Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Titel: Schwarzer Nerz auf zarter Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
rettungslos schlecht.«
    »Informieren Sie alle Stewards«, sagte Selbach auf dem Flur zu seinem Oberzahlmeister. Er hatte sich von der alten Dame mit einem Handkuß verabschiedet. »Trotz der guten Meinung von Frau Mynius über die Menschen ist es mir lieber, daß wir in New York ankommen ohne einen Skandal.«
    Aber das sollte nur ein frommer Wunsch bleiben.
    »Eine Zigarette …?«
    »Ja. Bitte!«
    Dr. Dahl steckte sie an und schob sie Lisa zwischen die Lippen. Dann rauchte er still weiter und sah den weißen Wölkchen nach, die träge zur Decke zogen, dem Gitter der Klimaanlage entgegen.
    Sie lagen nebeneinander auf dem schmalen Bett, eng aneinandergedrückt. Ihre nackten Körper zitterten noch nach, ihre Augen sahen noch das glückliche Gesicht des anderen, es war, als vermischte sich noch ihr Atem zu dem seligen, sinnlosen Gestammel aller Liebenden in der Umarmung. Vor dem Bett, über den Boden verstreut, lagen Lisas Kleid und Wäsche zwischen der Uniform Dr. Dahls.
    »Wie spät?« fragte Lisa.
    »Gleich Viertel drei.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Warum?«
    »Ich muß gehen.«
    »Das ist unmöglich.« Er drehte sich halb auf die Seite und sah sie an. Ihr weißer Körper glänzte im Licht der Nachttischlampe. Sie hatte das linke Bein leicht angewinkelt, über ihren flachen Leib tanzten Muster des Lampenschirms.
    »Wie schön du bist«, sagte er leise. »Wie unwahrscheinlich schön. Du darfst nie mehr sagen: Ich muß gehen.«
    Lisa starrte an die Decke. Franz, dachte sie und bemühte sich, nicht aufzuseufzen. Was soll nun geschehen? Ich habe dich betrogen, wie du mich betrogen hast. Sind wir nun quitt?
    Quitt. Wie dumm das ist. Ist das Leben eine Rechnung? Geht es da nach Soll und Haben, vergleicht man die Bilanzen? Ist das, was wir getan haben, wie eine Zahl aufzurechnen?
    O Gott, es ist doch mehr, viel mehr, unendlich mehr. Es ist wie eine neue Welt, die man erobert hat.
    »Liebst du mich?« fragte Dr. Dahl. Er fragte es wie ein kleiner Junge fragt: »Gibst du mir auch ein Bonbon?«
    »Wenn du das nicht gefühlt hast …«, sagte Lisa leise.
    Lüge ich? dachte sie. Sag ich es nur so daher, um mein eigenes Gewissen zu beruhigen? Schließlich ist es das erste Mal, daß ich Franz betrogen habe. Wenn mich jetzt jemand fragen würde, wie es geschehen ist – ich könnte es ihm nicht erklären. Kann man ein Erdbeben erklären, wenn man es gerade überlebt hat? Es war ein Naturereignis, es war ein Himmel, der plötzlich auf die Erde fiel. Wie kann man da verlangen, daß man noch denkt? Woher soll der Mut kommen? Soll man sich selbst zerreißen vor Reue?
    »Ich habe gefühlt, daß du mich liebst.« Dr. Dahl legte seinen Kopf auf ihre Brust. Sie streichelte sein Haar und war glücklich, so verwerflich sie es im gleichen Augenblick fand. »Man sollte nicht darüber reden. Aber wir müssen es, Lisa. Ich weiß nichts von dir, als daß du wunderschön bist. Du weißt nichts von mir, als daß ich ein Schiffsarzt bin. Ein kleiner Angestellter einer Reederei mit einem leidlichen Gehalt, das gerade hinreicht, um eine Familie zu gründen.«
    »Eine Familie?«
    »Ich will dich heiraten.« Er sagte es wie das Selbstverständlichste, das es gab.
    Lisa rauchte stumm weiter. Mein armer Liebling, dachte sie. Nicht nur meinen Mann, auch dich habe ich betrogen. Soll ich dir sagen, daß neben dir eine Frau liegt, die an Bord der ›Ozeanic‹ kam, um ihren Mann und seine Geliebte zu töten? Wie würdest du reagieren? Wäre die Liebe verflogen wie ein Windhauch?
    »Du sagst gar nichts.« Dr. Dahl legte seine Hände auf ihre Schultern. »Ich habe gesagt: Ich will dich heiraten.«
    »Das ist schön, Holger.«
    »Warum fährst du nach New York?«
    »Nur so. Zum Vergnügen.«
    »Wie lange bleibst du in Amerika?«
    »Ich weiß es nicht.« Wie lange, fragte sie sich selbst. Wer zwei Menschen tötet, bekommt lebenslänglich Zuchthaus. Aber warum sollte sie jetzt noch töten? »Vielleicht fahre ich mit euch gleich zurück nach Europa.«
    »Und wir heiraten in Hamburg?«
    »Ja«, sagte Lisa ruhig.
    Dr. Dahl wollte weiterfragen, aber das Telefon riß ihn von Lisa weg. Vom Hospital rief die wachhabende Schwester an. Zwei Fälle. Passagiere der Luxusklasse.
    »Ich muß hinauf zum Hospital.« Dr. Dahl zog sich an. Es war ein wenig ernüchternd, wie er schnell seine Kleidungsstücke vom Boden aufhob und sie überstreifte. »Wartest du hier auf mich, Lisa?«
    »Ich möchte gehen. Wegen der anderen Passagiere … wir haben noch so viele Stunden vor uns

Weitere Kostenlose Bücher