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Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Titel: Schwarzer Nerz auf zarter Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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…« Sie sprang aus dem Bett und zog sich ebenfalls an, während sich Dr. Dahl wusch und den Kopf unter einen kalten Wasserstrahl hielt. »Ich gehe zurück in den Club. Kommst du nachher nach?«
    »Ja.« Dr. Dahl knöpfte seine weiße Uniform zu. Er zog Lisa an sich und küßte sie noch einmal mit aller Leidenschaft. Da warf sie die Arme um seinen Hals und ließ ihn nicht eher los, bis wieder das Telefon klingelte, ungeduldig, alarmierend.
    »Du hast mir ein Rätsel gelöst«, sagte sie, als Dr. Dahl mit bebenden Händen zur Mütze griff und sie aufsetzte. »Ich wußte bis heute nicht, was in mir schlief …«
    Dann stand sie alleine in der großen Arztkabine, starrte auf das zerwühlte Bett und ging langsam zum Spiegel. Ihr fremdes Gesicht unter der schwarzen Perücke und dem bräunlichen Make-up, das so völlig fremd war gegenüber ihrem weißen Körper unter dem silbernen Kleid, sah sie mit großer Nachdenklichkeit an.
    »Was soll daraus werden?« sagte sie laut und erkannte selbst ihre Augen nicht wieder. Sie hatten eine herrliche Tiefe. »O Himmel – was soll nur daraus werden!«
    Im Hospital saßen Graf Sepkinow und Sam Hopkins. Die wachhabende Schwester hatte das Frackhemd Sepkinows geöffnet, den steifen Kragen entfernt und massierte seinen Brustkorb. Sam Hopkins hockte auf seinem Schemel wie ein Riesenaffe und hielt sich den Kopf. Eine dicke Lage Zellstoff bedeckte den Haaransatz.
    »Was ist denn das?« rief Dr. Dahl verblüfft an der Tür. »Hat es ein Duell gegeben?«
    »Es bricht uns das Herz, Doktor, daß wir Sie in der angenehmsten Situation, in der sich ein Mensch befinden kann, stören – aber es muß sein.« Graf Sepkinow rang nach Atem. »Mein Kreislauf. Mir wurde schwarz vor den Augen. Man soll eben mit 75 nicht mehr tanzen. Wie ich hier ins Hospital gekommen bin, weiß ich gar nicht.«
    »Und Sie, Mr. Hopkins?«
    Der Hosenträgerfabrikant sah Dr. Dahl aus großen Kinderaugen an. Er war betrunken. »Ein Feuerlöscher war im Weg, verdammt. Auf der gedeckten Promenade. Ich laufe einem Girl nach … und da kracht's auch schon. O verflucht … ich wußte gar nicht, daß es rote und grüne Sterne gibt …«
    Er hob den Zellstoff ab. Am Haaransatz klaffte eine Platzwunde. Sie begann sofort wieder zu bluten.
    »Zuerst der Graf«, sagte Dr. Dahl. Er half Sepkinow auf die Liege, wickelte das Luftkissen des Blutdruckmessers um den Greisenarm und pumpte. »Etwas mies, 75 zu 105. Ich gebe Ihnen eine Spritze, und dann gehen Sie sofort ins Bett.«
    »In meinem Kopf brummen zehntausend Bienen!« rief Hopkins aus der Ecke. »Doktor, soll ich verbluten? Immer die Bevorzugung des Adels. Mir wird übel, Doktor.«
    Dr. Dahl gab dem Grafen schnell die Kreislaufinjektion und überließ es dann der Schwester, ihn wieder anzuziehen. Er ging zu Hopkins, untersuchte die Platzwunde und entschloß sich, sie nicht zu nähen, sondern der Natur zu vertrauen; höchstwahrscheinlich würde sie fast narbenlos wieder zuwachsen. Er desinfizierte die Wunde, während Hopkins mit den Zähnen knirschte, und klebte ein großes Pflaster über die Mullkompresse. Dann bekam auch Hopkins eine Kreislaufspritze und ein Röllchen Tabletten gegen die Schmerzen.
    »Wie sehe ich aus, Doc?« fragte er hinterher.
    »Wie ein Ehemann nach einer häuslichen Meinungsverschiedenheit.«
    »Also lächerlich! Verflucht! Darf ich einen Whisky trinken?«
    »Sie haben sich am Kopf, nicht an der Gurgel gestoßen.«
    Er sah sich um. Graf Sepkinow stand schon wieder, elegant im korrekten Frack. Sein weißer Bart war sogar gebürstet.
    »Ins Bett, Graf!« sagte Dr. Dahl ernst.
    »1910 hätte ich den Arzt, der mir so etwas sagte, nach Sibirien verbannen lassen«, sagte Sepkinow würdevoll und verließ das Hospital. Hopkins folgte ihm. Er lief einem Whisky entgegen.
    »Sonst noch etwas, Schwester Erna?« fragte Dr. Dahl und wusch sich die Hände.
    »Nein, Herr Doktor. Gott sei Dank ist anscheinend auf dem Schiff alles kerngesund.«
    »Ich bin im Hamburg-Salon, wenn man mich sucht.« Dr. Dahl zog seinen Arztkittel aus, setzte die Mütze auf und verließ sein Hospital.
    Im Hamburg-Salon war es lichter geworden. Ein Teil der Festgäste war zu Bett gegangen, nur die jüngeren Passagiere tanzten unentwegt nach den Klängen der Kapelle Juan Fernandez. Dafür brachte der I. Offizier aus dem Restaurant Hamburg einen Schwall Gäste mit. Jetzt, gegen 3 Uhr morgens, verwischten sich die Schranken zwischen Luxuspassagieren und Reisenden der Touristenklasse. Ausschlaggebend

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