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Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Titel: Schwarzer Nerz auf zarter Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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klingelte noch einmal, aber niemand kam.
    »Dann eben nicht!« sagte Margret laut. Da sie keine Schmerzen mehr hatte, wurde sie mutig, warf die Bettdecke ab und versuchte, den eingegipsten Fuß auf den Boden zu heben. Es gelang leichter, als sie geglaubt hatte. Dann stemmte sie sich aus dem Bett, hielt sich am Kopfteil fest und klingelte noch einmal.
    Niemand kam. Die Schwestern schienen in der Mannschaftsmesse beim Essen zu sein. Dr. Dahl, das wußte sie, saß oben am Kapitänstisch. Es war Dinner-Zeit. In den Speiseräumen saß man jetzt an den Tischen und genoß die Köstlichkeiten der berühmten Schiffsküche.
    Margret versuchte einen Schritt. Ein dumpfes Brennen zog durch das Bein, aber die Spritze wirkte noch, der Schmerz war erträglich. So humpelte sie aus der Kajüte, kam auf einen Gang und rief, ein wenig zaghaft: »Hallo!« Da niemand antwortete, stampfte sie mit ihrem Gipsfuß weiter und machte die Türen aller Kajüten auf, die an dem Gang lagen. Alle waren leer, die meisten mit vier Betten eingerichtet, bereit, auch Epidemien an Bord ohne Raumnot zu besiegen.
    Margret sah sich um. Sie war nun am Ende des Ganges. Woher hatte man sie gefahren? Durch diese Tür da hinten, oder durch diese Tür, die jetzt vor ihr lag? Wo waren die Untersuchungsräume? Alle Türen sahen gleich aus.
    In der Hoffnung, schon irgendwo auf Menschen zu treffen, drückte sie die Stahltür auf und kam in einen weißgekachelten Vorraum, der fast leer war bis auf eine Trage und einen weißen Schrank.
    Aha, ein Untersuchungszimmer! Die Richtung stimmte! Immer geradeaus, und man kam zu den Räumen Dr. Dahls.
    Margret durchhumpelte den Vorraum, riß die nächste Tür auf und sah in einen kleineren Raum. Es war kalt in diesem Zimmer, als habe man die Heizung und Klimaanlage abgestellt. Auch dieses Zimmer war kahl wie das vorherige, bis auf ein Bett. Und in diesem Bett lag ein Mann. Er hatte die Hände über der Brust gefaltet und schlief.
    Margret blieb in der Tür stehen und zog die Augenbrauen hoch.
    Das ist doch Monsieur Dubois, dachte sie. Der französische Philosoph. Natürlich, er ist es! Dr. Dahl sagte ja, er sei krank.
    Margret zögerte. Es ist unhöflich, einen Schlafenden zu wecken, aber er war der einzige Mensch in diesem Labyrinth steriler Zimmer. Vielleicht wußte er, wie man eine Schwester ruft, er war ja schon länger hier.
    Margret überwandt ihre Scheu. Sie raffte den Morgenmantel vor der Brust zusammen und lehnte sich gegen den Türrahmen. Ihren gegipsten Fuß schob sie etwas vor und verlagerte ihr Gewicht auf den gesunden. »Hallo, Monsieur Dubois!« rief sie leise. »Schlafen Sie?«
    Dubois antwortete nicht. Er lag auf dem Rücken, im abgewandten Profil etwas bleich und grünlich, aber das war die Beleuchtung im Raum, die Neonlampen, die keinen Warmton hatten.
    Der hat sicherlich auch eine Spritze bekommen, dachte Margret und klopfte mit dem Gipsfuß auf den blinkenden Kunststoffboden.
    »Monsieur Dubois?« rief sie lauter. »Entschuldigen Sie bitte, daß ich Sie störe … aber ich suche eine Schwester. Wissen Sie, wo sie sind? Ich habe schon dreimal nach ihnen geklingelt.«
    Der Philosoph Dubois schwieg. Er lag unbeweglich da. Vielleicht spielte er nur den fest Schlafenden. Es ist immer unangenehm für einen Mann, wenn er im Bett angetroffen wird. Margret hatte dafür Verständnis. Ein Mann in einem Nachthemd, wie es Dubois jetzt trug, wirkte lächerlich.
    »Es ist so, Monsieur Dubois«, sprach Margret weiter, »daß sich niemand meldet. Ich habe mir den Knöchel verstaucht beim Tanzen. Oh, wir hatten eine herrliche Party am Swimming-pool, so mit Beatmusik und allem Drum und Dran. Und da bin ich ausgerutscht. Nun muß ich den blöden Gips hier tragen. Mit dem Tanzen ist es aus. Ich liege ganz allein in einem Zimmer, am Ende des Ganges … bis morgen nur. Ich hab' gedacht, wenn mir die Schwester etwas zum Lesen bringt …« Sie sah den stummen Dubois etwas ängstlich an. »Wie geht es denn Ihnen, Monsieur Dubois?« fragte sie. Darauf mußte er eine Antwort geben. Kein höflicher Franzose ignorierte die Frage einer Frau. Aber Jerome Dubois schwieg weiter.
    »Entschuldigen Sie, bitte«, sagte Margret kleinlaut. »Ich wollte Sie wirklich nicht stören … es ist nur … weil niemand auf mein Klingeln kommt …«
    Sie humpelte ins Zimmer, um Dubois die Hand zu geben und ihm weitere gute Besserung zu wünschen. Sie kam ans Bett und sah in das grünliche, unbewegte Gesicht. Unter halb geschlossenen Lidern schauten sie

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