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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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gebühren die Lorbeeren ihm, nicht mir. Ich hätte aufgegeben, er aber nie.«
    »Ein alter, trunksüchtiger Schreiberling.« Karlssons Stimme klang bitter. »Und eine traumatisierte Therapeutin. Gemeinsam habt ihr ein Verbrechen aufgeklärt, von dem wir nicht mal ahnten, dass es existierte. Natürlich werden wir ab jetzt enorm effektiv arbeiten – nun, da es zu spät ist. Wir werden die sterblichen Überreste identifizieren, die armen Angehörigen informieren und den ganzen Lebensweg der Täter genau unter die Lupe nehmen. Wir werden alles herausfinden, was es über diese beiden gottverdammten Mistkerle herauszufinden gibt, die so viele Jahre ungestraft ihr Unwesen treiben konnten. Wir werden unsere Computer auf den neuesten Stand bringen und durch eine Untersuchung klären, wie es zu diesem Fiasko kommen konnte. Wir werden aus unseren Fehlern lernen. Zumindest werden wir das der Presse gegenüber behaupten.«
    »Seine eigene Tochter«, sagte Frieda. »Sie war diejenige, nach der ich gesucht habe.«
    »Tja, du hast sie gefunden.«
    »Ja.«
    »Ich fürchte, du wirst eine Menge Fragen beantworten müssen.«
    »Ich weiß. Ist es in Ordnung, wenn ich nachher aufs Präsidium komme? Vorher möchte ich zu Josef. Warst du schon bei ihm?«
    »Josef?« Ein kleines Lächeln erhellte Karlssons finstere Miene. »O ja, ich war schon bei ihm.«
    Josef hatte ein Zimmer ganz für sich allein. Er saß im Bett, bekleidet mit einem übergroßen Schlafanzug. Sein Kopf wies einen Verband auf, und sein Arm steckte in einem Gips. Neben ihm stand eine Krankenschwester mit einem Klemmbrett in der Hand. Er flüsterte ihr gerade etwas zu, und sie lachte.
    »Frieda!«, rief er. »Meine Freundin Frieda!«
    »Josef, wie geht es dir?«
    »Mein Arm ist gebrochen«, erklärte er, »richtig durchgebrochen, sagen sie. Aber schön glatt, so dass es gut heilen wird. Später kannst du mir was auf den Gips schreiben oder vielleicht eins von deinen Bildern darauf zeichnen.«
    »Tut es weh?«
    »Sie geben mir Medikamente gegen die Schmerzen. Ich habe schon Toast gegessen. Das hier ist Rosalie aus dem Senegal. Rosalie, das ist meine gute Freundin Frieda.«
    »Die gute Freundin, derentwegen Sie fast ums Leben gekommen wären.«
    »Ach was«, entgegnete er wegwerfend, »so schlimm war es auch wieder nicht!«
    Es klopfte. Reuben kam herein, gefolgt von Sasha, die einen Blumenstrauß in der Hand hielt.
    »Ich fürchte, Sie dürfen hier im Zimmer keine Blumen haben«, erklärte Rosalie.
    »Er ist ein Held«, widersprach Reuben energisch. »Er muss Blumen bekommen.«
    Sasha küsste Josef auf seine stoppelige Wange. Dann legte sie den Arm um Frieda und betrachtete sie voller Sorge.
    »Jetzt nicht«, sagte Frieda.
    »Ich hab dir ein bisschen Wasser mitgebracht.« Reuben zog eine kleine Flasche aus der Tasche und überreichte sie Josef mit einem vielsagenden Blick.
    Josef nahm einen Schluck, verzog kurz das Gesicht und bot die Flasche dann Frieda an, die jedoch dankend ablehnte. Sie setzte sich auf den Stuhl am Fenster, durch das man die Wand eines anderen Gebäudes und einen schmalen Streifen blassblauen Himmels sah. Frieda registrierte den Kondensstreifen eines Flugzeugs, doch für Sandy war es noch zu früh. Sie spürte Sashas prüfenden Blick, hörte Reubens Stimme und Josefs übermütige Antworten. Ein Assistenzarzt tauchte auf und ging wieder. Eine andere Krankenschwester erschien mit einem Rollwagen. Auf dem Gang hörte man Schritte und das Öffnen und Schließen von Türen. Draußen auf dem Fensterbrett ließ sich eine Taube nieder und starrte mit ihren Knopfaugen ins Zimmer. Sasha sagte etwas zu Frieda, und sie antwortete. Reuben stellte ihr eine Frage. Sie sagte Ja, Nein, das werde sie ihnen alles später erklären. Jetzt nicht.
    Sandy nahm sie in den Arm und drückte sie fest an sich. Sie spürte seinen Herzschlag und seinen Atem in ihrem Haar. Sie hatte ganz vergessen, wie gut er sich anfühlte – warm, verlässlich und stark. Nach einer Weile löste er sich von ihr und musterte sie. Erst als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte, dämmerte ihr langsam, wie sehr sie gezeichnet war von dem, was sie durchgemacht hatte. Es kostete sie viel Kraft, angesichts seines Mitleids und Entsetzens nicht den Kopf abzuwenden.
    »Was hast du getan, Frieda?«
    »Das ist die Frage.« Sie versuchte zu lachen, aber es klang hohl. »Was habe ich getan?«

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    F rieda hatte das seltsame Gefühl, sich als Schauspielerin auf einer Bühne zu befinden, allerdings in der falschen

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