Schwarzer Schwan
auch eine Alarmanlage installiert zu haben.
72.
Ausfahrt Blankenheim. Rund einhundert Kilometer Autobahn lagen hinter Dominik, auf denen er unerwartet gut vorangekommen war. Er bog auf die Bundesstraße ab, die von Euskirchen nach Trier quer durch die Eifel führte. Auch hier herrschte zu dieser Stunde nur wenig Verkehr.
Mit einem Mal befand sich Dominik inmitten grüner Landschaft, ringsum ragten immer höher die bewaldeten Hügel auf. Er ließ das Fenster heruntergleiten und sog die frische Brise in seine Lungen. Ein neuer Tag, fern der Großstadt, so friedlich.
Die gut ausgebaute Straße umkurvte Blankenheim. Sie folgte dem Kamm eines Hügels, links dichter Mischwald, rechts Getreidefelder, die zu einem Tal hin abfielen. Die Urft floss dort, vermutete Dominik, der vor dem Losfahren die Karte studiert hatte. Hinter einem alten, rußenden Lkw musste er bremsen. Er schloss das Fenster und überholte bei nächster Gelegenheit.
Eine Zeit lang ging es nur durch Natur, kein Haus weit und breit. Dann überquerte Dominik eine Bahnlinie. Zur Rechten tauchte das Örtchen Dahlem auf. Der Zeiger der Benzinanzeige zitterte in den roten Bereich. Kein Problem, sagte sich Dominik. Es war nicht mehr weit und dann würde er sicher eine Tankstelle finden.
Bergab ins Tal der Kyll. Dominik folgte dem Hinweisschild und verließ die Bundesstraße. Vor ihm erhob sich der Berg mit der Ruine und einer alten Siedlung, die sich an die einstige Ritterburg drückte. An den Flanken der umgebenden Hügel und unten am Fluss befanden sich weitere Ortsteile, einzelne Bauernhöfe sowie Ferienhäuser von Städtern, die sich hier einen Zweitwohnsitz eingerichtet hatten.
Kronenburg, das Ziel seiner Fahrt.
Glockengebimmel. Es war exakt neun Uhr. Dominik fragte sich, ob es unhöflich war, an einem Samstagmorgen um diese Zeit zu klingeln. Er hatte sich nicht angemeldet, weil er verhindern wollte, schon am Telefon abgewimmelt zu werden.
Er stoppte am Straßenrand und studierte den Plan, den er sich ausgedruckt hatte. Luxemburger Straße, ein frei stehendes Haus. Das Dorf war zu klein, um die Adresse zu verfehlen. Zwei Mal abbiegen und er war da. Dominik hielt in der Zufahrt und stieg aus.
Das Haus schien bereits vor vielen Jahrzehnten errichtet worden zu sein. Die Mauern hatten einen Anstrich nötig, fand Dominik. Der Garten war verwildert, in den Beeten wucherte Unkraut. Auf dem kleinen Rasenstück wuchs mehr Moos als Gras. Dominik kam an einem Wäscheständer und einer Kinderschaukel vorbei, beides vom Rost angefressen.
Drei Stufen aus Stein. Dominik drückte mehrfach die Klingel. Irgendwo im Inneren des geräumigen Hauses schellte es, aber sonst vernahm Dominik keinen Mucks.
Sollte er den Weg vergeblich gemacht haben? Dabei hatte die E-Mail des Bonner Vermisstensachbearbeiters so interessant geklungen.
Dominik umrundete das Haus. Auf der Rückseite betrat er eine Terrasse ohne Gartenmöbel, weiß von Vogelkot.
Wohnte der Mann etwa nicht mehr hier?
Dominik entdeckte ein gekipptes Fenster. »Herr Hilgers?«, rief er durch den Spalt und versuchte, nach innen zu lugen.
Eine altmodische Kommode. An der Wand darüber ein Druck mit Dürers betenden Händen. Als Dominik die Wange gegen den Fensterrahmen drückte, konnte er ein Ehebett erkennen. Ein Kissen lag darauf, eine einzelne, aufgeschlagene Bettdecke und zwei Teile eines Schlafanzugs. Die andere Hälfte des Bettes war leer, nur mit einem Laken bezogen.
Dominik kam sich vor wie ein Spanner und wich zurück. Er stieg über wucherndes Brombeergestrüpp und stand erneut vor der Haustür.
Letzter Versuch mit der Klingel.
Ein Radfahrer stoppte am Zaun, in der Faust am Lenker die prall gefüllte Papiertüte einer Bäckerei. »Wollen Sie zu Bernd?«, rief der Mann herüber.
»Bernd Hilgers, ja.«
»Versuchen Sie’s mal an der Tanke!«
Bevor Dominik nach dem Weg fragen konnte, saß der Radler bereits wieder im Sattel und strampelte davon.
Dominik steuerte seinen Wagen zurück zur Hauptstraße, die sich nach Süden in den Talgrund schlängelte. Dort ging es an einer Kreuzung rechts nach Belgien, links aus dem Ort hinaus und wieder zur Bundesstraße, über die er hergekommen war.
Endlich hatte Dominik Glück und erspähte eine Fußgängerin, die er um Hilfe bitten konnte. Sie blieb auf Distanz und rief etwas in schwer verständlichem Eifeler Singsang, doch ihre Handbewegung schien klar. Links.
Nach rund einhundert Metern bog Dominik auf das Gelände einer Tankstelle, zapfte Benzin und ging in
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