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Schwarzer Koks (German Edition)

Schwarzer Koks (German Edition)

Titel: Schwarzer Koks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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Bewegung in den Verkehr. Die Nachrichtensprecherin hatte einen Gast am Telefon.
    »Sir George Lloyd-Wanless, wie reagieren Sie als Chef der Serious Organised Crime Agency auf die Vorwürfe, die SOCA nehme die Bedrohung durch die Front 154 nicht ernst genug?«
    »Unsinn. Überhaupt, von wem sollte dieser Vorwurf denn stammen?«
    »Ich… ich kann meine Quellen hier nicht preisgeben.«
    »Dann, meine Gute, sollten Sie keine unbegründeten Anschuldigungen erheben.«
    »Es war jedenfalls jemand aus der Chefetage der SOCA.« Die Nachrichtensprecherin pausierte einen Augenblick. »Haben Sie Pläne, der Front Einhalt zu gebieten?«
    »Wir sind im Begriff, eine Spezialeinheit einzurichten. Die mir persönlich unterstellt ist.«
    »Und die unternimmt was?«
    »Darauf kann ich aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht eingehen.«
    Nathan schüttelte ungläubig den Kopf. Er war Sir George nur einmal begegnet, auf einer internen Party im vergangenen Jahr. Er war damals gerade berufen worden. Er war ihm wie ein Brite alter Schule vorgekommen, ein ehemaliger General des Heeres, der es gewohnt war, andere in seinem nobligen Akzent herumzukommandieren, ohne lange debattieren zu müssen. In seiner Antrittsrede war es um nichts anderes gegangen als seine eigenen Leistungen: seine militärischen Erfolge im Falkland-Krieg, eine Zeit als britischer Botschafter in Kolumbien Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger, wo er im Alleingang Pablo Escobar und das Medellín-Kartell zur Strecke gebracht haben wollte, seine Jagd auf Al-Qaida beim Geheimdienst. SOCA war praktisch ebenso entsetzt wie einhellig zu ein und demselben Schluss gekommen: ein aufgeblasener, ichbesessener, aber skrupelloser Karrierist.
    Die Nachrichtensprecherin fuhr wacker fort: »Haben Sie herausgefunden, wer hinter der Schießerei gestern Abend im East End steckt?«
    »Wir haben unsere Spuren.«
    »Wie steht es mit den Gerüchten, die Front habe eine neue Sorte genetisch manipuliertes Kokain entwickelt?«
    »Wer hat Ihnen das gesagt?«, fuhr Sir George sie an. »Dieselbe Quelle?«
    »Ähm, ich kann das nicht preisgeben.«
    »Absurd. Die besten Labors der Welt bräuchten Jahre für eine erfolgreiche genetische Manipulation der Kokapflanze.«
    »Wer ist der Boss der Front 154?«, fragte die Nachrichtensprecherin.
    »Auch das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    Nathans Handy meldete sich. Er stellte das Radio ab.
    »Hi, Cedric.«
    »Wo steckst du?«
    »Im Verkehr. Ich höre mir gerade Georges Mist im Radio an.«
    »Mach hinne. Sie sind schon früher da.«
    Nathan legte auf. Den Kopf voll rasender Gedanken, nahm er die Busspur. Niemand wusste, wer hinter der Front stand. Sie mochte von ehemaligen Knastbrüdern gegründet worden sein, aber solche Leute verfügten nicht über das nötige Organisationstalent für das Management einer so rasch wachsenden Organisation. Da musste jemand anderes dahinterstecken, jemand mit weit mehr Macht. Nathan hatte das immer wieder intern vorgebracht, hatte aber keine Anhänger für seine Theorie gewinnen können. Amonite Victor gehörte ganz offensichtlich zur Führungsriege, aber hinter ihr mussten definitiv noch andere, einflussreichere Leute stehen. Was die genetische Manipulation der Kokapflanzen anbelangte, das würde das Labor bald bestätigen. Er hoffte inständig, dass Sir George Recht hatte, wusste aber letztlich, dass dem nicht so war.
    Nathan parkte den Wagen in einer kleinen Straße am U-Bahnhof Saint James’s Park. Er sprintete über die Straße, vorbei an dem rotierenden Logo von New Scotland Yard, und lief nach oben zu den SOCA-Büros.
    Er atmete tief durch und trat ein.

Kapitel 8
    Central London, England
5. April 2011
    Um Punkt 9.30 Uhr stürmte Nathan durch die Flügeltüren des Sitzungszimmers. Dort blieb er wie angewurzelt stehen, schwer atmend; nach fünf eilig genommenen Treppen stand ihm der Schweiß auf der Stirn.
    Sechs ergraute Häupter drehten sich überrascht nach ihm um.
    Mit einem gemurmelten »Hallo« glitt Nathan in den schwarzen Ledersessel direkt vor ihm.
    Die sechs Männer wandten sich wieder ab. Sie alle waren ehemalige Chefs der Polizei oder der Geheimdienste und unterhielten sich wie in die Jahre gekommene Jungs bei einem Klassentreffen. Alle trugen sie maßgeschneiderte Hemden und edlen Zwirn, goldene Manschettenknöpfe und die Krawatten altehrwürdiger britischer Schulen. Jeder hatte einen Stapel Papier – vermutlich Nathans Bericht – und eine Flasche Mineralwasser vor sich auf dem

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