Schwarzer Koks (German Edition)
schätz ich mal«, flüsterte Steve ihm mit einem Kichern ins Ohr. »Es hat sich herumgesprochen, dass schwarzer Koks mehr Bums hat als Crack. Jetzt will jeder was vom Kuchen abhaben.«
Leute hingen in Sesseln ab oder lagen auf dem Boden herum. Prostituierte hingen an den anscheinend betuchteren Süchtigen und bettelten um Drogen. Eine offene Kühlschranktür gab den Blick auf Kartons mit Durex, Spritzen und Crackpfeifen frei. Dazwischen stand eine halbleere Schüssel schimmeliger Pasta. Ein muskelbepackter Typ mit kahlem Schädel, Achselhemd und goldener Kette um den Hals blickte Nathan und Steve argwöhnisch an.
Nathan wandte sich an Steve. »Belassen wir’s bei der Aufklärung. Kommen wir morgen wieder.«
»Suchen wir Tony.«
Steve schob sich durch die Traube am Fuße der Treppe und stieg hinauf. Nathan folgte ihm. Er begann sich über seinen Kollegen zu ärgern. Sie drängten sich durch die Leute in ein Schlafzimmer, das sich schier bog unter den Crackern, die sich dort ihre Drogen hochzogen: auf dem Fensterbrett, auf dem Boden, wo immer sich eine ebene Stelle fand. Ein zerrissenes Poster des Films
Sin City
hing an der Wand.
In einer Ecke saß an einem Schreibtisch Tony vor einigen Waagen und gab gegen Bargeld Beutel mit schwarzem Pulver an eine Schlange von Süchtigen aus. Einer von ihnen sah sich um. Es war der Typ mit dem Guns N’ Roses-T-Shirt von der ersten Razzia.
»Die sind von der Schmiere!«
Er riss eine Pistole heraus.
Verdammt. Das war genau die Situation, die Nathan befürchtet hatte.
Er sprang den Typ im T-Shirt an und stieß ihn zu Boden. Die Pistole purzelte unters Bett. Tony fuhr herum. Er hatte ein Jagdmesser in der Hand. Die Süchtigen stoben auseinander, drängten sich durch die Tür, stürmten die Treppe hinab. Der Typ im T-Shirt stieß Nathan von sich weg und rannte ebenfalls Richtung Tür. Nathan ließ ihn gehen. Er musste sich auf Tony konzentrieren. Tief geduckt, um für Tony nicht zu sehen zu sein, schwamm er durch die in Panik geratenen Gäste auf den Dealer zu.
Tony rief etwas. Das Messer vor sich gehoben, wich er in eine Ecke zurück. Nathan sprang ihn an. Tony stach nach ihm. Nathan zog den Bauch ein. Die Klinge erwischte seine Jacke. Er duckte sich seitwärts weg, packte Tonys Messerhand und drehte sie nach außen, bis der Ellbogen brach. Heulend vor Schmerz brach Tony zusammen. Das Messer klapperte zu Boden. Steve hob es auf und holte die Pistole unter dem Bett hervor. Es war eine Browning 9mm; er steckte sie in seinen Gürtel.
»Hast du gedacht, wir finden dich nicht?« Steve befingerte die Klinge, während er Tony ansah.
Der Raum hatte sich geleert. Sie hörten die Leute unten durch die Tür hinaus auf die Straße schwärmen wie Schaben aus einer brennenden Deponie.
Nathan ließ von Tony ab und trat einige Schritte zurück. Vielleicht hatte es ja doch sein Gutes gehabt, dass Steve da so einfach hatte reinplatzen wollen. Womöglich wäre Tony am nächsten Tag nicht mehr da gewesen. Jetzt hatten sie ihn; jetzt konnten sie ihn zum Sprechen bringen.
»Ich hör dich nicht«, sagte Steve und baute sich über Tony auf. »Mach den Mund auf.« Tony wimmerte, Tränen in den großen Augen. Seine Lippen waren blau, sein Kiefer bewegte sich mahlend. »Ich hab nichts gemacht.«
»Das kannst du dem Richter erzählen.«
»Das hier ist weder mein Stoff noch mein Haus.«
»Wir stellen Ihnen jetzt ein paar Fragen«, sagte Nathan. »Wenn Sie kooperieren, lassen wir Sie eventuell gehen. Wenn nicht…«
Tony zog sich auf seinen Stuhl. »Okay«, sagte er und umfasste seinen kaputten Arm.
»Sagen Sie uns was über den Toten, den wir gefunden haben.«
»Welchen Toten?«
Nathan stieß einen Seufzer aus. »Tony, das ist nicht kooperativ.«
»Ich hab doch keine Ahnung, wovon Sie reden.«
Steve gab Tony eine Ohrfeige. »Von der Leiche im Keller.«
»Keine Ahnung, Mann.«
»Was ist mit Amonite Victor?«, fragte Nathan. Tony beäugte das Messer in Steves Hand.
»Ich habe Sie was gefragt«, sagte Nathan.
»Nie von ihr gehört.« Tony versuchte aufzustehen. »Ich muss in ein Krankenhaus.«
Nathan stieß ihn zurück auf den Stuhl. Das gestaltete sich ziemlich frustrierend.
Steve wies auf den Haufen kleiner Beutel auf dem Schreibtisch. »Das hier könnte dir Jahre einbringen.«
»Ihr habt doch nicht mal eine Durchsuchungsgenehmigung.«
Steve grinste. »Mach dir da mal keine Sorgen, Sportsfreund.«
»Was wollt ihr denn von der?«
»Ist nicht dein Problem.«
»Sorry, ich kann euch
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