Schwarzer Koks (German Edition)
Eichentisch.
»A-hm.«
Die Männer verstummten auf der Stelle, als hätte ihnen jemand einen Kricketschläger übergezogen. Verlegene Blicke wischten durch den Raum. Nathan fuhr in seinem Sessel herum.
Sir George Lloyd-Wanless stand in der Tür, sein gewellter Silberschopf in starkem Kontrast zu seinem tief gebräunten Gesicht. Ein eng geschneiderter marineblauer Anzug betonte seine Figur, als wollte er darauf hinweisen, dass man auch in seinem Alter in Form bleiben konnte. Eine blutrote Krawatte mit einem komplexen Wappen prangte wie eine Wunde auf seiner Brust. Sein Blick blieb einige Sekunden an jedem der Anwesenden hängen, ein enttäuschter General, der schweigend seine widerspenstigen Offiziere schalt.
Er schritt an den Platz am Kopf des Tisches. Lautstark warf er seine Aktenmappe vor sich auf den Tisch und stieß damit eine Wasserflasche um. Einer der Männer beeilte sich, sie zu stoppen, als sie davonrollte.
Eine Hand legte sich auf Nathans Schulter.
»Nathan, schön, dich zu sehen«, hörte er die sanfte Stimme von Cedric Belville. Nathan entspannte sich im Umdrehen. Cedric nickte allen höflich zu, als er seinen Platz einnahm. Seine untersetzte Gestalt wirkte noch kleiner neben der von Sir George. Aus seinen buschigen Brauen standen lange Haare hervor wie die Antennen der schwarzen Käfer im Dschungel. Mit seinem grünen Tweed-Jackett und dem offenen Hemd wirkte er eher wie ein Universitätsprofessor als der Generaldirektor der Serious Organised Crime Agency. Ein Kollege hatte einmal gesagt, Cedric sei so klein und rund, dass man ihn einen Hügel hätte hinabrollen können wie einen Schneeball.
»Herr Vorsitzender, Herren des Vorstands.« Cedric machte eine Geste durch den Raum. »Lassen Sie mich Ihnen unseren Staragenten vorstellen, den Mann, der Don Camplones zur Strecke gebracht hat: Nathan Kershner.«
Nathan zeigte ein peinlich berührtes Lächeln. Die sechs Männer nahmen ihn mit einem feierlichen Nicken zur Kenntnis. Sir George schlug den Bericht vor sich auf.
»Nathan, du kennst ja jeden hier. Ich erspare mir also die Vorstellung«, sagte Cedric mit einem verschmitzten Grinsen. »Wir haben eine volle Tagesordnung.« Seine Hand machte eine Drehbewegung. »Na dann schieß mal los.«
Nathan ging in den hinteren Teil des Raums und baute sich neben einer ausziehbaren Leinwand auf. Er nahm die Fernbedienung für den Projektor zur Hand. Verlegen trat er von einem Bein aufs andere. Sein Blick glitt die Front seines zerknitterten grünen Hemds hinab. Es war voller Kaffeeflecken.
»Deinen Bericht haben alle gelesen«, sagte Cedric. »Ein Abriss genügt also fürs erste.«
»Na schön.« Nathan räusperte sich. »Sie alle sind sich des kometenhaften Aufstiegs der Front 154 bewusst. Ich will mich hier also auf ihren jüngsten Einmarsch in Südkolumbien konzentrieren, wo sie die vorgelagerte Lieferkette kokainbasierter Drogen unter ihre Kontrolle zu bekommen versucht.«
»Kokainbasiert?«, fragte einer der Ressortleiter, ein großer Mann mit grauem Schnurrbart und runder Brille.
»Kann ich darauf zurückkommen? Einen Augenblick, ja? Ich möchte zuerst für Kontext sorgen.« Nathan drückte auf einen Knopf an der Fernbedienung und trat beiseite. Eine politische Karte von Mittel- und Südamerika erschien auf der Leinwand.
»Die Front 154 operiert hauptsächlich von Kolumbien aus, obwohl wir davon ausgehen, dass die Verbindungen weiterreichen, möglicherweise nach Mexiko.« Mithilfe des Laserpointers an der Fernbedienung hob er die relevanten Staaten heraus.
»Sie liefert sich einen brutalen Krieg mit den anderen Drogenkartellen. Einen Krieg, den sie gewinnt.«
Nathan klickte weiter. »Das hier ist ein kleines Dorf in Putumayo, einem der Hauptanbaugebiete für Koka. Die Provinz wird von den
narcotraficantes
kontrolliert. Vor sechs Tagen hat ein Todeskommando das Dorf hier angegriffen und alle Bewohner umgebracht, Männer, Frauen, Kinder.«
Er verweilte einen Augenblick bei dem Foto des niedergebrannten Dorfes mitten im Dschungel. Die Abteilungsleiter saßen mit steinernen Gesichtern da. Sie sahen so etwas nicht zum ersten Mal. Sir George warf einen Blick auf seine goldene Uhr.
Nathan klickte weiter. »Das Foto hier zeigt einen Angriff der Front 154 auf ein Koka-Camp. Achten Sie auf die Lynx-Helikopter aus britischer Produktion.«
Sir Georges Stimme durchschnitt den Raum. »Wie sind Sie zu diesen Fotos gekommen, junger Mann?«
»Selbst geschossen, Sir. Steht alles in meinem Bericht.«
»Die
Weitere Kostenlose Bücher