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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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sie wußte, daß sie verschlossen sein würde.
    Fast augenblicklich ertönte ein drohendes Flüstern. »Wer ist da? Ich ziele mit einer Waffe auf Sie!«
    »Anna. Machen Sie auf!«
    Sie hörte das Klicken. Die Tür wurde geöffnet. Ariel Weitz stand in seiner Unterhose da und hielt eine Waffe in der Hand. Anna ging an ihm vorbei ins Zimmer. Es war kaum größer als ein Besenschrank, aber es hatte fließendes heißes und kaltes Wasser, ein Luxus, verglichen mit dem, womit die anderen Gefangenen ihr Dasein fristen mußten. Es roch nach Zigaretten und billigem Fusel.
    »Was wollen Sie hier?« fuhr Weitz sie an.
    »Ich brauche ein sofortiges Treffen.«
    »Mit wem?«
    »Mit den Wojiks. Und sie müssen das Funkgerät mitbringen.«
    »Sie sind verrückt! Sie wollen, daß ich sie anrufe?«
    »Ja. Noch heute nacht. Jetzt sofort.«
    »Das mache ich nicht.« Weitz schüttelte übertrieben heftig den Kopf.
    »Sie müssen. Alles hängt davon ab.«
    Seine Augen leuchteten auf. »Sind die Kommandos hier?«
    »Rufen Sie sie einfach an, Herr Weitz.«
    »Wie viele? Werden sie das Lager angreifen?«
    »Sagen Sie Stan, er soll mich dort erwarten, wo wir uns schon vorher getroffen haben.«
    »Das kann ich nicht«, wiederholte Weitz hartnäckig. »Schörner wird mich erwischen.«
    »Das bezweifle ich. Vermutlich liegt er gerade mit der Jüdin im Bett.«
    Er warf ihr einen Seitenblick zu. »Das wissen Sie?«
    »Ich weiß eine ganze Menge. Warum haben Sie so viel Angst? Ich dachte, Sie wären derjenige ohne Nerven.«
    »Es ist Schörner. Er hat sich verändert. Er trinkt kaum noch und hat seine Augen überall.«
    »Was erwarten Sie denn, nachdem einer seiner Männer ermordet wurde und in einen britischen Fallschirm eingewickelt worden ist?«
    »Das war ziemlich schlimm, da haben Sie recht. Aber ich glaube, es liegt genauso sehr an der Jansen wie an den Fallschirmen. Er glaubt, wieder in Russland zu sein.«
    Anna bemühte sich, so schmeichlerisch wie möglich zu klingen. »Herr Weitz, alles, was Sie bisher getan haben, hat uns ermöglicht, so weit zu kommen. Alles ist bereit. Aber nichts wird passieren, wenn Sie die Wojiks nicht dazu bringen, mich morgen zu treffen.«
    Weitz preßte die Hände auf die Brust wie ein Bergsteiger, der gegen die Unterkühlung ankämpft. »Schon gut, schon gut«, sagte er. »Ich versuche es.«
    »Sie tun es! Sobald ich wieder weg bin.« Anna ging zur Tür und drehte sich auf der Schwelle noch einmal zu dem Mann um. »Und Herr Weitz ... trinken Sie nicht so viel.«
    Weitz nickte, aber seine Augen wirkten leer. »Ich bin so müde«, sagte er, und seine Stimme nahm einen femininen Tonfall an. »Alle halten mich für ein Monster. Selbst Schörner. Meine eigenen Landsleute hassen mich mehr als die SS.«
    »Aber genau das gestattet Ihnen zu tun, was Sie getan haben.«
    »Ja... Aber ... Ich bin einfach ... Ich kann nicht mehr weitermachen. Ich muß es erklären. Sie müssen begreifen, wie es wirklich war.«
    Anna ging zurück und legte ihm die Hand auf die knochige Schulter. Sie versuchte, nicht vor seiner fiebrig heißen Haut zurückzuzucken. »Herr Weitz«, sagte sie leise. »Gott sieht, wie es wirklich ist.«
    Die blutgeränderten Augen öffneten sich weit.
    »Werden die Wojiks morgen da sein?« fragte Anna. »Am Nachmittag? Mit dem Funkgerät?«
    Weitz umklammerte ihre Hand mit seinen feuchten Fingern und drückte sie. »Sie werden da sein.«

34

    Jonas Stern beugte sich aus dem Fenster von Greta Müllers schwarzem Wagen und grüßte einen Wehrmachtsoldaten, als sie durch Dettmannsdorf fuhren.
    »Fordern Sie Ihr Glück nicht heraus«, fuhr McConnell ihn an. Er saß am Steuer.
    Stern lachte und zog den Kopf wieder ein. Er gab wirklich eine eindrucksvolle Figur in der SD-Uniform ab und schien sich prächtig zu amüsieren. Anna wollte die Polen allein treffen, indem sie am Ende der Schicht Unwohlsein vortäuschte. Aber als Stern gehört hatte, daß sie sich Greta Müllers Wagen ausleihen wollte, hatte er darauf bestanden, mitzukommen.
    »Ich glaube«, sagte er arrogant, »daß eine junge Frau, die von einem Sturmbannführer des SD begleitet wird, wesentlich sicherer ist als eine Frau, die allein hier herumkutschiert.«
    Anna war nicht sonderlich beeindruckt gewesen. Erst als er drohte, die Gefangenen doch nicht zu retten, hatte sie eingelenkt.
    Während Stern im Haus gewartet hatte, daß Anna von der Arbeit zurückkam, hatte McConnell sich entschieden, sie ebenfalls zu begleiten. Er sah keinen Sinn darin, im Haus zu

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