Schwarzer Schwan
Hartnäckigkeit mir wider alle Vernunft so schmeichelt?
Der Vergewaltiger meiner Schwester?
Mierscheids Puls beschleunigte sich.
Er glaubte zu wissen, warum Paula ermordet worden war. Und von wem.
Teil V – Schwarzer Schwan
Teil V
Schwarzer Schwan
64.
Es schellte an der Tür. Rasch schlüpfte Dominik aus dem Bett. Hanna bewegte sich im Schlaf, streckte die Hand zu seiner Seite hinüber, ihr Mund zuckte, dann entspannten sich ihre Züge wieder. Er hätte diese Frau stundenlang betrachten können.
Vorsichtig schloss er die Schlafzimmertür hinter sich, schlich zur Gegensprechanlage und nahm den Hörer.
»Ja?«, fragte er leise.
»Thilo Becker hier. Mach bitte auf.«
Dominik drückte den Knopf und lief ins Bad, wo er sich den Frotteemantel um den Leib schlang. Die Uhr im Regalfach des Spiegelschranks zeigte sechs Uhr fünfzehn. In einer Viertelstunde hätte Dominiks Wecker ohnehin die Nacht beendet. Was wollte der MK-Leiter so früh am Morgen?
Die beiden Jungs aus Osnabrück, schoss es Dominik durch den Kopf. Sie sind eingetroffen und ich soll an der Vernehmung teilnehmen. Der weiße Golf ist da. Der Spürhund war vielleicht schon dran und hat Laut gegeben. Es gibt wichtige Neuigkeiten, eine Entwicklung, von der ich wissen muss …
Schritte im Treppenhaus, Becker war nicht allein. Hinter ihm traten zwei Kollegen in die Wohnung, die Dominik kannte: Probst und Ibersberger aus seinem KK 21, zuständig für Beamtendelikte.
Etwas in Dominiks Eingeweiden verkrampfte sich.
»Kommt herein«, sagte er, obwohl die Männer schon im Flur standen. Er führte sie in die Küche.
»Möchte jemand Saft oder Wasser?«
Becker verneinte. Probst und Ibersberger wirkten, als fühlten sie sich nicht wohl in ihrer Haut.
»Wo warst du letzte Woche am Freitagnachmittag?«, fragte Becker. »Was hast du am Wochenende gemacht?« Und nach einer Pause: »Hast du wirklich geglaubt, das fliegt nicht auf?«
Ein Albtraum, dachte Dominik.
»Es bringt nichts, zu leugnen, Kollege Roth. Wir haben deine E-Mails in einem Urban-Ermittlungen – Computer gefunden. Im Anhang die Fotos mit deinen Anmerkungen. Und wir haben uns die Verbindungsnachweise der Firmentelefone besorgt. Du hast jeweils zu Beginn und am Ende der Schicht angerufen. Da hast du erfahren beziehungsweise durchgegeben, wo sich die Zielperson gerade befindet, stimmt’s?«
Dominik schwieg.
»Paula Busch kannst du nicht ermordet haben. Denn zu dem Zeitpunkt hast du Hanna Kaul und ihre Nichte vor dem Filmmuseum in der Schulstraße bespitzelt. Der sogenannte Otto, der von Patrick Neidel am Flughafen bestohlen wurde, kannst du auch nicht sein. Aber vielleicht hast du Neidel am Sonntag nach Schichtende im Auftrag dieses Ottos getötet?«
Dominik steckte seine Fäuste unter die Achseln, um nicht auf den MK-Leiter loszugehen.
»Du musst jetzt nichts sagen, die Sachbeweise sind deutlich genug.« Becker legte eine Durchsuchungsanordnung auf den Tisch. »Wir werden uns hier mal umsehen. Und du, mein Freund, bist vorläufig festgenommen.«
Ibersberger räusperte sich. »Du wirst verdächtigt, eine Straftat begangen zu haben. Was du uns sagst, kann gegen dich verwendet werden. Du hast das Recht, zu schweigen und dich von einem Anwalt vertreten zu lassen. Du kennst das ja, Dominik. Tut mir leid.«
Jetzt platzte Dominik der Kragen. »Welche Scheißstraftat?«
»Begünstigung im Amt.«
»Falls ich dich nicht wegen Mord oder Beihilfe festnageln kann«, fügte Becker hinzu.
»Das scheint dir ja großen Spaß zu machen, Arschloch.«
Der MK-Leiter lächelte kalt. »Bis jetzt dachte ich, wir könnten auf das hier verzichten.« Er nestelte die Handschellen vom Gürtel. »Aber es ist wohl besser so. Dreh dich um.«
Dominik erwiderte Beckers Blick, ohne sich zu rühren.
»Die Dinger braucht es wirklich nicht«, beschwichtigte Ibersberger. »Und lass ihn sich erst mal anziehen.«
Dominik bemerkte, dass Becker an ihm vorbeisah. Er wandte sich um. In der Tür stand Hanna. Sie hatte ihre Sachen von gestern übergezogen, das Haar war noch zerzaust. Ihr Blick drückte Verwirrung aus.
Becker feixte: »Da schau an. Erst observiert er sie, dann schleppt er sie ab!«
Hanna fasste sich an den Kopf. »Sag, dass das nicht wahr ist, Dominik.«
Er fand keine Worte.
Hart schlug sie ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. Dominik rührte sich nicht. Sie heulte auf und schlug noch fester zu, dann rannte sie aus der Wohnung.
Becker schüttelte den Kopf und kriegte sich vor Lachen nicht mehr
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