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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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Jahre hatten zuerst Wargnier und später Xavier Vermerke notiert wie: »aufmerksamer Zuhörer«, »kompetent«, »zeigt Eigeninitiative«, »teamfähig«, »gute Beziehungen zu den Patienten« …
    Du hast nicht die ganze Nacht, denk dran …
    Sie machte die Akte wieder zu und stellte sie an ihren Platz zurück. Mit einem kleinen Stich im Herzen suchte sie ihre Akte. »Diane Berg«. Sie öffnete sie. Da waren ihr Lebenslauf und Ausdrucke der E-Mail-Korrespondenz mit Dr. Wargnier. Sie spürte, wie sich ihr Magen zusammenkrampfte, als sie unten auf der Seite die handschriftliche Bemerkung von Xavier las:
»Problematisch?«
Die übrigen Akten brachten ihr keine neuen Erkenntnisse. Sie öffnete kurz die anderen Schubladen. Patientenakten. Verwaltungskram … Die Tatsache, dass keine Akte auf den Namen von Lisa Ferney lautete, bestätigte das, was Diane vermutete: Vielleicht war sie die heimliche Herrscherin über diese Einrichtung. Weder Wargnier noch Xavier hatten gewagt, eine Akte über die Pflegedienstleiterin anzulegen.
    Anschließend richtete sich ihr Blick auf das Bücherregal auf der anderen Seite des Zimmers. Dann wieder auf den Schreibtisch und den Rechner. Diane zögerte. Schließlich setzte sie sich auf Xaviers Stuhl. Ein dauerhafter Geruch nach Seife und einem allzu würzigen Eau de Toilette hatte sich im Leder der Rückenlehne festgesetzt. Sie spitzte die Ohren, dann schaltete sie den Computer ein. In den Eingeweiden des Geräts schnaubte und wimmerte etwas wie ein erwachender Säugling.
    Der Bildschirmhintergrund leuchtete auf – eine banale Herbstlandschaft –, und nach und nach erschienen die Icons.
    Diane betrachtete sie nacheinander, aber auch da sah sie nichts Besonderes. Sie öffnete den elektronischen Briefkasten. Nichts Auffälliges. Die letzte Mail war von heute, sie war an alle Mitarbeiter gerichtet und trug die Überschrift »Terminplan für die Arbeitsbesprechungen der therapeutischen Teams«. Der Posteingang enthielt 550 E-Mails, zwölf davon waren ungelesen; Diane hatte nicht die Zeit, sie alle zu öffnen, aber sie warf einen kurzen Blick auf die vierzig letzten, ohne irgendetwas Ungewöhnliches zu finden.
    Anschließend ging sie die verschickten E-Mails durch. Ebenfalls nichts Auffälliges.
    Sie schloss den elektronischen Briefkasten und stöberte in der Favoritenliste herum. Mehrere Websites weckten ihr Interesse, unter anderem eine Single-Kontaktbörse, eine andere mit dem Titel »Verführung durch einen Psycho-Sexologen«, eine dritte mit »ultimativen« pornographischen Bildern und eine vierte, die unter dem Titel »Brustschmerzen und akutes Koronarsyndrom« firmierte. Sie fragte sich, ob Xavier Herzprobleme hatte oder ob er einfach nur ein Hypochonder war – dann stöberte sie weiter. Nach siebzehn Minuten schaltete sie den Rechner enttäuscht aus.
    Ihr Blick fiel auf die erste, abgeschlossene Schublade.
    Sie fragte sich, ob Xavier darin nicht eine externe Festplatte oder einen USB -Stick verwahrte. Abgesehen von den Pornosites war sein Rechner ein wenig zu clean für jemanden, der etwas zu verbergen hatte.
    Sie blickte um sich, griff nach einer Büroklammer, bog sie auf und führte sie in das kleine Schloss ein – dabei versuchte sie, den Kniff aus den Fernsehkrimis nachzuahmen.
    Natürlich musste dieser Versuch scheitern. Als die Klammer abbrach und ein Stück im Schloss stecken blieb, fluchte sie leise. Sie ergriff einen Brieföffner, und nur mit Mühe konnte sie die Metallspitze nach mehreren Minuten herausziehen. Dann ging sie in Gedanken noch einmal alle Möglichkeiten durch, und plötzlich kam ihr eine Idee. Sie drehte den Bürostuhl zum Fenster und stand auf. Nacheinander hob sie die Blumentöpfe an. Nichts. Dann bohrte sie aufs Geratewohl ihre Finger in die Blumenerde.
    Beim dritten Topf stießen ihre Finger auf etwas. Stoff mit etwas Hartem darin … Sie zog, und ein kleines Säckchen kam zum Vorschein. Darin lag der Schlüssel. Ihr Puls beschleunigte sich. Doch als sie die Schublade aufzog, war sie enttäuscht. Weder eine Festplatte noch ein USB -Stick. Stattdessen ein Stapel Papiere, die die Klinik betrafen. Berichte, Korrespondenz mit Kollegen – nichts Vertrauliches. Aber warum hatte Xavier dann die Schublade abgeschlossen? Warum hatte er sie nicht wie die anderen offen gelassen? Als sie die Blätter anhob, fiel ihr eine kartonierte Aktenmappe auf, die nicht so dick war wie die anderen Akten. Diane nahm sie aus der Schublade und legte sie auf die

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