Schwarzer Mittwoch
Gemälde und Türen verschlungen und die Wände mit Ruß geschwärzt hatte. Dafür war Dean verantwortlich. Im Vorbeigehen hatte er einen benzingetränkten Lappen durch den Briefschlitz geworfen und ein Zündholz hinterherfallen lassen. Wir konnten ihm das doch nicht durchgehen lassen . In gewisser Weise hatte Bradshaw recht: Es war ihre Schuld.
Links vom Haus entdeckte sie ein kleines Tor. Als sie sich versuchsweise dagegenlehnte, stellte sie fest, dass es nicht abgeschlossen war und in den hinteren Garten führte. Zögernd betrat Frieda die Rasenfläche. Von dort konnte sie einen Bereich einsehen, wo sich einmal ein Wintergarten und eine Küche befunden hatten, nun aber nur noch Verwüstung herrschte. Frieda wollte sich gerade wieder abwenden, als sie etwas bemerkte, das sie innehalten ließ.
Dort drinnen stand Hal Bradshaw, bekleidet mit einem verknitterten Anzug und Gummistiefeln, und betrachtete in gebückter Haltung die verkohlten Überreste seines Hab und Guts. Er beugte sich hinunter und griff nach etwas, das offensichtlich mal ein Buch gewesen war, nahm es einen Moment in Augenschein und ließ es dann wieder fallen. Obwohl er ganz vorsichtig durch die dicke Schicht aus Asche stakste, wirbelte er sie durch jeden seiner Schritte ein wenig auf, so dass rund um ihn herum immer wieder Aschefetzen aufstiegen. Frieda registrierte, wie müde und erschöpft er wirkte.
Er wiederum schien ihre Anwesenheit zu spüren, denn plötzlich richtete er sich auf und wandte ihr den Kopf zu. Als ihre Blicke sich trafen, verhärtete sich seine Miene. Er riss sich sichtlich zusammen und wurde ganz schnell wieder der Hal Bradshaw, den sie kannte: beherrscht, souverän, gegen alle Angriffe gewappnet.
»Tja«, meinte er, »hier sieht es ganz schön aus, was? Sind Sie gekommen, um den Schaden zu begutachten?«
»Ja.«
»Warum?«
»Ich hatte einfach das Bedürfnis. Was suchen Sie denn?«
»Ach.« Er lächelte freudlos, hob einen Moment die rußigen Hände und ließ sie dann wieder sinken. »Mein Leben, schätze ich. Erst sammelt man jahrelang alles Mögliche, und dann, puff, ist es weg. Da fragt man sich natürlich, wofür das alles überhaupt gut war.«
Frieda trat in die Ruine seines Hauses und griff nach den Überresten eines Buchs, das sich unter ihren Fingern auflöste. Sie konnte richtig verfolgen, wie die Worte zu Asche und Staub zerfielen.
»Es tut mir sehr leid.«
»Ist das ein Geständnis?«
»Nein, ein Ausdruck des Bedauerns.«
Auf dem Weg zur U-Bahn schaltete Frieda ihr Handy ein und überflog die lange Liste der Anrufe und Nachrichten, die inzwischen eingegangen waren – größtenteils von Freunden und Bekannten, zum Teil aber auch von Leuten, die sie nicht kannte. Dort, wohin sie nun unterwegs war, erwartete sie jede Menge Trubel: Fragen, Kommentare und eine geballte Ladung Aufmerksamkeit, vor der ihr graute. Vorerst aber hatte sie noch ihre Ruhe, denn im Moment wusste kein Mensch, wo sie sich befand.
Trotzdem gab es jemanden, den sie anrufen musste.
»Karlsson. Ich bin’s.«
»Gott sei Dank! Wo bist du?«
»Auf dem Weg nach Tooting, ins Krankenhaus.«
»Dann treffen wir uns dort. Aber sag mir erst, ob es dir gut geht.«
»Ich weiß es nicht. Dir?«
Sie war vor ihm da und sah ihn durch die Drehtür in die Eingangshalle kommen. Mit großen Schritten eilte er auf sie zu, legte ihr zur Begrüßung kurz eine Hand auf die Schulter und blickte sie dabei prüfend an, als hoffte er, in ihrem Gesicht Antworten auf seine Fragen zu finden.
»Hör zu …«, begann er.
»Darf ich zuerst etwas sagen?«
»Typisch.« Er versuchte zu lächeln. Sein Mund zuckte. Er machte einen mitgenommenen Eindruck.
»Es tut mir leid.«
»Dir tut es leid!«
»Ja.«
»Aber du hattest recht, Frieda, du hattest ja so schrecklich recht.«
»Trotzdem habe ich mich nicht richtig verhalten. Dir gegenüber, meine ich. Dafür möchte ich mich entschuldigen.«
»Lieber Himmel, du brauchst dich doch nicht zu …«
»Trotzdem.«
»Wenn du meinst.«
»Warst du dort?«
»Ja.«
»Haben sie die vermissten Mädchen gefunden?«
»Dafür werden sie länger brauchen als nur eine Nacht. Aber ja, sie haben sie gefunden.«
»Wie viele?«
»Es ist noch zu früh, das zu sagen.« Er schluckte. »Auf jeden Fall mehrere.«
»Und habt ihr ihn auch …«
»Natürlich. Gerald Collier sagt nichts, kein Wort. Aber wir brauchen von ihm gar kein Geständnis. Sie waren in seinem Keller.«
»Der arme Fearby«, meinte Frieda leise. »Eigentlich
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