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Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Eckert
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Waffe ausschließlich nach vorn richten, den Zeigefinger erst für den Schuss an den Abzug legen. Mit der Linken den Griff umklammern. Die rechte Hand locker halten, um beim Abdrücken nicht zu verziehen. Schutzbrillen gegen Hülsensplitter tragen. Und wer den Gehörschutzbügel vorzeitig abnimmt, riskiert Tinnitus – nach Dominiks Erfahrung eine übertriebene Warnung.
    Vor dem eigentlichen Test schossen sie sich ein. Dominik nahm sich Zeit und blieb konzentriert. Durch jedes Schussloch stach Licht aus der Rückwand – aus der Sechsmeterdistanz traf jeder seiner Versuche das bunte Symbol.
    Besser als erwartet.
    Die Trainerin korrigierte die Beinstellung: nicht breitbeinig, sondern in Schrittposition, um möglichst festen Stand zu behalten.
    »Und jetzt der Deutschuss«, kommandierte sie. »Aufmerksame Sicherungshaltung, linke Hand zur Brust!«
    Vierecke und Kreise markierten Figuren in Menschengröße. Mit der Rechten hob Dominik seine Walther P99 ein paar Zentimeter aus dem Holster. Jetzt galt es, beide Augen offen zu halten und zügig drei Mal hintereinander zu feuern.
    Dominik zog zugleich mit seinen Kollegen und drückte ab. Der erste Schuss saß, doch sofort spürte Dominik, wie ihn Unruhe überkam. Er hätte sich gern den Mann vorgestellt, der ihm Nelly geraubt hatte. Doch statt Asanovic stand ein anderer da und ließ sich nicht verscheuchen.
    Der zweite Versuch schlug etwas außerhalb des Rechtecks ein. Dominiks Hand zitterte leicht – das Gewicht der Waffe, der Rückstoß. Und der Flashback, die Erinnerung an Dennis Raabe, den Kerl, den er einst für Asanovic gehalten hatte. Am liebsten hätte Dominik aufgegeben und die Pistole weggeschleudert.
    Der Trainer unterbrach und schimpfte. Doch es galt nicht Dominik. Seinem Nebenmann war eine Hülse in das Hemd gefallen und der Kollege hatte nach dem heißen Ding gefischt, ohne zuerst seine Walther sicher im Holster zu verstauen.
    Sie klebten die Schusslöcher ab.
    Es wurde ernst.
    Die Trainerin verteilte Magazine, in die sie Blindgänger gemischt hatte, um spontane Ladehemmung zu simulieren. Die Projektion wechselte, eine Schrift erschien: LÜHT 2 – Landeseinheitliche Übung zur Handhabungs- und Treffsicherheit .
    Dominik schloss die Augen und atmete kurz ein und lange aus. Dazu ballte und öffnete er abwechselnd die Fäuste. Das beruhigt, hatte er in einem Seminar gelernt. Das Zittern legte sich tatsächlich etwas, aber er bezweifelte, dass er den Test bestehen würde.
    An einem späten Donnerstagabend im Mai vor drei Jahren waren er und sein damaliger Partner Jochen Urban von einem Funkspruch der Leitstelle in die Bilker Straße dirigiert worden. Dominik war die Adresse nur allzu geläufig gewesen. Nellys Atelier befand sich dort.
    Jemand hatte die 110 alarmiert, den Anruf jedoch abgebrochen.
    Jetzt, die Waffe streifenfertig machen: Dominik schob das Magazin in den Griff, lud durch, steckte die Walther in das Holster.
    Er sollte der Erste sein. Das war ihm recht. Aufstellung an der Sechsmeterlinie, das Gewicht auf den vorderen Fuß. Wie zuvor beim Einschießen.
    Drei gezielte Schüsse in den kleinen grünen Kreis oben rechts. Er konnte sich Zeit lassen und schaffte es, Dennis Raabe auszublenden. Saubere Treffer: drei Lichtpunkte dicht beieinander im grünen Kreis.
    Weiter zurück zur Achtmeterlinie. Hier war eine hölzerne Deckung aufgebaut. Dominik kniete sich dahinter, stützte den Arm auf und visierte an. Der Kreis auf der Wand war nun gelb und etwas größer.
    Dominik zielte sorgfältig und drückte mehrfach ab, machte Pausen dabei. Nur ein Fehlschuss. Nach drei Treffern erlosch der Kreis.
    Zehn Meter. Das Wort an der Wand: Deutschüsse .
    Dominik spürte, wie er nervös wurde. Jetzt musste es schnell gehen.
    Acht Fehlschüsse waren insgesamt erlaubt.
    Ein graues Oval. Asanovic. Nein, Raabe.
    Dominik zog und schoss. Treffer. Zweiter Schuss. Daneben. Dann ein leeres Klicken – Ladehemmung. Dominik schlug von unten gegen das Magazin, repetierte und drückte erneut ab. Noch ein Punkt leuchtete auf – außerhalb des Ovals.
    Mist.
    Dominik schoss und schoss und schoss.
    Sah Raabe in die Augen und verlor das Oval aus dem Blick.
    Als Dominik und Jochen vor Nellys Laden eintrafen, war die Tür angelehnt und drinnen brannte Licht. Sie hörten ein Rumpeln, begleitet von leisen Flüchen. Nellys Stimme ist das nicht, erkannte Dominik und zog die Pistole – damals noch die Sig Sauer P6.
    Er musste sich gegen die Tür stemmen, weil ein schwerer Gegenstand sie

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