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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masuji Ibuse
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gesehen hatte, wenn ich zur Arbeit fuhr. Er keuchte in ziemlichem Abstand
hinter den anderen mit der Tragbahre her. Als er an mir vorbeikam, blickte er
mir ins Gesicht und nickte kurz, weil er mich erkannte. „Alles Gute“, rief ich
ihm nach.
    Schließlich erreichten wir den Bahnhof Yamamoto.
Von hier fuhren Züge. Ein Zug stand im Bahnhof, jeder Wagen brechend voll, aber
wir brachten es noch fertig, uns hineinzuquetschen. Fest eingekeilt, suchte ich
mir mehr Raum zu verschaffen und drückte auf ein Bündel genau vor mir; in ein
Tuch eingeschlagen, lag es auf den Schultern einer etwa dreißigjährigen Frau,
aber irgendwie anders als ein Bündel mit Sachen. Ich berührte es heimlich mit
der Hand. Was ich fühlte, schien ein Ohr zu sein, ein Kind steckte wohl in dem
Bündel. Ein Kind so zu tragen war ja unerhört. Es mußte doch bei dem Gedränge
ersticken.
    „Entschuldigen Sie“, sagte ich leise, „ist das
Ihr Kind da drin?“
    „Ja“, hauchte sie, „er ist tot.“
    „Das tut mir leid“, sagte ich bestürzt. „Ich
wußte nicht... Ich bitte vielmals um Entschuldigung, und ich drücke es noch und...“
    „Das macht nichts“, sagte sie sanft. „Das läßt
sich nicht vermeiden in der Menge hier.“ Sie rückte sich das Bündel zurecht,
senkte den Kopf und weinte. „Es war, als die Bombe explodierte“, sagte sie
schluchzend. „Die Leine seiner Hängematte riß, er wurde gegen die Wand
geschleudert und starb. Dann ging das Haus in Flammen auf, ich wickelte ihn
rasch in eine Bettdecke und nahm ihn auf den Rücken. Ich will ihn zu meinen
Eltern nach Iimori mitnehmen, da kann ich ihn auf dem Friedhof begraben.“
    Sie hörte auf zu weinen, sprach aber auch nicht
mehr. Ich brachte es nicht über mich, .weiter mit ihr zu reden.
    Über den Drähten kreiste eine Gabelweihe. Die
Zikaden zirpten, ein Lappentaucher schwamm geschäftig im Teich mit den
Wasserlilien neben der Chaussee hin und her. Ein ganz alltägliches Bild, das
aber irgendwie ganz außergewöhnlich schien...
    Der Schaffner sagte an, daß der Zug sofort
abfahren würde, und heftiges Lärmen erhob sich bei denen, die es nicht
geschafft hatten einzusteigen. Der Zug fuhr an. stoppte, fuhr wieder an und
hielt wieder.
    „Was zum Teufel soll denn das? Fahren wir nun
oder nicht?“ bellte eine Stimme, der eine andere aus dem Innern des Wagens
wichtigtuerisch folgte: „Meine Damen und Herren, hier sehen Sie selbst, wie
sehr die Staatsbahnen heruntergekommen sind. Da sie sich bloß mit dem Transport
von Schwarzmarktwaren abgeben, haben sie nichts als Verachtung übrig für den
gewöhnlichen Reisenden...“
    Aber dann glitt der Zug doch aus dem Bahnhof,
und der Rest der Rede ging im Geratter der Räder unter.

Achtes Kapitel
     
     
    Die Eisenbahnlinie und die Landstraße nach Kabe
verliefen parallel zueinander. Wir konnten auf der Straße die Flüchtlinge
sehen, wie sie sich mühsam vorwärts schleppten oder in Handwagen gezogen
wurden. Alle strebten nach Kabe. Unser Zug mußte schon mehrere hundert von
ihnen überholt haben, als die Lokomotive oder sonstwas einfach nicht mehr
mitmachte und wir quietschend zum Stehen kamen.
    „Was ist los, zum Teufel!“ rief jemand. „Hier
ist doch kein Bahnhof! Kein Wunder, wenn die Leute sagen, die Staatsbahn geht
vor die Hunde!“ Ein anderer Passagier sprang von der Plattform unseres Wagens,
ein gesund aussehender Mann in mittleren Jahren. Er kletterte auf die
Landstraße hinüber, rückte sich seinen Netzbeutel auf dem Rücken zurecht und
marschierte los nach Kabe, ohne auch nur einen Blick zurückzuwerfen. Der Zug
machte keine Anstalten weiterzufahren. Wir standen eingequetscht wie
Ölsardinen, und die Hitze war unerträglich. „Nun mach schon, alte Bimmelbahn!“
ertönte eine andere Stimme aus dem Innern des Wagens. „Fährst du nun weiter
oder nicht? Wenn nicht, dann gehe ich auch lieber zu Fuß.“ Und schon kletterte
jemand, wahrscheinlich der, der eben gesprochen hatte, aus dem Fenster. Wo ich
stand, konnte ich sie zwar nicht sehen, aber es schienen drei oder vier weitere
Leute seinem Beispiel zu folgen. Es dauerte nicht lange, und schon waren wieder
mindestens zwölf andere hinausgeklettert. Dadurch bekamen wir ein bißchen mehr
Platz, und ich konnte mich langsam weiter ins Innere des Wagens kämpfen. Meine
Frau und meine Nichte waren schon ganz drin. Die Frau mit dem toten Kind in dem
weißen Tuch stand immer noch auf der Plattform.
    Draußen vor dem Fenster erscholl die Stimme des
Schaffners, der im

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