Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
Vom Netzwerk:
spreche doch jetzt mit Ihnen.«
    Frieda seufzte. Ihr dröhnte vor Müdigkeit schon der Kopf. »Mit jemand anderem, habe ich gemeint.«
    Sie machte Judith eine Tasse Tee, und für Dora, die vom Weinen erschöpft wirkte, heiße Schokolade.
    »Ich lasse euch ein Taxi kommen«, erklärte sie. »Euer Vater und eure Tante machen sich bestimmt schon Sorgen.«
    Judith schnaubte verächtlich.
    In dem Moment klingelte es erneut an der Tür.
    »Das wird Chloë sein«, meinte Frieda.
    »Ich mach ihr auf.« Sasha erhob sich und legte Frieda kurz eine Hand auf die Schulter, ehe sie den Raum verließ.
    Vor der Tür stand aber nicht Chloë, sondern Ted, allem Anschein nach ziemlich zugedröhnt.
    »Ist Chloë noch nicht da?«, fragte er, nachdem Sasha ihn in die Küche geführt hatte.
    »Nein, ich rufe deinen Schwestern gerade ein Taxi«, antwortete Frieda und legte die Hand über den Hörer. »Ihr könnt alle gemeinsam nach Hause fahren.« Sie nannte der Taxifirma ihre Adresse und legte auf.
    »Auf keinen Fall. Auf gar keinen Fall. Dad ist sturzbesoffen, und Tante Louise schäumt vor Wut. Ich schlafe heute Nacht nicht zu Hause.«
    »Also, ich dann auch nicht«, verkündete Judith. Aus ihren blauen Augen blitzten gleichzeitig Angst und Aufregung. »Und Dora auch nicht. Stimmt’s, Dora?«
    Dora starrte sie nur an. Sie wirkte völlig fertig.
    »Das Taxi ist in zirka fünf Minuten da. Dann fahrt ihr alle nach Hause.«
    »Nein«, widersprach Ted. »Ich kann da nicht hin.«
    »Du kannst uns nicht zwingen«, fügte Judith hinzu, die Frieda in ihrem aufgewühlten Zustand nun ebenfalls duzte. Dora ließ den Kopf wieder auf die Tischplatte sinken und schloss die Augen. Ihre Lider wirkten fast durchscheinend.
    »Nein, zwingen kann ich euch nicht«, antwortete Frieda. »Wo wollt ihr denn dann hin?«
    »Spielt das eine Rolle?«, entgegnete Ted.
    »Ja. Du bist inzwischen achtzehn, wenn ich richtig informiert bin, und außerdem ein Junge. Du kannst auf dich selbst aufpassen – zumindest theoretisch. Judith ist fünfzehn und Dora erst dreizehn. Sieh sie dir doch an. Habt ihr Freunde, bei denen ihr bleiben könnt?«
    »Können wir denn nicht hierbleiben?«, meldete Dora sich plötzlich zu Wort. »Hier fühle ich mich sicher.«
    »Nein«, erwiderte Frieda, die Sashas Blick spürte.
    Sie überlegte einen Moment, ob sie einen Teller nehmen und ihn an die Wand werfen sollte. Dann stellte sie sich vor, wie es wäre, nach einem Stuhl zu greifen und damit das Fenster einzuschlagen, um frische Luft in diese heiße Küche strömen zu lassen, in der es so intensiv nach indischem Essen, Schweiß und Trauer roch. Noch besser wäre, einfach aus dem Haus zu rennen und die Tür hinter sich zuzuknallen – dann wäre sie endlich wieder frei, draußen in der Aprilnacht, wo sie die Sterne und den Mond sehen und den leichten Wind auf der Haut spüren könnte. Sollten sich diese jungen Leute doch ohne sie mit ihren traurigen Problemen herumschlagen.
    »Bitte«, sagte Dora. »Wir sind auch ganz leise und machen keine Unordnung.«
    Ted und Judith schwiegen, musterten sie nur abwartend.
    »Frieda«, sagte Sasha in warnendem Ton. »Nein. Das ist dir gegenüber nicht fair.«
    »Eine Nacht«, entschied Frieda, »aber wirklich nur eine. Habt ihr mich verstanden? Bedingung ist, dass ihr sofort zu Hause anruft und eurer Tante und eurem Vater Bescheid gebt. Falls er in seinem Zustand überhaupt noch versteht, was ihr ihm sagt.«
    »Ja, das machen wir!«
    »Wenn das Taxi kommt, schicke ich es wieder weg, sage dem Fahrer aber, dass er euch morgen in aller Herrgottsfrühe abholen und nach Hause bringen soll. Ihr geht alle in die Schule. Ja?«
    »Wir versprechen es.«
    »Wo können wir schlafen?«, fragte Dora.
    Frieda musste an ihr schönes, ruhiges Arbeitszimmer unter dem Dach denken, wo inzwischen Chloës ganzes Zeug herumlag. Dann dachte sie an ihr Wohnzimmer mit den Regalen voller Bücher, dem Sofa neben dem Kamin, dem Schachtisch neben dem Fenster. Alles genau richtig. Ihr Refugium vor der Welt und all ihren Turbulenzen.
    »Hier entlang«, sagte sie und deutete in Richtung Gang.
    »Hast du Schlafsäcke?«
    »Nein.« Sie erhob sich. Ihr Körper fühlte sich so schwer an, dass es sie enorme Willenskraft kostete, sich überhaupt zu bewegen. Ihr Kopf pochte. »Ich hole euch ein paar Bettdecken und Laken. Als Kissen könnt ihr die Sofakissen nehmen. Auf dem Sessel liegen auch welche.«
    »Ich kümmere mich darum«, mischte Sasha sich in entschiedenem Ton ein. Sie betrachtete

Weitere Kostenlose Bücher