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Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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ätzenden Virus. Sie ging aufrecht weiter, zurück in das Licht des Salomefensters. Es war eine Flucht.
    Eine alte Galionsfigur war an den Strand gespült worden. Ein Wassermann, an dem noch grüne und gelbe Farbe klebte. Sein graublauer Torso endete in einem langen Fischschwanz. In der Hand hielt er einen völlig verbogenen Dreizack. Camillo würde die Figur gefallen, dachte sie. Der Wassermann lehnte an der Klippe und schien auf ihn zu warten.
    Sie saß in der Bucht und betrachtete das Meer. Die See hatte keine Antwort, selbst das Treibgut schien sie nur verhöhnen zu wollen.
    Sie würde ihre Koffer packen, ins Dorf marschieren und ein Haus mit Telefon suchen. Dann würde ein Auto kommen und sie irgendwohin bringen. Aber wohin? Und – realistisch gesehen – wie sollte sie die schweren Koffer so weit tragen? Für eine Flucht müsste sie alles zurücklassen.
    Zweifelsohne würde er sie jetzt in Ruhe lassen. Wenn sie nicht selbst zu ihm ging. Es war ihre eigene Schuld. Nicht wie bei der Vergewaltigung, gegen die sie sich nicht wehren konnte. Sie hatte diesen Mann ermutigt, ohne zu wissen, was sie tat. So musste es sein.
    Ein weiterer Zentimeter, eine weitere Minute, und sie wäre in den Abgrund gestürzt.
    Sie musste entkommen.
    Es war reine Ironie, als Cheta, die Rachaela das Frühstück brachte, ihr erzählte, dass sie und Carlo sich in ein oder zwei Tagen auf den Weg machen würden, um den Lieferwagen zu treffen.
    Sie würde Carlo und Cheta nicht überreden können, ihre Koffer zu tragen. Sie waren ein Teil dieser Verschwörung, um sie hier festzuhalten. Sie konnten sich ihr gegenüber zwar nicht ungebührlich verhalten, doch sie konnten ihr die Hilfe verweigern. Sie gehörte der Familie.
    Am Abend zuvor hatte Anna so zufrieden ausgesehen, und Stephan hatte Schach gegen sich selbst gespielt. Anna repräsentierte die Scarabae. Ihr billigendes Lächeln war Ausdruck für das Wohlwollen der Sippschaft.
    Sie spielen mit uns beiden. Das solltest du begreifen. Er hatte es ihr gesagt. Sollte sie denken, dass er ebenso hilflos in ihrem Netz gefangen war?
    Die See warf sich gegen die Klippen und zerbarst. Rachaela erhob sich und machte sich auf den Weg zurück über die gefährlichen Stufen. Was würde passieren, wenn sie ausrutschte? Das wäre das Ende ihrer Pläne für die Fortsetzung der Familie.
    Sie kam unbeschadet oben an.
    Der Schrei eines Brachvogels hallte über die Heide. Sie konnte ihn nicht sehen.
    Durch den Wintergarten gelangte sie zurück ins Haus. Carlo war dort, fast unsichtbar über ein Büschel malvenfarbener Blumen gebeugt.
    Kein Scarabae in Ess- oder Wohnzimmer. Irgendwo schlug eine Uhr, dreizehnmal.
    Sie kam in die Halle und fand acht Scarabae, die fast bewegungslos beisammenstanden: Eric, dachte sie, Peter und Dorian, Unice, Livia, Miranda, George und Jack.
    Irgendetwas war im Gange. Aber was?
    Die bunten Fenster ließen einen dunklen Schatten auf dem schachbrettgemusterten Boden erkennen. Zuerst konnte sie nicht ausmachen, was es war. Dann sah sie einen alten Mann in schäbiger Jacke, der auf dem Gesicht lag; seine dünnen, alten Gliedmaßen waren verschlungen, seine Hände erinnerten an zerknülltes Papier.
    Miranda drehte sich zu Rachaela um. Sie sprach fast andächtig: » Er ist einfach heruntergefallen.«
    » Ich habe es gesehen«, sagte Unice. » Er ist die Treppe heruntergekommen und dann umgefallen. Einfach so.«
    » Er ist krank«, meinte Rachaela verdutzt. Ihre stählerne Unverwundbarkeit war also doch brüchig.
    » Nein, nicht krank«, warf Jack vom anderen Ende der Halle her ein. » Er ist tot. Ich habe seinen Puls gefühlt.«
    » Wir sind sicher«, sagte Miranda, » ziemlich sicher.«
    » So passiert es«, meinte Livia.
    » Ganz plötzlich«, fügte Miranda hinzu.
    » Aber …«, wollte Rachaela protestieren.
    » So läuft das bei uns«, sagte George. Er legte seine Hand auf Jacks Schulter. » Am besten holst du Carlo.«
    » Er ist im Wintergarten«, sagte Rachaela. » Soll ich …«
    » Ja, ja«, erwiderte Miranda. » Geh du, meine Liebe.«
    Rachaela wandte sich wie betäubt um und verließ die seltsame Gruppe; sie standen wie Statuen, diese erschrockenen alten Menschen, mit welken, starren Gesichtern, und unergründlichen schwarzen Augen.
    Im Wintergarten hangelte sich Carlo mit seiner Sprühflasche wie ein Affe zwischen den Farnen hindurch.
    » Carlo. Sylvian ist in der Halle gestürzt.«
    Carlo stellte die Flasche ab und setzte sich ohne ein Wort in Bewegung. Sein Gesicht war

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