Schwarzer Skorpion - Thriller (German Edition)
unterzogen und wir wissen nicht, wie er aussieht. Sie aber können ihn anhand von Gesten und an seiner Körperhaltung identifizieren. Sie wissen, was er für ein Mensch ist.“
David antwortete nicht sofort, sondern dachte zurück. Das Gesicht von Henri Duprés tauchte vor ihm auf. Die tief liegenden schwarzen Augen, die seinem Gesicht eine unheimliche, aber auch faszinierende Aura verliehen. Trotzdem hatte David beschlossen, sich nicht überreden zu lassen.
„Hören Sie mir einmal zu, Müller. Ich habe den Job damals quittiert, weil ich mit meiner Vergangenheit abgeschlossen habe. Den letzten Auftrag habe ich nur gemacht, damit ich die Adresse von Amir Karsai von Ihnen erhalte. Die Adresse von dem Mann, der meine Frau Jane ermordet hat. Nur deswegen habe ich diesen Auftrag damals noch ausgeführt. Jetzt will ich nicht mehr.“
„Denken Sie darüber nach, Stein. Sie sind der Einzige, der uns in dieser Situation helfen kann. Sie müssen den ,Skorpion‘ für uns aufstöbern.“
„Okay, Müller, ich denke nach. Aber machen Sie sich nicht zu viel Hoffnung.“
Gegen seinen Willen hatte sich David wieder in Rage geredet und ging hektisch auf der überdachten Terrasse seiner kleinen Finca auf und ab. Zu der schmalen Schotterstraße, die zu seinem Haus führte, fiel der Garten ein wenig ab und in dieser Senke stand auch der große Käfig, in dem noch immer der Potenco Sancho, ein windhundähnlicher spanischer Jagdhund, lebte, den David vor einigen mallorquinischen Jugendlichen gerettet hatte, die ihm den Schwanz anzünden wollten. Davids Freundin Sonja hatte den Hund dann Sancho getauft, weil sie fand, dass David genauso wie der Held aus Don Quichotte immer gegen Windmühlen kämpfte und er niemals alle Hunde würde retten können.
Vielleicht hatte Sonja recht gehabt, denn Sancho war noch immer verschreckt und wagte sich nicht aus dem Käfig heraus, ganz anders als Tiger, der auf seinen drei Beinen bereits das ganze Gelände erkundet hatte und sich jetzt seufzend und zufrieden auf der überdachten Terrasse ausstreckte, David aber keine Sekunde aus den Augen ließ.
„Stein, sind Sie noch am Apparat?“ Müllers Tonlage war jetzt bereits ein wenig genervt, er hasste es, wenn nicht alles nach Plan ablief. „Wie haben Sie sich entschieden?“
„Es gibt nichts zu entscheiden!“, antwortete David kurz und bündig. „Ich bleibe bei meinem Nein!“
Er wollte gerade das Gespräch trennen, als sich Robyn plötzlich wieder einklinkte.
„Stein“, sage sie mit ihrer emotionslosen Computerstimme. „Die Tötungsstation wird in zwei Monaten geschlossen. Sie möchten doch die armen Tiere vor dem sicheren Tod retten? Gehe richtig mit dieser Annahme?“
„Woher wissen Sie das denn, zum Teufel?“, fauchte David wütend.
„Sie sind ein Hundeflüsterer und kümmern sich um verwahrloste Hunde. Retten sie aus den Tötungsstationen. Ich kann das nicht nachvollziehen, aber das ist auch gleichgültig.“
„Worauf wollen Sie hinaus, Robyn?“, fragte David und wurde plötzlich hellhörig.
„Nun, Sie haben ja heute mit dem Vorarbeiter Juan gesprochen, dass Sie das Gelände mitsamt der Tötungsstation gerne kaufen würden, um die Tötungsstation in ein Hundeasyl umzuwandeln.“
„Sie haben mich abgehört!“, rief David außer sich vor Zorn. „Wie lange hören Sie mich schon ab?“
„Seit genau siebzig Minuten, Stein“, antwortete Robyn mit vollkommen neutraler Stimme. „Doch darum geht es überhaupt nicht bei unserer Diskussion.“
„Worum geht es dann?“
„Wie viel kostet das Areal mit der Tötungsstation?“, fragte jetzt Müller, der versuchte, unbeteiligt zu klingen. „Los, sagen Sie schon eine Zahl, Stein.“
David musste lächeln. Es war immer das Gleiche. Schon zu seiner aktiven Zeit war Geld ein ausreichender Motivator gewesen, auch die unmöglichsten Jobs durchzuziehen. Seine Informanten hatten für Geld fast alles getan. Sie hatten dafür ihr Leben riskiert und es in den meisten Fällen auch verloren. Denn ob jemand ein Verräter war oder nicht, das konnte man meilenweit riechen. Nur diese Informanten wussten das nicht und dieses Nichtwissen wurde ihnen in vielen Fällen zum Verhängnis. Doch jetzt musste er mit Müller von der „Abteilung“ pokern.
„Ich will eine Million Euro“, sagte David und wiederholte, als er keine Reaktion hörte, „eine Million auf ein Konto in Gibraltar, steuerfrei.“
„Eine Million Euro“, wiederholte Müller gelangweilt. „Euros sind nicht von Vorteil für
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