Schwarzer Schwan
ein.
Dominiks Wange brannte. Mit der Zunge prüfte er, ob seine Zähne noch fest saßen.
Er hatte es gründlich verbockt.
65.
Der Fahrer hielt vor der Passage, die zur S-Bahn und den Aufzügen führte. Helmut Frantzen sprang eilig aus dem Wagen, Dingendorff und sein Leibwächter folgten.
Die gläserne Automatiktür glitt zur Seite. Eine Kabine stand bereit. Frantzen trat in die Lichtschranke und wartete auf den Chef.
Er drückte den Knopf. Das Sheraton- Flughafenhotel befand sich auf dem Dach des Parkhauses. Frantzen hatte dort den Konferenzraum Jupiter reserviert.
In Gedanken war er bereits beim heutigen Abend auf Schloss Schassberg. Helios, ein irrer Coup, der Gewinn gewaltig. Der Sparclub würde Augen machen. Dingendorffs geniale Ideen und sein eigenes Geschick als Kommunikationsdirektor – gemeinsam waren sie die Herren des Universums, zumindest der Republik.
»Wie hast du das Problem nun gelöst?«, wollte der Vorstandsvorsitzende wissen. »Ich meine deine Freundin.«
Die Frage traf Frantzen wie eine Eisdusche. Er hatte zwei Nachrichten auf Hannas Mailbox hinterlassen, aber sie wollte offenbar nicht mehr mit ihm reden.
»Wir haben uns getrennt, glaube ich.«
»Im Guten?«
»Kann man nicht gerade behaupten.«
Dingendorff nahm Blickkontakt über die verspiegelte Aufzugwand auf. »Was kann sie über Helios Investments wissen?«
»Da droht keine Gefahr.«
Ganz sicher war sich Frantzen nicht. Immerhin hatte sich die Kleine gestern mit einer Kollegin aus dem Planungsstab im Thai-Imbiss getroffen, wie ihm gemeldet worden war. Aber warum damit gleich den Chef beunruhigen?
»Du bist dir sicher?«, fragte Dingendorff nach.
»An die Zahlen kommt sie nicht ran. Und ohne Zahlen ist alles nur Spekulation.«
»Was ist mit diesem Abteilungsleiter? Wie heißt er? Ahrendt?«
»Der zittert, wenn er nur an uns denkt.«
»Helmut …«
»Ja?«
»Was ist meine Regel Nummer eins?«
Frantzen versuchte, mit Ironie zu kontern. »Aber deshalb müssen wir das Geschäft mit Helios doch nicht gleich stornieren, oder?«
Dingendorff schwieg und fuhr sich mit den Fingern durch die graue Mähne.
Frantzen zweifelte nicht daran, dass das Risiko, das Hanna darstellte, beherrschbar war. Sie wurde nach wie vor observiert und auch ihre Wohnung blieb überwacht, denn dieser Polizist hatte längst nicht alle Wanzen entdeckt – die raffinierteren Minispione waren mit herkömmlicher Technik nicht zu orten. Was Frantzen allerdings zu schaffen machte, war die gestrige Durchsuchung von Urban Ermittlungen. Auch wenn Jochen versichert hatte, dass kein Bezug zur RheinBank zu finden sei.
Der Aufzug ließ sich Zeit. Leise Instrumentalmusik aus unsichtbaren Lautsprechern. Frantzen schaute auf die Uhr, trommelte mit der Fußspitze gegen den Kabinenboden und rieb sich nervös die Nase.
»Hast du etwa gekokst?«, fragte Dingendorff leise, aber scharf.
»Aber doch nicht im Dienst.« Frantzen zwang sich zu einem Lachen und warf dem Leibwächter einen raschen Blick zu. Der tat, als höre er nicht hin. Frantzen fand, dass eine kurze Linie zum Frühstück nicht der Rede wert war. So ganz ohne Coco, Charley, Cäsar trug die Welt einen grauen Schleier und er fühlte sich nur als halber Mensch.
Der Aufzug stoppte sanft. Oberste Etage, die Lobby.
In einem der Sessel saß eine Frau, die Frantzen aus dem Kanzleramt kannte, Handy am Ohr, Laptop auf den Knien. Sie nickte den Männern einen stummen Gruß zu.
Mist, sie waren schon da – der Luftwaffenairbus musste einen früheren Slot bekommen haben. Frantzen lotste seinen Chef den Gang entlang. Neben der Tür zum Konferenzraum lehnten zwei Personenschützer vom BKA.
Dingendorffs Gorilla gesellte sich zu ihnen und bot Kaugummi an.
Noch einmal blickte Frantzen auf die Uhr. »Wir sind nicht zu spät, Chef. Sie ist zu früh.«
Das Schild an der Tür: Jupiter. Der eine BKA-Mann öffnete ihnen die Tür.
Dingendorff trat als Erster ein, streckte die Hand aus und zeigte sein gewinnendes Lächeln.
Roter Teppichboden, acht schwarze Drehsessel um einen Tisch aus dunklem Tropenholz, in dessen Lack sich die Deckenstrahler spiegelten. Kaffee und Frühstück standen bereit. Fünf Gedecke, von denen sie allenfalls drei benötigen würden, wie Frantzen zu seiner Verwunderung bemerkte, denn die Frau, die bei manchen Leuten als die mächtigste der Welt galt, saß ganz allein am Tisch. Keine Büroleiterin, kein Berater oder Referent.
Die Kanzlerin schaute von ihrem Handy auf, in das sie gerade eine Nachricht
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