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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Cobletz und ich. Wer außer uns dreien könnte etwas davon wissen? Und was versuchte der Brief ihm nun eigentlich mitzuteilen? Welches Geheimnis lag in seiner Vergangenheit begraben? Welches verdrängte Trauma oder vergessene Erlebnis lag seinem Somnambulismus zugrunde?
    Während er am Schreibtisch saß, in die Dunkelheit hinter dem Fenster starrte und sich verzweifelt den Kopf zerbrach, wurde er immer nervöser. Er verspürte ein schier übermächtiges Verlangen nach Valium, aber er widerstand ihm heldenhaft.
    Der Brief erregte seine Neugier, beschäftigte seinen Verstand, nahm sein logisches Denkvermögen in Anspruch. Er stellte fest, dass er imstande war, sich bei der Suche nach einer einleuchtenden Erklärung völlig auf dieses Problem zu konzentrieren, und dadurch brachte er die Willenskraft auf, den trügerischen Trost der Beruhigungsmittel zu verschmähen.
    Zum erstenmal seit Wochen fühlte er sich etwas besser. Er entdeckte, dass er - aller Hilflosigkeit zum Trotz, die er in letzter Zeit so bitter empfunden hatte - immer noch die Kraft besaß, den Kurs seines Lebens zu bestimmen und selbst zu lenken. Er hatte nur etwas Greifbares benötigt, an dem er sich orientieren und festhalten konnte - etwas wie diesen Brief.
    Er ging im Haus umher und dachte nach. Schließlich kam er auch zu einem Fenster an der Vorderfront, von dem aus er im bläulichen Licht einer Straßenlaterne seinen Briefkasten am Gehweg sehen konnte -eine Ziegelsäule mit eingemauertem Metallkasten.
    Da er in der Stadt ein Schließfach hatte, erhielt er unter seiner Adresse nur wenig Post -Wurfsendungen sowie gelegentlich Karten oder Briefe von Freunden, die manchmal vergaßen, sein Postfach anzugeben. Als er nun am Fenster stand, fiel ihm ein, dass er seinen Briefkasten an diesem Tag noch nicht geleert hatte.
    Er ging hinaus und schloss den Briefkasten auf. Abgesehen vom Rauschen der Bäume in der leichten Brise, war es eine ruhige Nacht. Der Wind brachte den typischen Meeresgeruch mit sich, und die Luft war kalt. Die Straßenlaterne war hell genug, dass er in ihrem Licht die Post durchsehen konnte: sechs Werbekataloge, zwei Weihnachtskarten ... und ein weißer Umschlag in Geschäftsbriefformat ohne Absender.
    Aufgeregt stürzte er ins Haus zurück, in sein Arbeitszimmer; unterwegs riss er schon den weißen Umschlag auf und zog ein einzelnes Blatt Papier heraus, das er an seinem Schreibtisch entfaltete.
    Der Mond.
    Keine anderen Worte hätten ihn dermaßen erschrecken können.
    Er hatte das Gefühl, als wäre er in das Loch des weißen Kaninchens aus >Alice im Wunderland< gefallen und stürzte nun in ein fantastisches Reich, in dem die Gesetze der Logik und der gesunde Menschenverstand außer Kraft gesetzt waren.
    Der Mond .
    Das war einfach unmöglich. Kein Mensch wusste, dass er mit diesen Worten auf den Lippen aus seinen Alpträumen aufgeschreckt war, dass er in panischer Angst immer wieder gerufen hatte: >Der Mond, der Mond, Mond ...< Und kein Mensch wusste, dass er beim Schlafwandeln diese Worte in seinen Computer eingegeben hatte. Er hatte weder Parker noch Cobletz etwas davon erzählt, weil er zu dieser Zeit schon mit der Tablettentherapie begonnen hatte und nicht zugeben wollte, dass es Rückfälle gab, dass die Tabletten vielleicht doch nicht das Allheilmittel waren. Außerdem jagten diese beiden Worte ihm zwar kalte Schauer über den Rücken, aber er verstand ihre Bedeutung nicht. Er wusste nicht, warum sie ihm eine Gänsehaut verursachten, und er spürte instinktiv, dass es unklug wäre, jemandem etwas von dieser Entwicklung zu erzählen, bevor er sie selbst durchschaute. Er hatte auch befürchtet, dass Cobletz die Tabletten absetzen und ihn statt dessen zur psychotherapeutischen Behandlung überweisen würde -und Dom war von den Beruhigungsmitteln abhängig gewesen.
    Der Mond.
    Niemand wusste etwas davon. Kein Mensch außer ... Dom selbst.
    Draußen, im Licht der Laterne, hatte er sich den Poststempel nicht angesehen. Jetzt stellte er fest, dass der Brief -im Gegensatz zu jenem, den er am Morgen erhalten hatte - ganz deutlich den Stempel NEW YORK, N.Y. und das Datum 18. Dezember trug. Mittwoch vergangener Woche.
    Er hätte fast laut gelacht. Er war also doch nicht verrückt. Er schickte sich diese verschlüsselten Botschaften nicht selbst im Schlaf - diese Möglichkeit konnte er jetzt ausschließen, denn er hatte in der vergangenen Woche Laguna nicht verlassen. Fast 5000 Kilometer lagen zwischen ihm und dem Postamt, in dem dieser

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