Schwarzer Mittwoch
fort. »Für seine Frau ja nicht.«
»Und für Misses Lennox auch nicht«, sagte Yvette. »Wie wir wissen, hatte sie eine Spirale.«
»Er kann trotzdem Kondome benutzt haben«, gab Riley zu bedenken.
»Wozu?«, fragte Karlsson.
Riley wirkte ein wenig verlegen, weil Karlsson ihn das fragte, obwohl er die Antwort doch eigentlich kennen sollte.
»Sie wissen schon«, antwortete er, »um sich von Ruth Lennox nichts einzufangen. Es heißt doch immer, wenn man mit einer Person schläft, schläft man auch mit all ihren anderen Sexualpartnern, und den Partnern dieser Partner und deren Partnern …«
»Ja, danke, wir haben es in etwa begriffen«, fiel Yvette ihm ins Wort.
Karlsson musste plötzlich an Sadie denken. Das Ganze war ohnehin schon schlimm genug. Es konnte doch wohl nicht sein, dass … Er verdrängte die Vorstellung sofort wieder. Schon der bloße Gedanke war unerträglich.
»Glaubt ihr, das war der Grund?«, fragte er.
»Nein«, antwortete Yvette in entschiedenem Ton. »Wären die Kondome für Ruth Lennox bestimmt gewesen, hätte er sie bestimmt in der Wohnung aufbewahrt, aber dort hat Munster keine gefunden. Es muss noch eine weitere Frau gegeben haben.«
»Klingt plausibel«, meinte Karlsson. »Die Frage ist, hat Ruth Lennox davon gewusst?«
»Die andere Frage ist, warum sie die Pillenpackung in ihrem Schrank hatte«, bemerkte Riley.
»Ich habe auch noch einmal über die Puppe nachgedacht«, sagte Yvette.
»Lassen Sie hören.«
»Wir gehen doch davon aus, dass sie für Ruth Lennox bestimmt und als Warnung gedacht war.«
»Ja?«
»Was, wenn sie doch Dora galt? Wir wissen, dass das Mädchen in den Monaten, die der Ermordung ihrer Mutter vorausgingen, in der Schule schlimm schikaniert wurde. Vielleicht sind für das mit der Puppe ja irgendwelche Jugendliche verantwortlich, die wussten, dass Dora krank war und allein im Haus.«
»Aus welchem Grund hätten die das tun sollen?« Riley klang ungehalten.
»Weil Kinder grausam sind.«
»Aber würden sie etwas derart Schreckliches tun?«
»Es wäre für sie nur eine Art Spiel«, entgegnete Yvette. Sie hörte selbst, wie bitter ihre Stimme klang, und lief vor Verlegenheit rot an.
»Vielleicht haben Sie recht«, antwortete Karlsson rasch, um nur ja kein peinliches Schweigen aufkommen zu lassen, »womöglich ziehen wir voreilige Schlüsse.«
»Die arme Kleine ist jedenfalls zu bedauern«, meinte Riley, »was auch immer der Grund gewesen sein mag.«
»Die Pillen gehörten Judith Lennox«, erklärte Frieda.
Sie hatte sich an diesem Morgen als Erstes zum Polizeipräsidium begeben. Karlsson bemerkte ihre Augenringe und ihren angespannten Gesichtsausdruck. Frieda wollte sich nicht setzen, sondern stellte sich stattdessen ans Fenster.
»Damit wäre zumindest eines der Rätsel gelöst.«
»Sie ist fünfzehn.«
»Es ist heutzutage nicht mehr so ungewöhnlich, dass eine Fünfzehnjährige bereits sexuell aktiv ist«, erwiderte Karlsson. »Wenigstens passt sie auf.«
»Ihr Freund ist viel älter, Ende zwanzig.«
»Das ist allerdings ein sehr großer Altersunterschied.«
»Judith hält es für möglich, dass ihre Mutter ihr auf die Schliche gekommen war.«
»Verstehe.«
»Ich dachte mir, du solltest das wissen. Ich habe Judith gesagt, dass ich die Information an dich weiterleite.«
»Danke.«
»Sein Name ist Zach Greene.« Sie verfolgte, wie Karlsson den Namen auf den Block kritzelte, den er vor sich liegen hatte.
»Möchtest du Kaffee?«
»Nein.«
»Geht es dir nicht gut?«
Sie überlegte ein paar Augenblicke, ob sie ihm von Dean erzählen solle – von ihrer Befürchtung, dass er bei Olivia im Haus gewesen war. »Das ist doch jetzt nicht wichtig«, antwortete sie schließlich.
»Ich finde schon.«
»Ich muss gehen.«
»Du arbeitest doch nicht schon wieder?«
»Nur ganz sporadisch.«
»Dann setz dich bitte ein paar Minuten hin und erzähl mir, was los ist.«
»Ich muss weg. Ich habe einiges zu erledigen.«
»Was denn?«
»Das würdest du nicht verstehen. Ich verstehe es ja selbst nicht.«
»Stell mich auf die Probe.«
»Nein.«
»Ich werde es bekommen.«
Sasha und Frieda saßen in einem kleinen Café am Regents Canal. Zwischen dem Treibgut und den Zweigen, die in dem braunen Wasser auf und ab wippten, schwammen Enten mit ihren Küken umher.
»Du hast dich entschieden.«
» Wir haben uns entschieden.«
»Das ist alles so schnell gegangen«, gab Frieda zu bedenken. »Vor einem Monat kanntest du ihn noch kaum.«
»Ich weiß – aber du
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