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Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Titel: Schwarzer Nerz auf zarter Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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breite Liege, mit Leder bezogen und mit einem großen Leinentuch abgedeckt.
    »Legen Sie sich bitte auf die Liege, gnädige Frau«, sagte er, indem er einen Block vom Schreibtisch nahm und einen Kugelschreiber. »Und ganz locker, ganz entspannen.« Er nahm ihr, ohne daß sie es wollte, den Mantel ab und führte sie in den Nebenraum. »Noch besser ist es, wenn Sie das Kleid oben öffnen, den BH vielleicht aufmachten … ganz locker, ganz befreit sollen Sie sein. Jeder Druck soll weg sein …«
    Gehorsam tat Lisa, was Dr. Dahl sagte. Sie knöpfte das Kleid auf; er half ihr, den Verschluß des BHs zu lösen. Dann lag sie ausgestreckt auf der Liege, starrte gegen die weiße Decke und spürte fast körperlich, daß Dr. Dahl hinter ihrem Kopf auf einem Schemel saß, den Schreibblock auf den Knien.
    Er kann direkt auf meine Brüste sehen, dachte sie. Das Kleid ist so weit offen. Aber sie rührte sich nicht. Es war merkwürdig. Eine selige Ruhe überkam sie. Ihr Herzschlag wurde ruhiger, aber ihr Blut summte durch den Körper.
    »So etwas macht man in Amerika, nicht wahr?« sagte sie halblaut. »Die Psychotherapeuten. Man soll seine Seele ausspucken. Das ganze Gift der Seele soll heraus.«
    »Sie sollen mir nur erzählen, was Sie aufgeregt hat.« Die Stimme Dr. Dahls neben ihrem Kopf war wie ein warmer Strom, der über ihren Hals, ihre Schultern und über ihre Brüste flutete. Ein wohliges Gefühl durchzog sie.
    Dr. Dahl sah auf Lisa herab. Sie trägt keinen Ring, dachte er. Sie ist nicht verheiratet. Sie ist eine der Frauen, wie sie einem im Leben nur zwei- oder dreimal begegnen. Eine Frau, die man entweder scheu bewundert oder erobert – und dann muß man zeit seines Lebens um diesen Besitz kämpfen. Sie ist eine Frau, deren Ausstrahlung wie ein Magnet ist. Warum soll man sich wehren? Schon als ich ins Zimmer kam und sie sah, war ich das kleine Stückchen Metall, das wehrlos vom Magneten angezogen wird.
    Er beugte sich vor. Seine Hände glitten über Lisas nackte Schultern. Er spürte ihr inneres Zittern.
    Was tue ich, dachte Lisa und schloß die Augen. Ich bin an Bord gekommen, um Franz zu töten oder seine Geliebte und dann mich. Ich fahre über das Meer, um auszulöschen – und jetzt liegen Hände auf mir und nehmen alles weg, was ich dachte, was ich wollte … O Gott, ich will hassen und töten … und nicht glücklich sein …
    »Erzählen Sie mir von Ihnen, Lisa«, hörte sie die warme Stimme Dr. Dahls. »Alles!«
    »Das ist wenig.« Es war ihr, als flüstere sie. Als sie plötzlich seine Hände nicht mehr spürte, sah sie erschrocken auf.
    Sein Gesicht war nahe über ihr.
    Er hat wundervolle Augen, dachte sie. Wundervolle.
    O Himmel, wohin treibe ich …?
    »Sie haben irgendein Geheimnis, das Sie verbergen.«
    Die Stimme Dr. Dahls war nahe an ihrem Ohr. Lisa spürte den Lufthauch seiner Worte. Auch seine Hände waren wieder da, lagen flach auf ihrem Brustansatz. Und merkwürdig, es tat ihr gut, sie zu spüren. Sie strahlten Ruhe aus, Kraft und eine schleichende Sehnsucht.
    »Jede Frau hat ein Geheimnis, Doktor«, antwortete sie und gab ihrer Stimme Bestimmtheit.
    »Aber Sie ersticken fast daran. Sie würgen sich damit selbst ab. Das ist Ihre ganze Krankheit. Wollen Sie sich mir nicht anvertrauen?«
    »Nein.« Lisa richtete sich mit einem Ruck auf. Die Hände Dr. Dahls fielen von ihr ab, nachdem sie, unfreiwillig, über ihre Brüste geglitten waren. »Warum? Geben Sie mir ein Schlafmittel, etwas für die Nerven, weiter möchte ich nichts. Ich halte nichts von der Seelenmassage amerikanischer Psychiater.«
    Dr. Dahl stand von seinem Hocker auf und ging zurück in sein Sprechzimmer. Dort setzte er sich an den Schreibtisch, füllte die Karteikarte mit einigen Bemerkungen und ging dann zum Medikamentenschrank.
    »Ich werde Ihnen etwas für die Psyche geben«, sagte er, als Lisa aus dem Behandlungsraum kam. In ihrem Blick sah er die stumme Bitte um Verzeihung. »Etwas, was Sie anregt. Aber ich glaube, daß es besser wäre, wenn wir morgen abend zusammen den Jungfernball besuchen. Musik, Tanz, Champagner, fröhliche Menschen – das wirkt mehr als alle Psychopillen!« Dr. Dahl legte das kleine Päckchen mit den Pillen wieder weg. »Darf ich Sie zum Ball einladen, gnädige Frau?«
    Lisa nickte schwach. »Ja …«, sagte sie kurz.
    »Danke.« Dr. Dahl wandte sich wieder seiner neuen Karteikarte zu. »Ich muß leider noch einige Fragen stellen. Medizin ist nicht nur Diagnostik und Therapie, sondern auch Schreibkram.

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