Schwarzer Schmetterling
mit mir spielen«, sagte der Mann leise, aber drohend.
»Ach ja? Und wenn ich Ihrer Frau einen Besuch abstatten würde, um ihr das alles zu erzählen?«
»Warum tun Sie das?«, fragte der Geliebte seiner Tochter – aber zu Servaz’ großem Erstaunen wirkte er weniger erschrocken als perplex.
Servaz zögerte.
»Mir missfällt die Vorstellung, dass meine siebzehnjährige Tochter einem Typen Ihres Alters als Spielzeug dient, obwohl sie ihm scheißegal ist.«
»Sie haben doch keine Ahnung.«
»Würden Sie sich wegen einer Siebzehnjährigen scheiden lassen?«
»Machen Sie sich nicht lächerlich.«
»Lächerlich? Finden Sie einen Typen in Ihrem Alter, der es mit einem jungen Mädchen treibt, nicht lächerlich? Wie finden Sie das denn? Hat das nicht etwas
zutiefst Mitleiderregendes?
«
»Ich hab jetzt genug von diesem Verhör«, sagte der Mann. »Es reicht. Hören Sie mit Ihrem Polypengehabe auf. Es reicht mir!«
»Was haben Sie da gesagt?«
»Sie haben mich ganz genau verstanden.«
»Sie ist minderjährig, ich könnte Sie einbuchten.«
»So ein Quatsch! Das sexuelle Schutzalter liegt in diesem Land bei fünfzehn Jahren. Und Sie könnten große Schwierigkeiten bekommen, wenn Sie so weitermachen.«
»Ach, tatsächlich?«, sagte Servaz sarkastisch.
»Ich bin Anwalt«, sagte der Mann.
Mist,
dachte Servaz. Das hatte gerade noch gefehlt.
»Ja«, bestätigte der Geliebte seiner Tochter. »Zugelassen beim Landgericht Toulouse. Margot hat schon befürchtet, dass Sie unser …
Verhältnis
entdecken. Sie mag Sie sehr, aber in manchen Aspekten findet sie Sie ein wenig …
altmodisch …
«
Servaz schwieg, er starrte geradeaus.
»Hinter ihrem rebellischen Äußeren verbirgt sich eine wunderbare, brillante und unabhängige junge Frau. Sie ist viel reifer, als Sie es zu glauben scheinen. Trotzdem haben Sie recht: Ich habe nicht die Absicht, wegen ihr meine Familie zu verlassen. Margot weiß das. Im Übrigen ist sie auch häufig mit Leuten ihres Alters zusammen.«
Servaz hatte nicht übel Lust, ihm zu sagen, er solle die Klappe halten.
»Geht das schon lange?«, fragte er in einem Ton, den er selbst merkwürdig fand.
»Zehn Monate. Wir haben uns in der Warteschlange vor einem Kino kennengelernt. Und den ersten Schritt hat sie gemacht, wenn Sie es genau wissen wollen.«
Sie war also sechzehn, als es anfing
… Das Blut rauschte in seinen Ohren. Es schien ihm, als würde die Stimme des Mannes vom Summen von tausend Bienen übertönt.
»Ich verstehe Ihre Besorgnis«, sagte der Anwalt, »aber sie ist unbegründet: Margot ist ein gesundes, ausgeglichenes Mädchen, das sich in seiner Haut wohl fühlt – und das in der Lage ist, seine Entscheidungen selbständig zu treffen.«
»In seiner Haut wohl fühlt?«, fand er die Kraft zu erwidern. »Haben Sie denn in letzter Zeit nicht diese …
Traurigkeit
an ihr bemerkt? Liegt das an Ihnen?«
Der Mann wirkte ernsthaft verlegen – aber er hielt Servaz’ Blick stand.
»Nein«, sagte er, »an
Ihnen.
Sie hat das Gefühl, dass Sie durcheinander sind, ratlos und vereinsamt. Sie spürt genau, dass die Einsamkeit Sie zermürbt, dass Sie es gern hätten, wenn sie mehr Zeit mit Ihnen verbringen würde, dass Ihr Beruf Sie aufreibt, dass ihre Mutter Ihnen fehlt. Und das bricht ihr das Herz. Ich sage es Ihnen noch einmal: Margot liebt Sie sehr.«
Einen Moment herrschte Stille. Als Servaz wieder das Wort ergriff, klang seine Stimme sehr kalt.
»Hübsches Plädoyer«, sagte er. »Aber du solltest dir dieses Geschwätz für die Gerichtssäle aufheben. Bei mir verschwendest du nur deine Zeit damit.«
Aus den Augenwinkeln stellte er mit Befriedigung fest, dass dem Mann das Duzen gegen den Strich ging.
»Jetzt hör mir mal gut zu. Du bist Anwalt, du hast einen Ruf, und ohne diesen Ruf bist du beruflich erledigt. Ob meine Tochter, gesetzlich gesehen, als sexuell mündig gilt oder nicht, ändert rein gar nichts daran. Wenn sich morgen herumspricht, dass du es mit jungen Mädchen treibst, kannst du einpacken. Du wirst nacheinander deine Klienten verlieren. Und vielleicht wird deine Frau die Augen vor deinen Seitensprüngen verschließen, aber sie wird weit weniger dazu geneigt sein, wenn kein Geld mehr in die Kasse kommt, glaub mir. Also wirst du Margot sagen, dass es zwischen euch aus ist, und zwar in aller Form, erzähl ihr, was du willst: In diesem Schmus kennst du dich doch aus. Aber ich will deinen Namen nie mehr hören. Übrigens habe ich dieses Gespräch aufgezeichnet, bis
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