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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Maschinenpistole in die Hände. »Halt die gut fest. Laß sie dir von niemandem wegnehmen! Bleib hier drin, bis keine Luft mehr zum Atmen da ist. Dann schieß ein Fenster heraus, kriech nach draußen, und mach die Luke auf. Das ist der einzige Weg hinaus! Hast du das verstanden?«
    »Ich glaube schon.«
    Die Stimme klang verängstigt, aber entschlossen. Stern drückte den Arm des Jungen, ging zurück, packte die schwere Stahltür und schloß sie. Als er das große Rad drehte, um sie zu verschließen, hatte er das Gefühl, daß er die Leute in ein Grab einsperrte und nicht in ein Rettungsboot.
    Nur die Zeit würde erweisen, was von beidem es war.
    Als er die Treppe zum E-Block mit Hannah im Arm wieder hochkam, sah er eine Gruppe von Männern die Gasse von der Fabrikseite her betreten. Sie trugen gestreifte Gefängniskleidung, keine SS-Uniformen. Panik ergriff ihn. Selbst wenn er noch die Maschinenpistole hätte, könnte er sie nicht lange vom E-Block fernhalten. Da begannen einige Männer die Arme hochzuwerfen wie Puppen, die von einem Verrückten bedient wurden.
    Zwei fielen auf die Knie und erbrachen sich in den Schnee. »Gott vergib mir«, murmelte Jonas. Er rannte die Gasse entlang und die Krankenhaustreppe hinauf, ohne zurückzublicken.
    McConnell klammerte sich verzweifelt an die Stützstange, während der Rollmechanismus über die zerstörten Isolatoren des siebten Mastes hüpfte und weiter das Kabel entlangraste. Er hatte schon dreiviertel des Weges den Hügel hinunter zurückgelegt und immer noch keine Ahnung, wie er lebend von dem Kanister herunterkommen sollte. Die Fallschirmleuchtkugeln schwebten wie leuchtende Sterne durch die Dunkelheit und erhellten die Landschaft bis zum Fluß mit einem hypnotischen Licht.
    Was bedeuteten sie? Hatte jemand ein Notsignal ausgelöst?
    Wenn ja, dann war das eine höllische Schau. Er riß seine Augen von den Leuchtkugeln los und zwang sich, nachzudenken. Er bewegte sich zu schnell, um einen Querbalken zu fassen zu bekommen, und er war zu hoch, um sich in den Schnee fallen lassen zu können und zu überleben. Er bemerkte erst, daß er das Mittel, mit dem er sich das Leben retten konnte, bei sich hatte, als er den Kanister vor sich sah. Das Bild, wie er das Kabel entlangrutschte, erinnerte ihn an etwas ... Der Todesritt in Achnacarry, als ihm und Stern befohlen worden war, von einem Baum herunterzuspringen und an einem gespannten Draht über den Arkaig zu rutschen. Dabei durften sie nur ihre Knebelseile benutzen ...
    Knebelseile ...
    Anna überkam ein Gefühl von Frieden, als sie sah, wie die Lichter von Totenhausen erloschen. Die Turmschützen feuerten auf ihren Wagen, als sie bemerkten, daß sie nicht anhielt; aber sie reagierten zu spät. Anna fegte mit 90 km/h durch das Tor und über den Exerzierplatz. Die Kugeln zerfetzten die Hinterreifen des Wagens, aber sie fuhr weiter.
    Ein einzelner SS-Mann, der von ihren Scheinwerfern erfaßt wurde, feuerte auf sie.
    Sie überfuhr ihn einfach.
    Sie schwenkte um die Kommandantur herum und hielt auf die Gefangenenbaracken zu. Hatten die jüdischen Frauen und Kinder den E-Block erreicht? Hatte Stern die Frauen überhaupt vor dem Angriff warnen können? Und was war mit den christlichen Kindern? Sie konnten nirgendwohin. Vielleicht gelang es ihr ja, sie irgendwo in Sicherheit zu bringen.
    Anna schnappte nach Luft und bremste, als ihre Scheinwerfer den Barackenbereich erhellten. Ein wahnsinniger Mob aus geisterhaften Gestalten rannte herum; wie Irre, die aus einer Anstalt geflohen waren. Einige klammerten sich an die Drahtzäune; andere wanden sich, von Krämpfen geschüttelt, im Schnee. Anna sah auch Kinder zwischen ihnen. Unbewußt berührte sie ihren Luftschlauch, um sicherzugehen, daß er auch wirklich an ihrer Maske befestigt war.
    Als der VW langsamer wurde, bemerkte eine Gruppe von Männern den Wagen und stürmte mit selbstmörderischer Rücksichtslosigkeit darauf zu. Anna riß das Steuer nach rechts und gab Vollgas. Wenn sie jetzt ausstieg, konnte sie genausogut ins Meer springen, um 100 Ertrinkende zu retten. Sie würde einfacher zum E-Block kommen, wenn sie durch den Krankenhausflur ging.
    Neben der Krankenshaustreppe kam sie rutschend zum Stehen. Auch hier lagen Leichen. Ihr Gasanzug besaß keine Taschen, also ließ sie den Schlüssel stecken. Mit zerfetzten Reifen war der Wagen ohnehin nutzlos. Sie lud ihre Pistole, wuchtete dann den schweren Sauerstoffbehälter auf ihren Rücken und ging die Treppe zum Krankenhaus

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