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Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Titel: Schwarzer Nerz auf zarter Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gesellschaftlich steifen Restaurant.
    Die Kabinenstewards räumten schnell auf, nachdem sie um Erlaubnis gefragt hatten. Sie machten die Betten und hängten die Abendkleider weg, die über den Stühlen lagen. Sie trugen auch die Abendtaschen weg und tasteten sie schnell ab. Kein Mienenspiel verriet, daß sie maßlos erstaunt waren, wie hart und klar in den Konturen der Gegenstand war, den ihre flinken Finger da ertasteten.
    Während in den Clubs der Tee serviert wurde, lagen die Meldungen der Kabinenstewards vollzählig beim Kapitän. Das Ergebnis war erstaunlich.
    »An Bord sind 49 Feuerwaffen, 17 Gewehre und 12 Totschläger«, las der Oberzahlmeister, der Verwaltungschef der schwimmenden Stadt, vor. »Hätten Sie das gedacht? Dabei handelt es sich nur um die Waffen, die in den Kabinen waren. Was die Passagiere in den Taschen herumtragen, ist ja unbekannt.« Er sah hinüber zu Dr. Dahl, der sich Notizen machte. »Wußten Sie übrigens, Doktor, daß Ihre Herzensdame in ihrer Abendtasche eine Pistole mit sich herumschleppt?«
    »Das ist doch nicht möglich.« Dr. Dahl sah wie hilfesuchend im Kreis der Offiziere herum. »Ich werde sie fragen.«
    »Das lassen Sie mal sein.« Harry Linder grinste breit. »Die Konkurrentin ist nebenbei auch bewaffnet. Trägt auch in der goldenen Abendtasche so ein Knallbonbon.«
    »Das wird ja immer schöner!« Kapitän Selbach hieb mit beiden Fäusten auf den Tisch. »Beim nächsten Bordball haben wir wohl Pistolenduelle der Damen zu erwarten, was?! Ich fahre jetzt dreißig Jahre zur See, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt.«
    »Es hat sich ja auch niemand die Mühe gemacht, den Passagieren unters Hemd zu gucken.« Harry Linder schob die Liste zu Selbach hinüber. »Wir wissen nun, wer alles eine Waffe hat, und wir wissen, daß die sogenannte Dunkelziffer vielleicht noch höher ist. Von zweitausend Menschen an Bord haben schätzungsweise hundert Waffen bei sich. Erfahrungsgemäß kann man die, die ihre Knallkorken in der Kabine herumliegen lassen, als potentielle Mörder ausschalten. Wir sind also genauso klug wie bisher.«
    Die Offiziere erhoben sich und verließen die Kapitänsmesse. Sie hatten alle das Gefühl, wie auf einer Bombe zu sitzen.
    Wann geschah der nächste Mord? Wer war das Opfer? Wo würde man es finden? Würde es möglich sein, auch diesen Toten zu verschweigen? Würde es wieder ein sinnloser Tod sein? Hatte man einen Wahnsinnigen an Bord, dem man den Blutrausch nicht ansah? Saß man mit ihm am Tisch, trank Wein mit ihm, machte Witze, und in seiner Tasche lag die Automatik, bereit zu töten, wenn die Lust des Mordens über ihn kam?
    Dr. Dahl fuhr hinunter in sein Hospital.
    Lisa hat eine Pistole bei sich, dachte er. Warum? Fühlt sie sich bedroht? Warum trägt sie die Waffe in ihrer Abendtasche herum? Was weiß man denn von ihr als nur das, daß sie eine wunderbare Frau ist, in deren Liebe man ertrinken kann? Welch ein Geheimnis verbirgt sich hinter ihrem Lächeln?
    Das Telefon schrillte. Dr. Dahl schrak auf.
    Bloß kein neuer Toter, durchfuhr es ihn.
    Es war Lisa. Sie rief aus ihrer Kabine an.
    »Was machen wir, Liebling?« fragte sie. »Ich habe etwas geschlafen und bin nun zu neuen Taten bereit. Wollen wir schwimmen?«
    »Ich habe in der Unfallstation zu tun.« Dr. Dahl sah auf die Uhr. »Im Maschinenraum ist etwas passiert, drei Quetschungen. Ich kann nicht weg.«
    »Soll ich zu dir kommen und in deiner Kabine warten?«
    »Es kann länger dauern. Ich komme an Deck, sobald ich hier fertig bin.«
    »Ich küsse dich«, sagte sie zärtlich.
    »Ich spüre es«, sagte er und dachte an die Pistole in ihrer Handtasche.
    »Wer ist sie?« dachte er wieder. Er zuckte zusammen, weil er die Frage laut ausgesprochen hatte.
    Der Tag ging herum ohne nennenswerte Ereignisse. Graf Sepkinow, Sir Surtess und Sam Hopkins spielten eine Partie Bridge, der sich auch der deutsche Architekt Heinz Niehoff anschloß. Er kam etwas später, er hatte seinen Brummschädel der vergangenen Nacht ausgeschlafen, wie er sagte. Lady Anne sonnte sich auf dem Sonnendeck – ein massiges Fossil in einem einteiligen Badeanzug, das selbst ihr Mann, Sir Surtess, mit dem Interesse eines Archäologen betrachtete. Die gelähmte Frau Michaelsen hatte sich an die Reling schieben lassen. Dort saß sie, blickte aufs Meer und ließ sich von ihrer Zofe, der blassen Käthe Peine, aus einem dicken Roman vorlesen. Eine allgemeine Trägheit lag über dem ganzen Schiff. Es war warm, die vergangene lange Nacht lag noch

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