Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Eckert
Vom Netzwerk:
Er lief nach unten, vorbei an den Security-Leuten und hinaus auf die Straße, wo er ein Taxi anhielt.
    Ich hätte erst gar nicht kommen sollen, dachte er und nannte dem Fahrer die Adresse von Dieckmanns Austernbar .
    In einen Beziehungsstreit zwischen Paula und Malte verwickelt zu werden, hätte ihm gerade noch gefehlt. Vergiss den Engel, sagte sich Mierscheid.
    Vielleicht würde er bei Vattenfall noch ein paar Austern ergattern.
9.
    Bis ein Uhr nachts feilte Hanna an den letzten Details und telefonierte quer über den Globus, dann war es Mitternacht am Stammsitz der Kanzlei Smith-Dudley und achtzehn Uhr Ortszeit in der Potassium-Global-Zentrale – Hanna kam zunächst nicht weiter.
    Doch ihr Hochgefühl hielt an, als sie den Aufzug in die Tiefgarage nahm.
    Nur wenige Autos standen noch auf der weiten, hellgrau gestrichenen Fläche. Völlige Stille, bis auf das entfernte Knistern einer defekten Neonröhre. Hanna drückte die Taste des Funkschlüssels, um ihr Volvo-Coupé zu entriegeln. Das Klacken der Türschlösser hallte durch das Parkdeck.
    Nachts fühlte sich Hanna stets unwohl in der riesigen Garage, obwohl sie hell erleuchtet war. Auch die Kameras an der Betondecke gaben ihr kein sicheres Gefühl. Im Gegenteil: Der Gedanke, dass ein Wildfremder an einem Monitor ihre Schritte verfolgte, beunruhigte sie zusätzlich. Sie war froh, als sie in ihrem Auto saß und die Schranke an der Ausfahrt sie ins Freie entließ.
    Zehn Minuten später öffnete Hanna ihre Wohnungstür. Pizzageruch schlug ihr entgegen. Ein großer Karton von Pizza Pasta Pronto lag auf dem Tisch, der Fladen nur zu einem Drittel gegessen und längst erkaltet. Sie nahm ein Stück, biss gierig ab und spähte ins Wohnzimmer.
    Leonie schlief auf der Couch. Hanna zog die Decke zurecht und lächelte über den zotteligen, grauen Stoffhund neben dem Kopfkissen. Er hieß Pluto, begleitete das Mädchen, seit es klein war, und sah ziemlich verschlissen aus.
    Hanna dachte daran, dass Leonie keine Kindheit wie andere gehabt hatte. Keinen Vater, nur die wechselnden Freunde Brittas. Eine allzu strenge Mutter, wie Hanna manchmal fand, vielleicht lag das an Brittas Beruf als Lehrerin.
    Hanna hatte keine Ahnung, woher sie die Zeit nehmen sollte, sich um ihre Nichte zu kümmern. Auch wusste sie nicht, was sie einer Fünfzehnjährigen bieten musste. Aber es freute sie, Besuch zu haben. Sie mochte ihr Patenkind sehr.
    Nicht allein in ihrer Bude zu sein – ein ungewohntes Gefühl für Hanna.
    Nach fünf Stunden Schlaf wieder raus: Joggen, Kaffee, Duschen und ab ins Büro. Bevor Hanna ihre Wohnung verließ, schrieb sie hastig ein paar Zeilen für Leonie, die noch schlief. Sie versprach, heute früher nach Hause zu kommen, und hoffte, das auch einhalten zu können. Damit das Mädchen sich versorgen konnte, legte Hanna ihm einen Fünfzigeuroschein neben die Notiz. Ihr war klar, dass sie eine schlechte Ersatzmutter war.
    Britta und ihr Lover saßen jetzt im Flieger nach Venedig. Hanna freute sich für die beiden.
    Im Büro blendete sie das alles aus, das Fieber packte sie sofort: Kali, Konzernfusion, Milliardenkredit.
    In Gedanken las Hanna bereits ihren Namen in der Fachpresse, beeindruckte die alten Hasen und brachte Lutz, ihren Teamleiter, zur Weißglut vor Neid. Der Mistkerl würde Augen machen, wenn er aus dem Urlaub zurückkehrte.
    Die RheinBank würde rund zehn Millionen Euro an ihrem Deal verdienen. Netto. Eine gute Million davon allein durch das gestrige Pokern.
    Es war elf Uhr, als das Kreditkomitee der RheinBank das Paket für die Mitteldeutsche Kali AG absegnete. Die größte Hürde war geschafft, alles Weitere Formsache.
    Selbst Ahrendt war ganz aufgekratzt und stellte Hanna unter vier Augen einen großzügigen Bonus in Aussicht.
    Punkt zwölf traf sich wie jeden Mittwoch der Gesamtvorstand. Die Runde der Oberbosse, deren Bürofenster im vorderen Turm des Bankkomplexes Hanna von ihrem Schreibtisch aus erspähen konnte, wenn sie sich vorbeugte – ganz links residierte Dingendorff, der Vorstandsvorsitzende.
    Hanna malte sich aus, wie die erlauchte Runde ihre Beförderung anordnete: Teamleiter anstelle von Lutz. Oder gleich Abteilungschef anstelle von Ahrendt, dem Zauderer.
    Tagträume.
    Um ihren Job perfekt zu machen, begann Hanna, die Eckpunkte für die Vermarktung der bevorstehenden Transaktion zu skizzieren. Sie entwarf sogar schon den Text einer Pressemitteilung – von den zuständigen Leuten steckte niemand nur ansatzweise im Thema wie sie. Das würde auch

Weitere Kostenlose Bücher