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Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Eckert
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braucht ein Projekt wie Fürstenroda, wenn sie sich auf ihrem Posten halten will. Aber wie gesagt, noch hat sie nicht zugestimmt.«
    Mierscheid verstand: In der ihm zugedachten Position sollte er das Endlager im Sparclub-Salzstock genehmigen, zu einem möglichst gepfefferten Preis anmieten und dies der Kanzlerin und dem Steuerzahler als günstige Gelegenheit verkaufen, als alternativlos – wie Lichtenberg das bei der MHE-Rettung getan hatte.
    »Umwelt ist nicht gerade mein Fachgebiet.«
    Frantzen zuckte mit den Schultern. »Aber der Posten, auf dem Dingendorff dich sehen möchte.«
    »Wo ist er eigentlich?«, fragte Mierscheid. »Ich muss mit ihm reden.«
    »Später vielleicht.«
    »Nein, jetzt.«
    »Er führt Gespräche am laufenden Band. Alle wollen etwas von ihm. Und er muss den Laden auf Linie bringen, versteh das doch.«
    »Jetzt und unter vier Augen.«
    »Was ist los mit dir, Lothar?«
    Mierscheid holte tief Luft. »Ich glaube, ihr braucht mich mehr, als ich euch.«
    Frantzens Lächeln fror ein. Er schien um Worte zu ringen. Dann zog der Kommunikationsdirektor der RheinBank AG sein Smartphone hervor und tippte eine SMS.
    Geht doch, dachte Mierscheid.
71.
    Die Bibliothek befand sich im zweiten Stock. Antike Folianten in Regalschränken hinter Glas, ein grüner Kachelofen. Eine übergroße, vergilbte Bibel im Ledereinband lag aufgeschlagen auf einem Stehpult. Tisch und Polsterstühle – alles stilecht und höchst gediegen.
    Dingendorff stand am Fenster und winkte Mierscheid zu sich.
    Der Blick ging in den Park. Exakt gestutzte Hecken begrenzten symmetrisch angeordnete Blumenbeete. Jenseits des Wassergrabens weitete sich das Areal zum Landschaftsgarten. Sträucher und Bäume aller Arten, scheinbar von der Natur gesetzt. Brückenbögen spannten sich über einen Wasserlauf, Trauerweiden senkten ihre Zweige in einen Teich, auf dessen Oberfläche die Abenddämmerung orangefarbene Reflexe pinselte – die Spiegelung des dramatischen Himmels über der Grenze zu Holland.
    »Es gibt hier Nutrias, Eisvögel und drei verschiedene Spechtsorten«, erklärte Dingendorff. »Eichen, die über zweihundert Jahre alt sind. Und die blaue Atlaszeder dort drüben wurde angeblich kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg gepflanzt. Wie klein ist dagegen der Mensch, nicht wahr?«
    »Ich bin beeindruckt.«
    »Wo hakt es, Herr Mierscheid? Staatssekretär – das ist doch kein schlechtes Angebot. Wir werden die Kanzlerin beackern und Sie sind unser Mann. Was wollen Sie noch?«
    »Zeigen Sie mir Ihr Tattoo.«
    »Bitte?«
    Sie waren allein im Raum. Mierscheid zögerte nicht. Er unternahm den Überraschungsangriff, wie er sich das seit der Lektüre des Tagebuchs wieder und wieder vorgestellt hatte: Er drängte Dingendorff gegen die Wand und riss ihm das hellblaue Hemd aus der Hose.
    Doch auf dem Bauch des Bankers – keine Sonne.
    Mierscheid war verblüfft. Er hatte fest mit einer Tätowierung gerechnet.
    Ich kann Conni nicht sagen, dass ich die kleine Sonne selbst schon gesehen habe – wen außer ihrem zeitweiligen Verehrer konnte Paula gemeint haben?
    Der RheinBank-Boss stieß ihn weg und brachte das Stehpult mit der alten Bibel zwischen sie. »Sind Sie verrückt geworden?« Er stopfte sich das Hemd zurück in die Hose. Seine Frisur war durcheinandergeraten.
    Mierscheid wurde klar, dass er doch etwas gesehen hatte. »Was waren das für Narben? Wann haben Sie sich das Tattoo entfernen lassen?«
    »Das geht Sie nichts an. Ich habe Sie für einen vernünftigen Mann gehalten, aber offenbar habe ich mich geirrt.«
    »Reden Sie keinen Stuss. Sie haben vor zwanzig Jahren Paulas Schwester vergewaltigt und fast umgebracht. Hier in diesem Gemäuer. Geben Sie’s zu!«
    »Ach, daher weht der Wind.«
    »Und weil Paula Ihnen auf die Schliche gekommen ist, musste sie sterben.«
    »Das glauben Sie doch selbst nicht.«
    »Ich will, dass Paulas Mörder seine Strafe findet.«
    »Völlig d’accord, Mierscheid. Also sollten wir nicht übereinander herfallen wie Kinder im Sandkasten.« Dingendorff nahm sein Handy aus der Hosentasche und tippte auf dem Display herum, als wollte er Verstärkung rufen.
    »Ich werde zur Polizei gehen«, drohte Mierscheid. »Wie Paula es vorhatte.«
    »Lächerlich.«
    Die Tür ging auf, Helmut Frantzen trat ein. Im Schlepptau folgte ihm der Talkshowmoderator. Das ging aber flott, dachte Mierscheid.
    Dingendorff war die Erleichterung anzusehen.
    Frantzen zeigte seinem Chef einen DIN-A4-Ausdruck. »Das wird morgen im Blitz zu lesen

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