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Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Titel: Schwarzer Nerz auf zarter Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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entgegen, Hemdchen, Slips, Strümpfe, Hüftgürtel, Nachthemden, Bikinis …
    In der Schreibtischschublade lag auf der ledernen Schreibmappe der ›Ozeanic‹ der Paß und die Schiffskarte.
    Der Herr im Frack blätterte in dem Paß. Lisa Arthberg.
    Er griff in die Schublade. Eine Handtasche. Der Verschluß klickte leise.
    Nichts Besonderes. Ein gebrauchtes Taschentuch, das nach Maiglöckchen duftete. Ein kleiner Stielkamm. Ein Lippenstift in goldener Hülle. Ein Augenbrauenstift. Drei Schlüssel, mit einem silbernen Ring verbunden. Ein Autoschlüssel mit einem Anhänger, der die Marke verriet. Ein Notizzettel: 1 Pfd. Butter, Kaffee, Aufschnitt, Salz, 2 Steaks, Marmelade. Sachen bei der Reinigung abholen … Gedächtnisstütze einer einkaufenden Hausfrau. Ein Feuerzeug.
    Der Herr im Frack wollte es gerade hochnehmen, um die Gravur in den Strahl der von seinem Mund gehaltenen Taschenlampe zu bringen, als sich hinter ihm die alte Frau im Bett rührte und einen knarrenden Laut von sich gab. Gleichzeitig saß sie im Bett, hellwach, wie es alte Leute immer sind, wenn sie aus dem Schlaf aufschrecken.
    Mit einem Schwung riß der Herr im Frack die Lampe aus seinem Mund und knipste sie aus. Gleichzeitig schob er mit den Knien und dem Unterleib alle Schubladen zu. Das Feuerzeug mit dem Monogramm LH, das ihn stutzig gemacht hätte, polterte über den Boden der zurückgestoßenen Schublade. Aber es war zu spät.
    Die alte Dame stieß einen hohen, piepsenden Schrei aus. Dann hörte man, wie sie aus dem Bett sprang und keuchend zu einem neuen, lauteren Schrei ansetzte.
    Der Herr im Frack sprang hinzu, griff in der Dunkelheit nach ihr und bekam ein Stück Nachthemd zu fassen. Mit aller Wucht stieß er die alte Dame zurück auf das Bett. Sie kreischte auf, krallenartige Finger griffen nach ihm, zerrten an seinem Frackhemd, er hörte, wie etwas riß – da schlug er mit der Handkante auf die Greisenarme, die alte Dame tat einen grellen Schrei, der Griff löste sich, und er rannte mit langen Sätzen zur Tür, stieß sie auf, schlüpfte hinaus und lief durch den stillen Gang bis zu den Lifts, die gegenüber dem Andachtsraum lagen. Mit einem von ihnen fuhr er hinauf und verschwand irgendwo in dieser leuchtenden, singenden, lachenden, tanzenden und liebenden Stadt auf dem Meer.
    Eine Viertelstunde später standen Kapitän Selbach, der Oberzahlmeister und der Obersteward in der Kabine 136. Die alte Dame lag im Bett, erschöpft von ihrem Erlebnis, die Fäuste noch geballt.
    »Das ist unglaublich«, sagte Kapitän Selbach. Der Kabinensteward untersuchte die Schubläden. Um keine Fingerabdrücke zu verwischen, trug er Wollhandschuhe. »Geht es schon wieder los wie damals auf der ›Europa‹? Schon auf der Jungfernfahrt ein Dieb an Bord. Hatte Fräulein Arthberg viel Schmuck bei sich?«
    »Ich weiß es nicht!« Die alte Dame zitterte noch immer. »So ein brutaler Mensch! Er hätte mich umbringen können, wenn ich mich nicht gewehrt hätte. Oh, hätte ich doch bloß den Lichtschalter gefunden!«
    »Vielleicht war das Ihr Glück, gnädige Frau.« Kapitän Selbach sah zu dem Oberzahlmeister. »Wir müssen sofort Fräulein Arthberg verständigen. Wissen Sie, wo sie ist? Im Salon ist sie nicht.«
    Der Oberzahlmeister grinste, beugte sich vor und flüsterte Selbach ein paar Worte ins Ohr. Der Kapitän lächelte.
    »Trotzdem. So leid mir die Störung tut … wenn ihr Schmuck …«
    »Meines Wissens ist er im Haupttresor bei mir.« Der Oberzahlmeister war ein Mann mit Herz. Wie kann man jetzt, gegen 2 Uhr morgens, eine schöne Frau in ihrem höchsten Glück stören? »Ich glaube, der Dieb ist rechtzeitig verjagt worden.«
    »Und ob!« Die alte Dame öffnete die rechte Faust. »Ich habe sogar etwas von ihm.« Sie streckte die Hand aus. Ein Hemdenknopf in Form einer Perle lag darin.
    »Ein Frackhemden-Knopf!« sagte der Kapitän entgeistert. »Er kam im Frack.«
    »Ein Gentleman. Passagier 1. Klasse.«
    »Unglaublich!« Kapitän Selbach nahm den Perlknopf an sich. »Ich werde ihn unserem Schiffs-Detektiv Linder geben. Das kann ja noch lustig werden bis New York. Wir haben an Bord schätzungsweise Schmuck für 100 Millionen.« Er wandte sich an die alte Dame, die ihn ruhig ansah. »Ich glaube nicht, gnädige Frau, daß der Dieb noch einmal zu Ihnen kommt. Sie können ruhig schlafen.«
    »Ich habe keine Angst.« Die alte Dame lächelte milde. »Es war nur der erste Schreck. Wenn er wiederkommt, werde ich ihm ins Gewissen reden. Kein Mensch ist

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