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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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gewöhnlichen psychiatrischen Klinik, hätte die geringste Störung unabsehbare Folgen.«
    Francis Xavier kam um seinen Schreibtisch herum.
    Er war noch kleinwüchsiger, als sie gedacht hatte. Diane war 1 , 67  Meter groß, und Xavier war ungefähr gleich groß – einschließlich seiner Einlegesohlen. Sein makellos weißer Kittel war ihm viel zu weit.
    »Kommen Sie. Ich zeige es Ihnen.«
    Er öffnete einen Wandschrank. Weiße Kittel, die in einer Reihe an Kleiderbügeln hingen. Er nahm einen herunter und hielt ihn Diane hin. Er roch zugleich muffig und nach Waschmittel.
    Sein Körper streifte Diane. Er legte ihr eine Hand mit allzu gepflegten Fingernägeln auf den Arm.
    »Diese Menschen sind wirklich unheimlich«, sagte er mit sanfter Stimme und sah ihr in die Augen. »Vergessen Sie, wer sie sind. Vergessen Sie, was sie getan haben. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Arbeit.«
    Sie erinnerte sich an das, was Wargnier am Telefon gesagt hatte. Fast wortwörtlich das Gleiche.
    »Ich hatte schon mit Soziopathen zu tun«, wandte sie ein – aber ihre Stimme klang diesmal unsicher.
    Kurz flackerten seine Augen hinter der rotrandigen Brille seltsam auf.
    »Aber nicht mit solchen, Mademoiselle. Nicht mit
solchen.
«
     
    Weiße Wände, weißer Boden, weiße Neonröhren … Wie die meisten Menschen der westlichen Welt verband auch Diane mit dieser Farbe Vorstellungen von Unschuld, Arglosigkeit und Jungfräulichkeit. Doch im Herzen von all diesem Weiß lebten Ungeheuer: bestialische Mörder.
    »Ursprünglich war Weiß einmal die Farbe von Tod und Trauer«, äußerte Xavier, als könnte er ihre Gedanken lesen. »Im Orient ist das noch heute so. Außerdem ist Weiß, wie Schwarz, ein Grenzwert. Und es ist eine Farbe, die mit Übergangsriten verbunden ist. So einen vollziehen Sie ja auch gerade, nicht wahr? Aber für dieses Dekor bin ich nicht verantwortlich – ich bin ja erst seit einigen Monaten hier.«
    Vor und hinter ihnen waren eiserne Schiebegitter angebracht, elektronische Schlösser knatterten in den dicken Mauern. Der kleingewachsene Xavier ging ihr voran.
    »Wo sind wir?«, fragte sie, während sie die Überwachungskameras, die Türen und die Ausgänge zählte.
    »Wir verlassen den Verwaltungstrakt, um in die eigentliche psychiatrische Station zu gelangen. Das ist die erste Sicherheitsschleuse.«
    Diane sah, wie er eine Magnetkarte in ein Lesegerät einführte, das an der Wand befestigt war. Die Karte wurde geprüft und wieder ausgespuckt. Das Gitter ging auf. Auf der anderen Seite ein rundum verglaster kleiner Raum. Darin saßen zwei Wachleute in orangefarbenen Overalls vor Überwachungsbildschirmen.
    »Im Moment haben wir achtundachtzig Patienten, die als so aggressiv eingestuft werden, dass sie jederzeit handgreiflich werden könnten. Unsere Klientel kommt aus Strafanstalten und anderen psychiatrischen Einrichtungen in Frankreich, aber auch in Deutschland, der Schweiz und Spanien … Es handelt sich um psychisch gestörte Straftäter, denen weiterhin eine gefährliche Gewaltbereitschaft und ein hohes kriminelles Rückfallrisiko bescheinigt werden. Diese Patienten sind so gewalttätig, dass sie in den Kliniken, in denen sie zunächst untergebracht wurden, nicht bleiben konnten, Strafgefangene mit so schwerwiegenden Psychosen, dass sie nicht im Gefängnis behandelt werden können, oder Mörder, die von der Justiz für schuldunfähig erklärt wurden. Unsere Klientel erfordert hochqualifiziertes Personal und Einrichtungen, die die Sicherheit der Kranken ebenso gewährleisten wie die des Personals und der Besucher. Wir befinden uns hier in Trakt C. Es gibt drei Sicherheitsstufen: niedrig, mittel und hoch. Hier sind wir in einer Zone mit niedriger Sicherheitsstufe.«
    Jedes Mal, wenn Xavier von der Klientel sprach, zuckte Diane zusammen.
    »Das Institut Wargnier besitzt eine einzigartige Kompetenz in der Behandlung aggressiver, gefährlicher und gewalttätiger Patienten. Unsere Behandlungsmethode basiert auf den höchsten und neuesten Standards. Als Erstes führen wir eine psychiatrische und kriminologische Begutachtung durch, die insbesondere eine phantasmatische und plethysmographische Analyse beinhaltet.«
    Sie schreckte auf. Die plethysmographische Analyse bestand darin, die Reaktionen eines Patienten auf akustische und visuelle Reize zu messen, die im Rahmen verschiedener Szenarien und mit unterschiedlichen Darstellern präsentiert werden, etwa Bilder einer nackten Frau oder eines Kindes.
    »Führen Sie bei

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