Schwarzer Nerz auf zarter Haut
Hohngeschrei. An der Tür blieb er stehen und sah zurück. Margret war aus dem Wasser gekommen; naß wie sie war, tanzte sie wild allein in einem Kreis klatschender Menschen, ein Wesen in der Ekstase, mit geschlossenen Augen und kaum verhüllter Nacktheit.
Hopkins sah auf, als eine Stimme neben ihm aufklang. Ulrich Renner lehnte an der Reling.
»Das Rennen haben Sie verloren, Mr. Hopkins«, sagte er spöttisch.
Hopkins ballte die Faust. »Dieses italienische Aas kaufe ich mir noch! Bis New York habe ich ihm die Schnauze eingeschlagen!« schrie er.
»Auch das wird Ihnen nicht helfen!« Renner blickte hinüber zu Margret. Ihr Tanz wurde zu einer Demonstration, zum lockenden Angebot. Plötzlich zuckte sie zusammen, knickte links ein und hielt sich an zwei Männern fest, die sofort hinzusprangen. Ihr Gesicht hatte alle Ekstase verloren, es war schmerzverzerrt und wieder von weinerlicher Kindlichkeit. »Ich glaube, sie hat sich verletzt.«
»Sie soll zum Teufel gehen!« Hopkins zog das große Badetuch fester um sich. »Sie können gut reden. Sie haben das kleine Aas gestern im Bett gehabt.«
Ulrich Renner verzog den Mund. »Ich wünschte, es wäre nie geschehen«, sagte er nachdenklich. »Wer konnte wissen, daß so etwas daraus entsteht.«
Hopkins wandte sich ab und verließ das Lido-Deck. Er kam sich für alle Zeiten blamiert vor. In seiner Kabine riß er sich die nassen Kleider vom Leib und sah sich dabei im Spiegel an. Ein wäßriger Clown, nackt und dicklich, grinste ihn an. »Du Idiot!« brüllte er seinem Spiegelbild entgegen. »Du dämlicher Hund!« Dann ballte er die Faust, hob sie und ließ sie auf die Tischplatte des Frisiertisches sausen. Es gab einen knirschenden Laut, und die Platte sprang auseinander.
»Na also!« sagte Hopkins und wandte sich von seinem nackten Spiegelbild ab. »Das geht noch! Das hält auch kein italienischer Schädel aus.«
Plötzlich war er wieder zufrieden.
Es lagen ja noch vier Tage vor ihm.
Schiffsarzt Dr. Dahl wollte gerade das Hospital verlassen und hinauf zu Lisa fahren, die ihn in ihrer Kabine erwartete, als von oben die Meldung kam, man brächte eine Patientin. Wahrscheinlich eine Fußverstauchung beim Tanz.
Dr. Dahl zog wieder seinen Kittel an und wartete im Operationszimmer. Wenig später hüpfte, auf zwei Stewards gestützt, Margret Goltz ins Hospital. Ihr Gesicht war bleich vor Schmerzen, ihre großen blauen Augen bettelten um Hilfe.
»Auf das Sofa«, kommandierte Dr. Dahl. Mit einem Blick sah er, daß der linke Knöchel angeschwollen war. Margret Goltz mußte große Schmerzen haben, denn eine Verstauchung des Knöchelgelenks ist immer problematisch.
Die Stewards trugen Margret zum Sofa und ließen sie dort vorsichtig nieder. Sie legte sich hin, und Dr. Dahl schob einen Schaumgummiblock unter die Wade, damit der Fuß etwas höher lag. Zu den Stewards nickte er dankend. Ihr könnt gehen, hieß das. Vorsichtig betastete er den immer dicker werdenden Knöchel und versuchte, den Fuß zu bewegen, indem er die Zehen faßte und den Fuß ganz leicht im Gelenk zu drehen versuchte. Ein Aufschrei Margrets war die Antwort. Sie ballte die Fäuste und hieb damit auf die Wachstuchunterlage des Untersuchungssofas. Ihr Gesicht verzerrte sich zur Grimasse. Die nassen Haare klebten wie ein zerrissenes goldenes Netz an ihrem Körper und bedeckten fast den ganzen Oberkörper. Ihr Leib in dem knappen Bikini zitterte und bebte.
»Wie ist das passiert?« Dr. Dahl richtete sich auf. »Sind Sie ausgerutscht?«
»Ich weiß es nicht, Herr Doktor.« Die Worte knirschte Margret zwischen den Zähnen. Ein höllischer, stechender Schmerz kroch von dem Knöchel durch ihren ganzen Körper. »Plötzlich durchzuckte es mich. Als wenn jemand meinen Kopf aufschneidet, so war's. Und dann habe ich geschrien …«
»Es ist beim Tanzen passiert?«
»Ja. Wir hatten eine Party auf dem Lido-Deck … Beat und so … Es war sehr lustig … oh …« Margret bäumte sich auf. Dr. Dahl hatte wieder ihren Knöchel berührt. »Ist er gebrochen?«
»Das glaube ich kaum, aber wir werden ihn zur Vorsicht röntgen.«
Dr. Dahl ließ Margret liegen und ging in den Nebenraum. Dort saßen zwei Schwestern und verbanden zwei Maschinisten. Sie hatten sich an einer heißen Leitung verbrannt. Dicke Brandsalbe bedeckte ihre Oberarme.
»Bereiten Sie alles für eine Knöchelaufnahme vor«, sagte Dr. Dahl kurz, kontrollierte den Sitz der Verbände und ging in den kleinen OP zurück. Dort lag Margret auf der Seite und
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