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Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Eckert
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nicht recht. Mutti war einmal sein Mädchen, das aufmüpfig wurde. Er hat noch ein Huhn mit ihr zu rupfen. Die Atomdiskussion könnte die Gelegenheit für ihn sein.«
    »Aber ich hab absolut keinen Draht zu dem Alten. Du etwa?«
    »Nein, auch nicht. Du solltest Alex Vogel fragen.«
    »Den Chefredakteur des Blitz? «
    »Genau den. Vogel hat eine höchst schmeichelhafte Kohl-Biografie geschrieben und wurde sogar zum Interview vorgelassen. Bring Vogel mit einem deiner Strombosse zusammen. Gemeinsam sollen sie Kohl bezirzen, damit er etwas von sich gibt oder zumindest seinen Namen unter einen entsprechenden Artikel setzt.«
    Mierscheid bemerkte die Blicke der Umstehenden und zog sich noch weiter zurück.
    »Ein Gastbeitrag im Blitz? «, fragte Paschke.
    »Richtig. Du wirst sehen, der wird umgehend in sämtlichen Medien zitiert, zumal der Artikel als Attacke gegen die Kanzlerin gewertet werden muss.«
    »Verstehe. Und ich dachte, du kannst den Alten nicht leiden.«
    »Egal.«
    »Aber werden sie es machen, Kohl und Vogel?«
    Mierscheid lachte. »Hängt allein davon ab, wie viel deine Strombosse für das Honorar springen lassen.«
    »Das dürfte das geringste Problem sein. Genialer Tipp, danke, Lothar. Ich hör Musik bei dir, was wird gefeiert?«
    »Dass ich jetzt einen Gefallen bei dir guthabe.«
    »Hast du. Werde ich nicht vergessen.«
    Mierscheid beendete das Gespräch.
    »Hossa, Hossa!«, riefen die Gäste am Nachbartisch, während Rex Gildo schon längst eine Strophe weiter war. Der Wind drehte und der Rauch vom Grill ätzte in Mierscheids Augen. Er machte sich auf den Weg zurück zu seinem Stehtisch.
    Wieder das Handy. Roland Busch, Paulas Vater.
    »Ich habe das Tagebuch gefunden!«
    Mierscheid kapierte sofort. »Ich dachte, Ingrid hätte es vernichtet.«
    »Das würde sie nie tun. Sie hat es nur versteckt, damit es keiner zu lesen kriegt. Ein dickes Ding. Hab es gerade durchgeblättert.«
    »Darf ich es haben? Morgen bekommst du es wieder.«
    »Deshalb rufe ich an, Lothar. Ich möchte, dass du prüfst, ob etwas drinsteht, was die Polizei wissen sollte. Ich blicke nämlich nicht ganz durch. Mit den ganzen Berliner Geschichten kennst du dich viel besser aus.«
    »Gern.«
    »Aber bitte behandle das vertraulich. Ingrid wird ohnehin sauer auf mich sein.«
    »Versprochen.«
    »Und gib es auf keinen Fall Malte zu lesen. Denn der würde Paulas Tagebuch tatsächlich verbrennen, nach allem, was sie über ihn geschrieben hat.«
    Mierscheid bedankte sich und kehrte zu seinen Leuten zurück.
    »Lang zu, bevor sie kalt sind«, sagte Gerlinde.
    Drei Würste auf seinem Teller, dazu Senf und Ketchup. Die Chefredakteurin des Grevenbroicher Wochenblatts stellte ein Tablett mit einer neuen Runde Schnaps auf dem Tisch ab und prostete: »Auf unseren Abgeordneten!«
    Mierscheids Gedanken kreisten um die letzten Stunden: Paulas Beerdigung und die unverhoffte Begegnung mit Dingendorff. Er war gespannt, was das Tagebuch über Paula und den Banker verraten würde. Ihm fiel eine Bemerkung ein, die Malte Lichtenberg neulich gemacht hatte: Ich verstehe mich zum Beispiel ganz gut mit Dingendorff von der RheinBank. Das war Paula auf einmal ein Dorn im Auge.
    Was war da vorgefallen?
    Mierscheid schob sein Schnapsglas Gerlinde zu. »Ich muss los. Und wegen morgen Abend …«
    »Ja?«
    »Das Feuerwehrfest in Rommerskirchen – wie lange geht das?«
    »Das ganze Wochenende.«
    »Dann bitte ich dich, meinen Auftritt auf den Samstag zu verschieben. Ich möchte mir den morgigen Abend gern frei halten. Eine private Sache ist dazwischengekommen.«
    »Cherchez la femme?«
    Mierscheid zwinkerte. »Kein Kommentar.«
    Er würde Frantzens Einladung annehmen und Dingendorff treffen. Tagungshotel Burg Schassberg, Freitag, 20 Uhr.
    Mierscheid schnappte sich eine Wurst vom Teller, tunkte sie in den Senf und verabschiedete sich.
    »Wohin, so eilig?«, fragte der Ortsvorsitzende, bereits mit schwerer Zunge.
    »In die Disco«, antwortete Gerlinde. »Unser Lothar muss heute noch abrocken.«
    Die Buschs wohnten in der Kanalstraße, nahe der Neusser Innenstadt. Paulas Vater hatte das Tagebuch in den Stoffbeutel eines Bioladens verpackt und kam damit an die Haustür.
    »Bring’s mir so bald wie möglich zurück. Ich möchte keinen Ärger mit Ingrid.«
    Mierscheid konnte es nicht erwarten, die Aufzeichnungen zu lesen. Doch erst einmal nach Dormagen zum Termin mit der Jungen Union.
    Der Fotograf des lokalen Anzeigenblättchens wartete schon am Eingang zur Diskothek.

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