basis in Bogotá hat. Nur weiß niemand wo.«
Nathan studierte den Plan. Das schien ihm alles zu einfach.
Er faltet den Plan zusammen und steckte ihn ein. »Ich werd mir das ansehen.«
Eine halbe Stunde später stand Nathan in seinem Hotel vor dem Spiegel und rasierte sich. Der Bart machte ihn zur Zielscheibe. Die Front suchte nach einem Briten, der wie ein Hippie rumlief. Er schippte büschelweise Haare aus dem Waschbecken und warf sie in den Abfalleimer. Dann steckte er den Haarschneider ein, den er ein Stück die Straße hinauf gekauft hatte, und rasierte sich den Kopf. Zwei Millimeter ließ er stehen. Er betrachtete sich im Spiegel. Er sah zehn Jahre jünger aus.
Er ging in die Lounge, in der es ein üppiges Ledersofa und einen Großbildfernseher gab. Sie hatten das Hotel gewechselt. Sie wohnten jetzt in einer Pension in Quinta Camacho, einem Bezirk, der laut Lucia einer der sichersten von Bogotá war. Wie auch immer, sie hatten hier zu dritt viel mehr Platz. Darüber hinaus war ein häufiger Ortswechsel grundsätzlich eine gute Idee.
Nathan legte eben die dunkelbraune Lederjacke an, die Lucia ihm gekauft hatte, als es zweimal kurz klopfte, dann einmal, dann wieder zweimal. Er öffnete die Tür einen Spaltbreit. Lucia trug ein Jeanshemd über einer cremefarbenen Hose; ihr Oliventeint leuchtete im Licht auf dem Flur.
Sie machte große Augen, als sie ihn sah. Dann lächelte sie. »Wow. Bist du soweit?« Sie schlüpfte an ihm vorbei und schloss die Tür hinter sich. Sie setzte eine Plastiktüte mit Lebensmitteln auf dem Esstisch ab.
Nathan nickte. Nur mit Mühe löste er den Blick von ihr.
»Hast du Hunger?« Sie holte einen Brotring aus der Tüte. »Diese
pandebonos
sind wirklich gut. Eine kolumbianische Spezialität. Maismehl, Maniok, Käse und Eier. Solltest du mal probieren.«
»Nein, danke.«
»Und die
empanada
?« Sie kramte in der Tasche und brachte eine gefüllte Teigtasche zum Vorschein. »Ich habe hier eine mit Huhn und Reis. Meine Lieblingsspeise als Kind. Ich habe nichts anderes gegessen. Morgens, mittags, abends. Hat Mama
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