Schwarzer Tod
doch alle hätten mindestens ein Dutzend Männer und sekundengenaues Timing erfordert. Seine Ideen brachten McConnell einer Lösung nicht näher, aber sie nährten seinen Verdacht, daß Stern, aus was für einem Grund auch immer, plötzlich das innige Bedürfnis verspürte, das Leben der Gefangenen zu retten.
Es war Anna, die McConnell auf die richtige Spur brachte. Stern erzählte ihnen gerade etwas von seiner Guerilla-Bande, die gegen ein britisches Fort gekämpft hatte, als sie ihn unterbrach.
»Ach! Der E-Block!«
Stern hielt inne. »Was?«
»Der Experimentier-Block. Das ist die luftdichte Kammer an der Rückseite des Lagers, wo Brandt seine Gasexperimente durchführt.«
»Was ist damit?«
»Die SS scheut ihn wie eine Peststation. Ich dachte, wenn wir die Gefangenen dort hineinbringen könnten, vielleicht nacheinander, eine halbe Stunde vor dem Angriff? Wenn die Kanister dann detonieren, wären die Gefangenen sicher im E-Block, während die SS-Truppen draußen ersticken.«
Stern warf ihr einen erstaunten Blick zu. »Das ist brillant.«
»Eine Sekunde mal«, mischte sich McConnell ein. »Wie groß ist diese Kammer?«
Annas Lächeln verschwand. »Ich war noch nie drin, aber Sie haben recht ... Sie ist sehr klein. Von draußen sieht sie gar nicht so winzig aus, aber sie hat doppelte Wände. Ein Raum in einem Raum. Ich muß nachdenken. Ich habe die Zahlen in einem Testbericht gelesen. Ich glaube, neun Quadratmeter.«
»Das sind nicht mal 100 Quadratfuß«, sagte McConnell. »Wie hoch ist die Decke?«
»Gerade groß genug, damit ein großer Mann drin stehen kann. Vielleicht zwei Meter.«
»6,5 Fuß. Wie viele Gefangene gibt es im Lager?«
Anna schüttelte den Kopf. »Nach den heutigen Vergeltungsmaßnahmen ... 234.«
»Das ist unmöglich.«
»Sie haben recht«, sagte Stern. »Sie könnten nicht mal die Hälfte der Gefangenen dort hineinquetschen. Verdammt! Es muß doch eine Lösung geben!«
McConnell legte die gespreizten Hände auf den Tisch und verharrte so eine geschlagene Minute lang. In seinem Geist ging er jede Variante von Annas Idee durch. »Vielleicht gibt es auch eine«, verkündete er schließlich.
»Was?« Stern sprang auf. »Haben Sie eine Idee?«
»Anna hat recht, was den E-Block betrifft. Jedenfalls im Prinzip. Das entscheidende Problem ist, die SS dem Gas auszusetzen, während man die Gefangenen davor beschützt. Aber sie denkt in die falsche Richtung.«
»Was meinen Sie damit?« fragte Anna. »Wollen Sie die SS-Leute in den E-Block sperren und sie mit Gas töten, während die Gefangenen draußen in Sicherheit sind?«
»Rein theoretisch, ja.«
»Aber die SS geht niemals auch nur in die Nähe des E-Blocks! Außerdem sind es 150 Mann!«
McConnell konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Ich bin sicher, daß Sie recht haben. Aber ich bin auch sicher, daß der Architekt, der Totenhausen entworfen hat, gründlich genug war, einen Luftschutzbunker in seinem Plan zu berücksichtigen.«
Anna blickte ihm in die Augen, während sie die ganze Bedeutung seiner Worte ermaß. »Meine Güte, Sie haben recht! Es ist ein langer Tunnel, und er kann mehr als nur die SS-Leute im Lager aufnehmen.«
»Das ist es«, sagte Stern, dessen Stimme vor lauter Aufregung beinahe brach. »Wir schmuggeln zwei Kanister in den Luftschutzbunker, locken die SS hinein und dann ... Auf Wiedersehen ... Auftrag ausgeführt. Ich wette, daß das Gas in geschlossenen Räumen doppelt so wirksam ist.«
»Vermutlich sogar zehnmal«, sagte McConnell. »Außerdem spielt der Wind bei diesem Plan keine Rolle mehr.«
Stern schüttelte den Kopf. »Smith hatte recht, Doktor. Sie sind ein verdammtes Genie.«
McConnell verbeugte sich in gespielter Demut. »Wie viele Eingänge hat der Luftschutzbunker, Anna?«
»Zwei. Der Haupteingang liegt in einer SS-Baracke. Der andere ist im Keller des Krankenhauses. In der Leichenhalle.«
»Glauben Sie, daß Sie den Ausgang der Leichenhalle so blockieren können, daß niemand, der von den SS-Baracken aus hineingeht, dort wieder herauskommt?«
»Ich glaube schon.«
»Wenn das Gas in geschlossenen Räumen noch wirksamer ist«, dachte Stern laut nach, »dann sollte ein Kanister reichen. Aber wir werden zwei benutzen, um sicherzugehen. Wir müssen sie einfach nur vom Mast holen und ... «
»Was ist los?« fragte McConnell, als Stern plötzlich innehielt. »Kriegen wir sie nicht vom Mast herunter?«
»Doch, das schaffen wir. Aber das Problem ist, die Kanister ins Lager zu schaffen. Ich
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