Schwarzer Nerz auf zarter Haut
Zunächst: Verheiratet? Kinder? Wieviel?«
Lisa Hergarten lächelte innerlich. Er macht es ganz geschickt, er versteckt sich hinter der Medizin.
»Nicht verheiratet«, sagte sie ohne Zögern. »Und daher auch keine Kinder.«
Dr. Dahl machte sich Notizen, aber es waren nur Schnörkel.
Nicht verheiratet. Eine solche Frau! Waren die Männer dort, wo sie lebte, blind? Er richtete sich auf und sah Lisa nun viel freier an. »Auch wenn es schon spät ist: Trinken wir einen Cocktail zusammen? Im Alster-Club ist noch Betrieb.«
»Recht gern.« Lisas Gesicht überstrahlte ein unterdrücktes Lachen. »Nur wegen der Therapie …«
»Nur deswegen!« Dr. Dahl zog seinen weißen Arztkittel aus. Darunter trug er die Uniform eines Schiffsoffiziers. Die drei breiten goldenen Streifen am Ärmel mit dem goldenen Äskulapstab darüber blitzten in dem hellen Licht der Neon-Deckenlampen. »Nervenschwache Patienten sind der Obhut des Arztes besonders zu empfehlen.«
Lachend gingen sie hinaus zum Lift, und Lisa empfand es als selbstverständlich, daß Dr. Dahl sie unterfaßte.
Das große Bordfest, der Jungfernball der ›Ozeanic‹, der von vier Fernsehanstalten aufgezeichnet wurde, warf seinen Glanz schon am nächsten Morgen voraus. 150 Besatzungsmitglieder waren dabei, alle Clubsäle, den Speisesaal, die Gänge, die Dielen, die Promenaden und Decks mit Girlanden, Fahnen und Blumen zu schmücken.
Die meisten Passagiere waren an diesem Tag an Deck. Entgegen aller Wettervoraussagen war kein Regen gekommen, sondern ein herrliches, fast sommerliches Hoch mit Sonne und einem azurblauen Himmel. Alle Deckstühle waren belegt, in den beiden Swimming-pools tummelten sich die Wasserhungrigen, auf der offenen Promenade wurde Shuffle-Board gespielt, das Sonnendeck quoll über von weißhäutigen Leibern, die fettglänzend nach Bräune riefen. Eine Kompanie von Stewards war bemüht, Getränke heranzuholen und so absonderliche Wünsche zu erfüllen wie den von Sam Hopkins, dem Hosenträgerfabrikanten: »Junge, schicke ein Kabel los nach Detroit und frage nach, ob Ford meine Gummilitzen in die Polster einbauen will.«
Auch Franz Hergarten war auf dem Sonnendeck und stand an der Reling über der Bar im Lido-Swimming-pool.
Er betrachtete das fröhliche Treiben im grünschimmernden Wasser und winkte Sybilla Odenthal zu, die aus dem Pool stieg, sich wie ein Hund schüttelte und ihren herrlichen Körper in die Sonne reckte. Das Wasser perlte an ihr ab, der knappe, rote Bikini verbarg kaum noch etwas, und Hergarten sah mit gerunzelter Stirn, wie drei jüngere Herren, dem Typ nach Südländer, sich an Sybilla heranpirschten und sich, im Kreis verteilt, neben sie in Liegestühle legten und sie unverfroren anstarrten.
Eigentlich sollte mir das gleichgültig sein, dachte er. Aber es ist mir nicht gleichgültig. Wenn Sybilla und ich uns vielleicht kaum mehr wiedersehen, wenn ich New York erreicht habe, denn sie wird andere Aufgaben vom Geheimdienst bekommen – bis New York jedoch gehört sie mir, und da lasse ich keine Papagalli dazwischenkommen.
Er stieg die breite Treppe zum Lido-Deck hinunter und stellte sich neben den Liegestuhl Sybillas. »Hallo!« sagte er wie ein alter Vertrauter. »Sie sind ja noch schön braun! Riviera?«
»Nein. Copacabana. Nehmen wir einen Drink?«
»Gern.«
Er half ihr aus dem Stuhl, sie ließ sich hochziehen und prallte gegen ihn. Er spürte den Druck ihrer festen Brüste und unter seinen Händen ihren glatten Leib. Das machte ihn einen Augenblick verwirrt. Die drei Südländer sahen weg, hinaus aufs Meer. Bis New York ist es noch weit, mochten sie denken. Wer widersteht auf die Dauer unserem Charme und den goldenen Kettchen auf unserer muskulösen Brust?
An der Lido-Bar bestellte Hergarten zwei Orangensaft mit Gin, und Sybilla hob den Kopf in die Sonne. Ihr Körper streckte sich dabei. Tierhaft, rassig, eine Lockung, die – könnte man sie in Töne ausdrücken – ein Paukenwirbel war. Franz Hergarten bestaunte sie. Frankfurt war weit; zum erstenmal ertappte er sich dabei, daß er innerlich zu sich sagte: Ich liebe Lisa, aber es gibt auch noch andere schöne Frauen! Auch ein Vegetarier ißt nicht nur Äpfel, er greift auch mal zu Trauben …
»Haben Sie schon etwas Verdächtiges bemerkt?« fragte Sybilla plötzlich. Hergarten schrak aus seinen ketzerischen Gedanken auf.
»Nein. Aber müssen wir jetzt von den unliebsamen Dingen des Lebens sprechen?«
»Sie haben uns zusammengeführt. Wir sollten ihnen dankbar
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