Schwarzer Koks (German Edition)
vertieft.
Der General schwätzte etwas von angeblichen »Erfolgen« im vergangenen Jahr: ein »hochwirkungsvolles Koka-Begasungsprogramm«, die Zerstörung einer »Rekordzahl« von Dschungellaboren, die »Erstklassige« Ausbildung von ASI-Agenten durch britische und amerikanische »Sonderberater«, die »ungemein erfolgreiche« Initiative, alternative Anbaupflanzen zu fördern wie etwa Kaffee. Dazu waren hinter ihm Bilder von lächelnden Bauern zu sehen, beide Hände tief in Kaffeesäcken, sowie ASI-Agenten neben Stapeln von beschlagnahmtem Kokain.
»Das ist doch Bullshit«, sagte eine Frauenstimme mit dickem südamerikanischem Akzent.
Amonite drehte sich um. Eine schlanke junge Frau mit glänzendem dunklem Haar sah zu ihr auf. Sie wirkte wie eine Studentin in ihren Turnschuhen, der weiten Bluse, den Jeans.
»Wie meinen?«
»Die Kolumbianer behaupten, sie hätten die ASI eingerichtet, um einen Strich unter die Exzesse des früheren Geheimdienstes zu ziehen.« Der Blick haselnussbrauner Augen bohrte sich in Amonite. »Aber Zathanaís ist so korrupt wie nur irgendeiner. Wer den zum Chef der ASI gemacht hat, ist entweder wahnsinnig oder ein Genie.«
»Und wer sind Sie?«
»Lucia Carlisla.« Die Frau schob ihr eine energische Hand entgegen. »CEO von Kolumbianer gegen die Front.«
Amonite ignorierte die Hand. »Gegen die Front?«
Lucia deutete ein Nicken an. Ihre Augen funkelten. Sie ließ die Hand sinken.
Amonite öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder. Von irgendwelchen Kolumbianern gegen die Front hatte sie nie gehört. War das eine neue Kampagne? Sie richtete den Blick wieder auf die Bühne. Der General schimpfte eben knurrend über etwas und schüttelte dabei die gehobene Faust.
»Und Sie sind?«, fragte Lucia und beugte sich vor, um Amonites Namensschild zu lesen.
»Niemand.« Amonite bedeckte das Schild mit der Hand. »Wie sind Sie denn hier reingekommen?«
»Ich habe eine Karte beantragt.« Lucia zeigte eine Reihe blitzender Zähne. »Und man hat mir eine gegeben.«
»Was genau macht ihre Organisation denn?«
»Wir sind eine Initiative gegen paramilitärische Gruppen und Kartelle in Kolumbien, besonders die Front 154. Falls Sie von der gehört haben.«
Amonite schüttelte den Kopf.
»Die neueste Bande brutaler Gangster«, sagte Lucia. »Skrupelloser Abschaum. Mord, Entführung, Drogenhandel, Erpressung. Das ganze Programm.« Die braunen Augen fixierten Amonite erneut. »Sind wir uns schon mal begegnet?«
»Ich, äh… ich bin neu. Ich versuche nur zu lernen.« Amonite starrte geradeaus nach vorne. Der General wies auf den großen Bildschirm hinter ihm. Dort war ein Diagramm aufgetaucht, ein dicker Pfeil, Sinnbild für die Zunahme der Menge von beschlagnahmtem Kokain.
»Ha!«, sagte Lucia und wies nach vorn. »Das ist doch barer Unsinn. Letztes Jahr wollte der Drogenzar des Weißen Hauses mehr Kokain beschlagnahmt haben, als produziert wurde. Weil keiner von denen auch nur die geringste Ahnung hat, was der andere macht.«
Einige Leute an den umliegenden Tischen warfen Lucia missbilligende Blicke zu. Amonite ließ sie stehen. Ihr Zorn war plötzlich einer merkwürdigen Unsicherheit gewichen.
Aber Lucia rückte auf. »Sind Sie sicher, dass wir uns nicht schon begegnet sind? Sie kommen mir wirklich bekannt vor.«
Amonite wandte sich ab. Es war kaum wahrscheinlich, dass Lucia etwas über sie wusste. Selbst während ihrer Zeit bei Don Camplones und der mexikanischen Mafia hatte sie ihre wahre Identität für sich behalten. Man hatte sie nur als die geheimnisvolle, skrupellose Schlächterin von Juárez gekannt. Sie hatte hinter den Kulissen die Dreckarbeit erledigt, ganz im Gegensatz zu Don Camplones, der so extravagant wie mediengeil gewesen war.
Ihr kam ein Gedanke. Sie wandte sich wieder Lucia zu, aber die war nicht mehr da. Sie sah sich um und sah Lucias schlanken Körper auf eine zweiflügelige Tür zugehen. Amonite zeigte ihre Marke einem der Sicherheitsleute, der mit verschränkten Armen gegen die Wand gelehnt stand.
»Die Dame dort drüben.« Sie wies auf Lucia. »Sie sollte nicht hier sein.«
Der Sicherheitsmann zog die Stirn hoch.
»Überprüfen Sie sie«, sagte Amonite. »Sie werden sehen.«
Der Sicherheitsmann zögerte.
»Schnell, Sie Trottel.«
Der Sicherheitsmann eilte los.
Amonite schickte Sir George eine Textmessage. Dann schnappte sie sich einen Espresso vom Tisch an der hinteren Wand. Sie stürzte ihn hinunter und warf die Tasse auf das Tablett eines eben
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