Schwarzer Mond: Roman
dazu beitrug: Jorja. Er war apart. Viel zu apart. Ihre Mutter musste betrunken gewesen sein, als sie >Georgia< auf diese höchst originelle Weise geschrieben hatte. Wenn sie nach ihrem Namen gefragt wurde und mündlich antworten konnte, war alles in Ordnung, denn dann wussten die Leute nichts von der absonderlichen Schreibweise; aber sie musste ein Namensschildchen -JORJA -an ihrem Kostüm tragen, und tagtäglich machte mindestens ein Dutzend Männer darüber dumme Bemerkungen. In dieser ungewöhnlichen Schreibweise war es ein frivoler Name, und das brachte Männer auf die Idee, dass sie auch eine frivole Person sein musste. Sie hatte schon daran gedacht, die Schreibweise im Standesamt ändern zu lassen, aber das würde ihre Mutter kränken. Wenn die Kerle sie bei der Arbeit jedoch weiterhin derart belästigten, würde sie sich am liebsten >Mutter Teresa< als neuen Namen zulegen; vielleicht würde das die geilen Böcke etwas abschrecken.
Die Chefs und Kollegen abwimmeln zu müssen war jedoch noch nicht einmal das Schlimmste. Aber jede Woche legte mindestens ein betuchter Gast aus Detroit, Los Angeles oder Dallas ein Bündel Geldscheine auf den Tisch und bat den Chef, ihn mit Jorja zusammenzubringen. Manche der Bedienungen waren für solche Nebeneinkünfte zu haben -nicht viele, aber doch einige. Jorjas Antwort, wenn ihre Chefs sie in dieser Richtung zu bedrängen versuchten, lautete immer: »Zum Teufel mit ihm! Ich bin Kellnerin und keine Hure.«
Ihre kalte routinierte Abfuhr hielt ihre Chefs aber nicht davon ab, es immer wieder zu versuchen, wie zuletzt vor einer Stunde.
Ein Ölbonze aus Houston, ein Kerl mit Warzen im Gesicht und Froschaugen, in glänzenden gelben Hosen, blauem Hemd und roter Krawatte, einer der lukrativsten Gäste des Hotels, hatte ein Auge auf sie geworfen und sich an sie heranmachen wollen.
Sein Atem stank nach den burritos, die er zu Mittag gegessen hatte.
Und jetzt waren die Chefs wütend auf sie, weil sie einem hochgeschätzten Gast eine Abfuhr erteilt hatte. Rainy Tarnell, der bei der Tagschicht die Aufsicht führte, hatte die Frechheit besessen, ihr unumwunden zu sagen: »Sei doch nicht so zickig, Honey!«
Obwohl sie es hasste, im Casino zu bedienen, konnte sie es sich nicht leisten zu kündigen. Sie würde nirgends so gut verdienen. Sie war eine geschiedene Mutter, die ihre Tochter ohne Unterhaltszahlungen des Vaters aufzog, und um ihre Kreditwürdigkeit nicht zu verlieren, bezahlte sie immer noch Rechnungen ab, die Alan auf ihren Namen hatte ausstellen lassen, bevor er sie verlassen hatte. Sie musste deshalb mit jedem Dollar rechnen. Ihr Lohn war niedrig, aber die Trinkgelder waren hervorragend, besonders dann, wenn ein Gast beim Kartenspiel oder Würfeln große Gewinne erzielte.
An diesem Heiligabend war das Casino jedoch schlecht besucht, und die Trinkgelder fielen entsprechend mager aus. An Thanksgiving und Weihnachten war in Las Vegas nie viel los; der Rummel begann erst wieder am 26. Dezember.
Kein Wunder, dass ich schlechte Laune habe, dachte Jorja.
Wunde Füße, Rückenschmerzen, ein geiler Bock, der sich einbildet, er könnte mich bezahlen wie die Drinks, die ich serviere, ein Wortwechsel mit Rainy Tarnell und nicht einmal ordentliche Trinkgelder als Entschädigung für all diese Unannehmlichkeiten.
Als ihre Schicht um 16 Uhr beendet war, lief sie rasch nach unten in die Garderoben, steckte ihre Kontrollkarte in die Stempeluhr, schlüpfte aus ihrem Kostüm, zog ihre Straßenkleidung an und hastete zum Parkplatz für die Angestellten.
Das unberechenbare Wüstenwetter eignete sich nicht dazu, sie in Weihnachtsstimmung zu versetzen. Ein Wintertag in Las Vegas konnte kalt sein, mit eisigem Wind; ebensogut konnte es aber warm genug für Shorts und kurzärmelige Blusen sein. Und dieses Jahr war es sehr mild.
Ihr staubiger, mitgenommener Chevette sprang schon beim dritten Versuch an, worüber sie sich eigentlich hätte freuen müssen. Aber als sie das Knattern und Husten des Motors hörte, fiel ihr unwillkürlich der funkelnde neue Buick ein, den Alan vor 15 Monaten mitgenommen hatte, als er sie und Marcie verließ.
Alan Rykoff. Mehr als über ihren Job und alles andere ärgerte sie sich über Alan. Sie hatte nach der Scheidung seinen Namen abgelegt und ihren Mädchennamen -Monatella -wieder angenommen, aber die Erinnerungen an den Kummer, den er ihr und Marcie zugefügt hatte, ließen sich nicht so leicht ablegen.
Während sie vom Parkplatz auf die Straße hinter dem Hotel
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