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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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krank? Nein, sie ist ein bemerkenswert gesundes Kind.«
    »War sie nie im Krankenhaus?«
    »Nein. Warum?«
    Kara runzelte die Stirn. »Na ja, heute hat sie wieder über diese >Kleine Frau Doktor<-Spieltasche geredet und mir erzählt, dass sie Ärztin werden möchte, wenn sie erwachsen ist, weil sie sich dann im Krankheitsfall selbst behandeln kann. Sie sagte, sie wolle sich nie wieder von einem Doktor berühren lassen, weil sie einmal ganz schlimm von Ärzten verletzt worden sei. Ich habe sie gefragt, was sie damit meine, und sie schwieg eine ganze Weile, so dass ich schon dachte, sie würde mir keine Antwort geben. Aber schließlich erzählte sie mit angsterfüllter Stimme, dass irgendwelche Ärzte sie einmal an ein Krankenbett gefesselt hätten, damit sie nicht weglaufen konnte, und dann hätten sie lauter Nadeln in sie hineingesteckt und grelles Licht auf ihr Gesicht gerichtet und alle möglichen schrecklichen Dinge mit ihr gemacht. Sie sagte, die Ärzte hätten sie ganz schlimm verletzt, und deshalb würde sie selbst Ärztin werden und sich von jetzt an selbst behandeln.«
    »Aber das stimmt nicht«, erklärte Jorja. »Ich kann mir nicht vorstellen, warum sie eine solche Geschichte erfunden hat. Das ist wirklich seltsam!«
    »Oh, das Seltsame an der Sache kommt erst noch. Nachdem sie mir das alles erzählt hatte, war ich ziemlich besorgt. Ich war erstaunt, dass Sie mir nie etwas davon erzählt hatten. Ich dachte, wenn sie so krank gewesen ist, hätten Sie mich warnen müssen, für den Fall, dass es sich wiederholen würde. Deshalb habe ich sie ein bisschen ausgefragt -ganz beiläufig, so bringt man ein Kind ja am besten zum Reden -, und plötzlich brach das arme kleine Ding in Tränen aus. Wir waren gerade in der Küche und haben Plätzchen gebacken, und sie hat angefangen zu weinen und zu zittern. Sie zitterte wie Espenlaub. Ich versuchte, sie zu beruhigen, aber sie weinte nur noch stärker. Und dann hat sie sich von mir losgerissen und ist weggerannt. Ich habe sie im Wohnzimmer gefunden, in der Ecke hinter dem großen grünen Sessel, wo sie sich möglichst klein machte, so als wollte sie sich vor jemandem verstecken.«
    »Allmächtiger Himmel!« murmelte Jorja.
    »Ich hab' mindestens fünf Minuten gebraucht, um sie soweit zu beruhigen, dass sie nicht mehr weinte, und weitere zehn Minuten, um sie aus ihrem Versteck hinter dem Sessel hervorzulocken. Sie nahm mir das Versprechen ab, falls jene Ärzte sie jemals wieder holen wollten, dürfte sie sich hinter dem Sessel verstecken, und ich dürfte ihnen nicht verraten, wo sie sei. Wissen Sie, Jorja, sie war regelrecht hysterisch.«
    Auf der Heimfahrt sagte Jorja: »Das war ja eine tolle Geschichte, die du Kara erzählt hast.«
    »Was für eine Geschichte?« fragte Marcie, die knapp über das Armaturenbrett hinweg nach vorne schaute.
    »Die Geschichte von den Ärzten.«
    »Oh.«
    »Dass man dich ans Bett gefesselt hatte. Warum hast du sowas erfunden?«
    »Es ist wahr«, widersprach Marcie.
    »Nein, das ist es nicht.«
    »Doch!« Die Stimme des Mädchens war kaum mehr als ein Flüstern.
    »Das einzige Krankenhaus, in dem du jemals warst, ist jenes, in dem du zur Welt gekommen bist, und daran kannst du dich bestimmt nicht erinnern.« Jorja seufzte. »Vor einigen Monaten haben wir uns über das Lügen unterhalten. Weißt du noch, was mit Danny Duck passiert ist, als er gelogen hat?«
    »Die Wahrheitsfee ließ ihn nicht zur Party des Murmeltiers zu.«
    »Stimmt!«
    »Lügen ist etwas Schlimmes«, fuhr Marcie leise fort. »Niemand mag Lügner -am allerwenigsten die Murmeltiere und Eichhörnchen.«
    Diese Bemerkung war so entwaffnend, dass Jorja sich nur mit Mühe das Lachen verbeißen und ernst erklären konnte: »Niemand mag Lügner.«
    Sie mussten an einer roten Verkehrsampel anhalten, aber Marcie blickte weiterhin stur geradeaus, um ihrer Mutter nicht in die Augen schauen zu müssen. »Besonders schlimm ist es, Mommy oder Daddy anzulügen«, murmelte sie.
    »Auch jeden anderen Menschen, der dich gern hat. Und Geschichten zu erfinden, um Kara einen Schrecken einzujagen, das ist nichts anderes als schwindeln.«
    »Ich wollte ihr keinen Schrecken einjagen.«
    »Dann wolltest du eben ihr Mitleid erregen. Du bist nie in einem Krankenhaus gewesen.«
    »Doch!«
    »Ja?«
    Marcie nickte eifrig, und Jorja fragte: »Wann denn?«
    »Das weiß ich nicht mehr.«
    »Du kannst dich also nicht daran erinnern?«
    »Doch ... fast.«
    »Fast - das reicht nicht. Wo war denn dieses

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